Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
die Wagenwand genagelt, und immer wieder Thella, wie sie auf jenem Felsblock stand und all die Greuel dirigierte - und wie sie das Messer schleuderte und Borgalds Lieblingsochsen die Beinsehnen durchtrennte.
Um diesen Träumen zu entkommen, wanderte er Stunde um Stunde im Kreis herum, blickte hinauf zu den klaren, hellen Sternen über dem Meer und malte sich aus, wie er Thella an einem Seil in ein tiefes Loch mit glatten Wänden hinabließ, wie sie erst schrie und schließlich um Gnade bettelte.
In der Burg von Keroon schlug ihm ein mit Crenden befreundeter Händler vor, einem gewissen Stallmeister Uvor behilflich zu sein. Der Mann war mit vier ungebärdigen Stuten übers Meer gekommen, die er zu den Hengsten im Gestüt von Keroon bringen wollte, nachdem sie sich von der Reise erholt hatten. »Ich glaube freilich eher, daß sich erst sein eigener Magen von der Seekrankheit erholen muß«, bemerkte der Händler naserümpfend. »Wie auch immer, sein Lehrling hat sich ein Bein gebrochen, deshalb ist er ganz auf sich gestellt.
Du kannst doch mit den Tierchen umgehen, junger Jayge, und ihr habt den gleichen Weg. Außerdem kann man ein paar zusätzliche Marken immer gut gebrauchen. Wenn du heute abend herkommst, triffst du ihn vermutlich an.«
Jayge brachte seinen Kesso in einem bequemen Stall unter, wo er bis zum Maul im Getreide stand, und erkundete anschließend die Burg Keroon. Er war noch nie so weit im Süden gewesen, auf dem Burggelände herrschte reger Betrieb, und es gab viel Neues zu sehen, unter anderem die Hafenanlagen zur Verschiffung von Gütern nach Ista und in den Westen. Jayge schlenderte zum Hafen hinunter, setzte sich über Mittag in eine Schifferkneipe, hörte den Seeleuten und den anderen Gästen zu und lauerte darauf, daß Thellas Name fiel. Von sich aus fragte er nicht nach ihr, aber er erkundigte sich vorsichtig nach einem ehemaligen Drachenreiter oder zeigte die Skizze von Readis vor.
Immer wieder lenkte er das Gespräch auch auf den Benden-Weyr und auf die Drachenreiter. Sein höfliches Interesse fand Anklang bei Pächtern und Gildenangehörigen, die ihrem Weyr treu ergeben waren. Er erfuhr, daß eine Gegenüberstellung stattgefunden habe, aber die Glückliche, die Beljeth, die kleine Königin, für sich gewann, hieß Adrea und kam vom Graufels-Hof in Nerat. Angeblich war Adrea ein reizvolles, dabei sehr wohlerzogenes Mädchen, und die Nerater hätten sich vor Stolz kaum zu fassen gewußt.
Uvor wartete bereits, als Jayge zu dem Händler zurückkehrte, er war ein hagerer sympathischer Mann, der die Stuten und auch sein eigenes kräftiges Reittier wie seine eigenen Kinder behandelte. Auf dem langen Weg zum Gestüt unterhielt er Jayge damit, daß er den Stammbaum jedes Tiers über Generationen zurückverfolgte, seine Frau oder seine Söhne nannte er dagegen kein einziges Mal beim Namen. Außerdem gab er dem Jungen Hinweise für das Überleben im Ödland und zeigte ihm, daß neben den allgegenwärtigen Schlangen auch bestimmte Insekten und subtropische Pflanzen den Speiseplan bereichern konnten.
Im Gestüt hörte Jayge zum ersten Mal von dem ungewöhnlichen Güteraustausch mit dem Südkontinent.
Lasttiere und Renner, jeweils vier hochwertige Zuchtpaare, standen bereit, um nach Abflauen der Winterstürme an Toric in die Burg des Südens geliefert zu werden.
Ein gewisser Meister Rampesi sollte sie mit einem Schiff abholen, das unter Deck Unterbringungsmöglichkeiten für derart wertvolle Tiere besaß. Jayge hatte dazu viele Fragen an die Gesellen, denn er war bisher der Ansicht gewesen, die Weyrführer von Benden hätten jeglichen Handel zwischen Nord und Süd untersagt, solange noch die Alten mit ihren Drachen im Süd-Weyr hausten.
»Es gibt Gründe, weißt du, neue Gründe, den Handel mit dem Süden wiederaufzunehmen. Es gibt Gründe«, versicherte, ihm ein älterer Geselle und sah ihn an, als könne er dazu noch vieles sagen, müsse sich aber zurückhalten. »Einige meinen, es hätte damit zu tun, daß bei uns die Förderung zurückgeht, während im Süden das Erz in Massen auf dem Boden herumliegt. Andere behaupten, die Burgherren hätten die Weyrführer unter Druck gesetzt, um Land für ihre jüngeren Söhne zu erhalten. Zwei Söhne des Barons von Fort sind schon unterwegs, und nachdem man diese Räuberbande jetzt in ein tiefes Loch gestoßen hat, werden ihnen vielleicht auch ein paar von Cormans Sprößlingen folgen.«
Jayge schnaubte. »Und was ist mit den Heimatlosen in den Höhlen
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