Die Drachenschwestern
müssen
wir uns beeilen. Kannst du hier wieder übernehmen?“ Sie überreichte Miri den
Bambusstab und begann mit geübten Handbewegungen erst die Kräuter in das Wachs
zu streuen und mit einem Holzspan darunterzuziehen, bis sie am Ende von jedem
Öl ein paar Tropfen hinzufügte. „So, jetzt dauert es noch ungefähr fünf
Minuten, dann können wir die Dochte abschneiden.
Miri warf einen
Blick auf ihre Uhr. „Was, schon so spät. Ich muss dann auch gleich gehen. Wir
treffen uns noch auf einen Drink, ein paar Kollegen und ich.“
„Nette Leute?“
Miri antwortete nicht darauf, sondern beugte sich vor, um an ihrer
eigenen Kerze zu schnuppern. „Toll, einfach toll. Und was ist da jetzt drin?“
„Rosenblätter und
Orangenblütenöl.“
„Aha. Seltsam, ich hätte mich gar nicht so als Blumenmädchen gesehen.“
Es war Miri anzumerken, dass sie den Duft zwar umwerfend fand, jetzt aber, da
sie wusste, was da so gut duftete, sich nicht sicher war, ob sie das gut finden
sollte.
„Jetzt mach nicht so ein Gesicht“, zog Kaja sie auf. „Es ist ja nur
eine Kerze. Keine Persönlichkeitsanalyse.“
„Das hat aber bei den zwei anderen Kerzen etwas anders geklungen“, maulte
Miri. „Ich gebe ja zu, ich mag den Duft. Besser gesagt, ich finde ihn
sensationell. Aber ich bin mir nicht sicher, was das über mich aussagt.“
„Mach dir nicht so viele Gedanken. Wie gesagt, es ist mir einfach so
eingefallen. Und wie du weißt, bin ich nicht so ein intuitives Wesen wie du.“
Miri schaute bei Kajas Erklärung ungläubig zu Lance hinüber. Der tat
jedoch so, als bekäme er von all dem nichts mit und gab vor, seine Krallen zu
inspizieren. Gut, dann eben nicht. Ignorieren konnte sie auch gut. Vor allem
offensichtlich nicht anwesende Drachen. „So, tut mir leid, aber ich muss jetzt
los, sonst finde ich die anderen nie mehr.“
Kaja, ein wenig überrumpelt von diesem plötzlichen Aufbruch, hakte
nochmals nach: „Also, dann bleibt‘s dabei, Samstagmorgen um 10 Uhr?“
„Ja, ich freu mich, bis dann.“ Miri schnappte sich ihre Handtasche,
schlüpfte in ihre Jacke, tätschelte dem schlafenden Zorro den Bauch und drückte
Kaja zum Abschied kurz. Und weg war sie.
„Besonders gut erzogen hat ihr Drache sie ja nicht“, ließ sich der
Drache vernehmen, kaum war Miri aus der Tür.
„Was?“ Irritiert
blickte Kaja Lance an.
„Typisch. Du hast
wieder einmal überhaupt nichts mitgekriegt.“
„Was nicht
mitgekriegt?“
„Na, dass sie
gegangen ist, ohne sich von mir zu verabschieden. Ts ts!“
„Jetzt krieg dich ein, du hast dich ja so unauffällig verhalten, dass
selbst ich dich beinahe vergessen hätte. Und es ist ja nicht so, dass ich ein großartiges
Abschiedszeremoniell gekriegt hätte.“
„Dass dir das überhaupt aufgefallen ist, ich dachte, du wärst die
ganze Zeit mit Fellpflege beschäftigt gewesen.“
„Also ich muss doch schon bitten! Drachen haben Schuppen, kein Fell.
Und überhaupt, wir Drachen sind multitaskingfähig.“
Kaja prustete los. „Ja klar. Das behaupten alle Männer. Hat nicht ganz
danach ausgesehen, als sie vorhin deine Unterstützung gesucht hat.“
Als sie Lance‘ überraschten Gesichtsausdruck sah, schmunzelte sie.
„Das hättest du nicht gedacht, dass ich das mitgekriegt habe. Das nennt man
eben die hohe Kunst der Multitaskingfähigkeit! Aber so sehr ich unser Geplänkel
auch genieße, könntest du mir nicht hier kurz helfen aufzuräumen?“
„Äh, mir fällt da
gerade ein, ich habe auch noch einen Termin…“
„Nichts da, hiergeblieben!“ Aber zu spät. Kaja sprach nur noch zu sich
selbst. „Termin. Wer’s glaubt! Vermutlich mit meinem Kopfkissen“, schnaubte sie
und machte sich ans Aufräumen.
„Du kannst wieder aus deinem Loch hervorkommen“, rief Kaja ins leere
Wohnzimmer hinein, wo sie es sich auf dem Sofa mit ihren süssen Teilchen, die
bis jetzt unbeachtet auf dem Küchentresen gestanden hatten, gemütlich gemacht
hatte. Sie streckte sich und stellte fest, dass sie sich seit langem wieder
einmal richtig entspannt und zufrieden fühlte. Muss wohl an Miris Besuch
liegen, beschloss sie.
„Drachen wohnen manchmal in Höhlen, meistens in Burgen oder Schlössern
aber sicher nie in Löchern“, klärte Lance sie beleidigt auf, als er sich neben
ihr auf der Couch materialisierte.
„Ja, ja, wie auch immer“, antwortete sie friedfertig. Heute Abend
hatte sie keine Lust, sich ihre friedliche Stimmung von ihrem Drachen verderben
zu lassen, auch wenn sie das
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