Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
nicht mit jedem. »Ich wusste gar nicht, dass ich beobachtet wurde.«
Gennell schmunzelte. »Ich behielt dich im Auge, seit deine Mutter mir erzählte, du würdest auf der Flöte Variationen über ein musikalisches Thema spielen.«
»Ich habe dir viel zu verdanken, Meister Gennell«, erwiderte Robinton schlicht.
Gennell winkte ab. »Übe dein neues Amt nach bestem Wissen und Gewissen aus, dann fühle ich mich reichlich belohnt. Lass es nicht zu, dass ein Tyrann wie Fax weiterhin die Harfner schikaniert.«
Darauf schwor Robinton einen feierlichen Eid.
»Hast du heute morgen die Trommelbotschaft gehört?« wechselte Gennell abrupt das Thema.
»Ja.« Robinton lächelte. »In Burg Ruatha kam ein Kind zur Welt. Ein Mädchen, klein aber gesund.«
***
Zwei Tage später wurden Robinton und Gennell gebeten, so rasch wie möglich in die Burg zu kommen. Lord Grogellan verweigerte einen chirurgischen Eingriff, der von der Meisterheilerin Ginia, ihrem tüchtigen Assistenten Oldive und dem Heiler von Burg Fort für unabdingbar gehalten wurde.
»Vielleicht kannst du ihn zur Einsicht bringen, Gennell.« Ginias Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Oldive und ich haben diese Operation schon so oft durchgeführt – sie dauert nur wenige Minuten. Wenn wir den entzündeten Blinddarm nicht entfernen, stirbt Grogellan.«
»Ihr könnt ihn doch nicht aufschneiden!« protestierte Lady Winalla weinend. »Da lasse ich nicht zu. Es ist barbarisch.«
Ginia schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Es ist so einfach wie das Entfernen entzündeter Mandeln. Du hattest nichts dagegen, dass ich sie bei deinen Kindern wegoperierte.«
»Ich will nicht, dass der Körper meines Mannes verstümmelt wird …« Lady Winalla schüttelte sich bei der bloßen Vorstellung. Störrisch fuhr sie fort: »Einem Menschen kann man nicht mit einem Messer den Bauch aufschlitzen wie einem Tier.«
»Mutter, wenn es eine Frage des Überlebens ist …« wandte Groghe in sachlichem Ton ein. »In Tillek sah ich einmal, wie es gemacht wird. Stimmt's, Rob?«
Robinton nickte. »Clostan operierte einen Seemann, der mit schrecklichen Bauchschmerzen zu ihm kam. Eine Woche später verrichtete er wieder Dienst auf seinem Schiff.«
Lady Winalla schüttelte unentwegt den Kopf und kniff die Lippen zusammen.
»Wir werden es nicht erlauben«, beharrte sie und drückte sich ein Taschentuch vor den Mund, als sie die Tür zum Krankenzimmer öffnete. Man hörte Grogellan stöhnen. »Ach, er muss fürchterliche Schmerzen leiden. Ginia, gib ihm bitte mehr Fellis-Saft. Wie kannst du ihn so quälen?«
»Er würde von seinen Schmerzen erlöst, wenn ich ihn operieren dürfte …«
»Nein, niemals! Wie kannst du so etwas vorschlagen?«
»Als er eine Schnittverletzung hatte, durfte ich die Wunde doch auch nähen. Im Grunde ist es dasselbe«, wagte Ginia einen neuerlichen Vorstoß.
»Keineswegs. Die andere Wunde war auf natürlichem Wege entstanden«, widersprach Lady Winalla. »Hör doch, wie er jammert. Du kannst ihm doch mehr Fellis geben!«
»Gewiss kann ich das«, zischte Ginia. »Ich kann ihm so viel Fellis geben, dass er einschläft und nie wieder aufwacht.«
»Sag doch so etwas nicht, Ginia. So etwas darf man gar nicht aussprechen.«
»Es ist meine Pflicht, offen und ehrlich zu sein, Winalla. Wenn ich nicht operiere …«
Winalla hielt sich die Ohren zu, stieß einen trotzigen Schrei aus und eilte an das Bett ihres Mannes, der sich vor Schmerzen krümmte.
Er starb noch am selben Tag, unter entsetzlichen Qualen, die nicht einmal massive Gaben von Fellis oder Umschläge mit Taubkraut lindern konnten.
»Kein Aufschneiden, keine Verstümmelung, dafür der Tod«, murmelte Ginia, als sie ermattet den Ort der Tragödie verließ. »Früher waren die Menschen aufgeklärter …« Sie schüttelte den Kopf und stützte sich auf Oldive.
***
Die Versammlung in Telgar wurde abgesagt. Stattdessen kamen die Burgherren nach Fort, um Groghe als Erben zu bestätigen. Fax glänzte durch Abwesenheit.
»Er war auch nicht eingeladen«, bemerkte Gennell grimmig, »weil er das vorgeschriebene Protokoll missachtete, als er Lord Faroguys Nachfolge antrat.«
»Das schert ihn wenig«, behauptete Robinton. »Er verfolgt nur seine eigenen Interessen, die Rechte anderer tritt er mit Füßen.«
Es dauerte nicht lange, und Lady Relna von Crom und ihre beiden jüngsten Kinder baten bei Lord Ashmichel und Lady Adessa in Ruatha um Asyl. Weder ihr Gemahl noch die beiden ältesten Söhne hatten Fax'
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