Die Drachenreiter von Pern 15 - Drachenklänge
klopfte ihm dann den Staub von der Kleidung. »Lass dich bloß nicht von mir erwischen, dass du dein Wort brichst.«
»Ich gab dir mein Versprechen!« beharrte Falloner in griesgrämigem Ton. »Was ist eigentlich über dich gekommen?«
»Ich kann es nicht hören, wenn die Wachwhere vor Schmerz schreien.« Robinton schüttelte sich. »Es geht mir durch und durch. Ich krieg eine Gänsehaut, wie wenn Kreide auf einer Schiefertafel quietscht.«
»Tatsächlich?« Nun erschauerte auch Falloner. »Mir macht das nichts aus, aber …« Schützend hob er die Arme vors Gesicht, als Robinton abermals die Fäuste ballte. »Ich halte mein Wort.« Trotzdem schüttelte er den Kopf. Robintons Verhalten blieb ihm unverständlich.
***
In der Burg gab es natürlich noch andere Lehrer, die den Schülern Lesen, Schreiben und Rechnen beibrachten, kurzum sie mit dem Grundwissen vertraut machten, das sich jedes Kind bis zum zwölften Lebensjahr aneignen musste. Danach traten die Schüler eine Lehre an. Das hieß, sie ließen sich in einer Gildehalle in den Berufen ausbilden, die ihnen zusagten, oder sie arbeiteten im Betrieb der eigenen Familie. In einer so großen Festung wie Benden gab es genügend Schüler, um sie in Altersstufen und Leistungskursen aufzuteilen, doch für alle war täglich eine Stunde Musikunterricht bei Merelan Pflicht.
Ohne jemanden auf dieses Arrangement aufmerksam zu machen, überließ die Meistersängerin einen Teil des Unterrichts ihrem Sohn. Er kümmerte sich um die jüngsten Schüler und brachte ihnen die Tonleitern und das Notenlesen bei. Robinton war sämtlichen anderen Studenten weit voraus, auch Hayon und Falloner.
Nur zu gern übernahm Robinton diese Aufgaben. Er freute sich, wenn die Kinder unter seiner Anleitung rasch lernten, und er wusste genau, wie er mit ihnen umgehen sollte. Er selbst wurde von seiner Mutter privat in ihrem Quartier unterwiesen, wobei er das Tempo und Lernpensum bestimmte. Merelan ermutigte Rob, ein Instrument zu benutzen, wenn er komponierte.
Denn er komponierte nach wie vor, er konnte gar nicht anders. Melodien entstanden in seinem Kopf und ließen ihm keine Ruhe, bis er sie niederschrieb. Am meisten inspirierten ihn am Himmel vorbeiziehende Drachen. Und da er es gewöhnt war, mit niemandem über seine Kompositionen zu sprechen, wusste nicht einmal Falloner, dass die Lieder, die Merelan ihnen beibrachte, von Robinton stammten.
»Wir sind hier nicht in der Harfnerhalle, Robie«, hatte sie ihm behutsam erklärt, ehe sie sein erstes Werk im Unterricht einführte. »Daheim kennt dich jeder. Hier in Benden möchte ich dich aber nicht irgendwelchen Schikanen aussetzen. Verstehst du, was ich meine?«
Robinton dachte einen Moment lang nach. »Ja. Maizella würde sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, etwas zu singen, was ich geschrieben habe.« Er grinste verschmitzt. »Aber eines Tages könnten wir es ihr doch sagen, Mutter, was denkst du?«
Sie zerstrubbelte sein Haar. »Ganz bestimmt, mein Junge. Wenn die Situation optimal ist.«
»Optimal heißt günstig, nicht?«
Sie schmunzelte. »Richtig.«
»Harfner benutzen häufig diesen Ausdruck.«
»Ein Harfner muss mehr können als Lieder vortragen und sich dabei auf einem Instrument begleiten.«
»Er muss eine ganze Menge wissen und dieses Wissen an andere weitergeben«, ergänzte er.
Nachdenklich blickte sie ihn an. »Ich glaube, Robie, aus dir wird einmal ein erstklassiger Harfner.«
»Mit weniger gebe ich mich gar nicht zufrieden«, stellte er nüchtern fest.
Sie drückte ihn kurz an sich und verlangte dann seine schriftlichen Aufgaben zu sehen, die sich mit der Lehre des Kontrapunktes befassten.
***
Ein paar Abende später bat Merelan Maizella, nach dem Dinner ein neues Lied zu singen. Anfangs fuhren ein paar Leute fort, sich zu unterhalten, doch nach und nach trat eine respektvolle Stille ein, als man Maizellas stimmliche Fortschritte bemerkte.
Als der Applaus aufbrandete, setzte sich Maizella mit vor Freude geröteten Wangen wieder hin. Als Nächstes sang sie ein Duett mit Robinton.
Mittlerweile hatte Merelan eine Menge weiterer schöner Stimmen in Benden entdeckt, und viele Lieder wurden vierstimmig vorgetragen. Außerdem hatte sie den Chor um etliche Mitglieder vergrößert.
Ungefähr sechs Siebenspannen nach ihrer Ankunft in Benden erzählte Falloner Robinton, dass die Weyrführer zu Besuch kämen und ein paar Geschwaderführer und deren Gemahlinnen mitbrächten.
»Kommen sie oft hierher?« erkundigte
Weitere Kostenlose Bücher