Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
einen dieser innigen Blicke, die Iantine immer wieder ans Herz rührten.
»Sei gegrüßt, Morath«, entgegnete Meister Jol und verbeugte sich formvollendet vor dem Jungdrachen, dessen Augen rascher zu kreiseln begannen.
Debera tätschelte Morath wie zur Beruhigung. »Meister Jol ist der Cousin meiner Mutter«, erklärte sie.
»Ich bin stolz, eine Drachenreiterin in der Familie zu haben«, versicherte Jol. »Du kommst ganz auf deine Mutter heraus, Debera.«
Das Mädchen blickte traurig drein, und Iantine verspürte Mitleid.
»Ich wollte dir das Herz nicht schwer machen, Mädel«, fuhr Jol in tröstendem Ton fort. »Aber deine Mutter wäre überglücklich, wenn sie von deinem günstigen Schicksal wüsste. Schade, dass sie dich nicht zusammen mit deinem Drachen sehen kann.« Er räusperte sich, und Iantine spürte, dass er dem Mädchen etwas Nettes sagen wollte.
»Vor allen Dingen stehe ich endlich nicht mehr unter der Fuchtel meines Vaters«, ergänzte Debera. »Hat man Ihnen auch erzählt, was sich bei meiner Ankunft im Weyr abgespielt hat?«
»In der Tat, man hat mich unterrichtet.« Meister Jol schmunzelte, und in seinen Augen glomm ein Fünkchen Schadenfreude. »Offen gestanden, habe ich mich gefreut, als ich diese Geschichte hörte. Kann ich etwas für dich tun, Mädel? Brauchst du vielleicht Kleidung, oder ein Paar feste, gefütterte Stiefel? Wie ich deinen Vater kenne, bist du nur mit dem hier angekommen, was du auf dem Leib trugst.«
Die Unverblümtheit, mit der Meister Jol sprach, verunsicherte Debera, doch wie um ihr Halt zu geben, schmiegte sich Morath an sie.
»Der Weyr hat mich mit allem Notwendigen ausgestattet, Meister Jol«, entgegnete sie würdevoll.
»Meister Jol? Sind wir denn nicht miteinander verwandt, junge Dame?«, zog Jol sie mit gespieltem Ernst auf.
Nun kehrte ihr Lächeln zurück. »Wenn du der Cousin meiner Mutter warst, bist du auch mein Vetter, Jol. Aber ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
»Worum geht es?«
Debera entrollte das Blatt mit der Skizze und zeigte es dem Händler. »Iantine hat dieses Bild von mir gemalt, und er hat auch eine Zeichnung von dir gemacht …« Auf dieses Stichwort hin öffnete Iantine seinen Block und zeigte die Montage. »Jetzt hat Iantine seinen gesamten Papiervorrat verbraucht und kein Geld, um sich neues Zeichenmaterial zu kaufen.«
Meister Jol griff nach dem Block; sofort verriet seine Miene das prüfende Interesse eines Händlers. Doch schon nach dem ersten flüchtigen Blick auf das Bild wandte er sich wieder dem Künstler zu.
»Sie sind Iantine?« Als Iantine zustimmend nickte, umspielte ein verschmitztes Lächeln seinen fein geschwungenen Mund. »Ich habe schon von Ihnen gehört. Sie sind doch der Bursche, der es geschafft hat, sich erfolgreich gegen Chalkin zu wehren.« Jol bot ihm seine freie Hand dar. »Das haben Sie gut gemacht. Ein schönes Abenteuer haben Sie da in Bitra erlebt.« Anerkennend zwinkerte er ihm zu. »Händlern wie uns trägt man allerhand Neuigkeiten zu. Und wir lernen rasch, die Wahrheit von wilden Gerüchten zu unterscheiden«
Danach widmete er sich abermals der Skizze und unterzog sie einer kritischen Musterung. Während er jedes einzelne Detail eingehend betrachtete, nickte er beifällig. Amüsiert zog er die Nase hoch, als er sich selbst erkannte, mit dem Schreibstift hinter dem Ohr.
»Ich finde, ich bin gut getroffen«, lobte er. »Nicht mal der Stift fehlt.« Er fasste sich hinters Ohr, um sich davon zu überzeugen, dass sein Schreibutensil noch an Ort und Stelle saß. »Darf ich?«, fragte er höflich und bekundete den Wunsch, sich auch noch die anderen Blätter ansehen zu dürfen.
»Aber sicher.« Iantine deutete eine höfliche Verbeugung an. Zu seinem nicht geringen Verdruss merkte er, wie er plötzlich taumelte.
»Moment mal, junger Mann. Mir scheint, Sie haben sich von den Strapazen Ihrer Flucht aus Bitra noch nicht ganz erholt«, meinte Jol und stützte ihn. »Wir wollen uns hinsetzen, damit ich mir sämtliche Bilder gründlich ansehen kann.«
Iantines Proteste ignorierend, führte Jol ihn an den Tisch, an dem er gerade noch gesessen hatte und drückte ihn auf einen Schemel. Debera und Morath folgten ihnen, wobei das Mädchen sich über die Fürsorglichkeit ihres Cousins zu freuen schien.
Jol studierte die Zeichnungen fast so intensiv, wie Meister Domaize es getan hätte. Er gab Kommentare ab über Leute, die er kannte, lächelte und nickte immer wieder anerkennend. Er merkte es auch, wenn
Weitere Kostenlose Bücher