Die Drachenschwestern
konnten sie nicht besprechen.
„Das ist meine Sattelkammer. Es ist zwar nicht sehr warm hier drin,
dafür sind wir ungestört.“ Sie machte sich gleich daran, einen Wasserkocher zu
füllen und stellte drei angeschlagene Tassen und eine Auswahl an verschiedenen
Kräutertees auf den Tisch.
„Hättest du vielleicht etwas Hochprozentiges?“, wollte Lance wissen.
Er hatte seine normale Grösse angenommen und schaute sie mit seinem
harmlosesten Blick an.
Sierra hatte allerdings noch keine Gelegenheit gehabt, ihn so genau zu
beobachten und konnte das offensichtlich nicht würdigen. „Herr im Himmel, du
bist ja groß. Und du sprichst auch! Ich fasse es nicht.“ Sie war sich plötzlich
nicht mehr so sicher, auf was sie sich da eigentlich eingelassen hatte. Ihre
Sattelkammer schien mit jeder Minute mehr zu schrumpfen. Überwältigt ließ sie
sich auf einen der Stühle fallen.
„Ich habe dir doch gesagt, ich würde mit dem Drachen sprechen“, meinte
Kaja, etwas verwirrt über Sierras heftige Reaktion. Allerdings war die erste
Reaktion im Wald etwas zu ruhig gewesen, überlegte sie.
„Schon“, antwortete sie unwirsch. „Ich spreche auch mit meinen
Pferden. Trotzdem antworten sie mir nicht. Auf jeden Fall nicht mit einer
Stimme in meinem Kopf.“ Sie schüttelte besagten Körperteil und flüchtete sich
dann in ihre Gastgeberroutine. „Tee? Und nein, bevor du nochmal fragst, ich
habe leider tatsächlich nur Tee“, gab sie Lance Bescheid, nicht ohne noch
einmal ungläubig den Kopf zu schütteln. „Ich glaube es nicht, jetzt diskutiere
ich schon mit dem Vieh“, murmelte sie zu sich selbst.
„He, das habe ich
gehört.“
Jetzt grinste sie doch. „Empfindlich auch noch – Männer halt. Falls du
überhaupt männlich bist.“
Lance plusterte
sich im Brustbereich ein wenig auf.
„Okay, definitiv
männlich.“
Die anderen beiden
lachten.
„Was ist denn so
lustig?“
„Na, du. Einerseits bist du völlig geschockt und dann streitest du
gleich mit ihm. Was zugegebenermaßen bei Lance ziemlich einfach ist.“
„Ein wenig reizbar,
der Bursche, wie?“
„Genau.“
„He, ich kann auch
gehen, wenn das jetzt nicht aufhört“, entrüstete sich dieser.
„Nein, bleib bloß da. Sonst müssen wir nur hinterher alles nochmals
erzählen. Darf ich vorstellen, das ist Lance, mein Drache“, stellte Kaja ihren
Begleiter vor. „Lance, das ist Sierra, allem Anschein nach die dritte im
Bunde.“
„Jetzt komme ich mir dann gleich vor wie bei der Gründung der
Eidgenossenschaft“, witzelte Sierra, streckte aber dann zögerlich die Hand aus
und schüttelte Lance die Pranke. Die beiden anderen warfen sich einen Blick zu.
Schließlich fasst
sich Kaja ein Herz. „Bist du bereit für eine fantastische Märchenstunde?“
Sierra lehnte sich zurück. „Na, viel fantastischer kann es ja kaum
werden. Der Drache sitzt ja schon da.“
„Warte ab.“
„Also, ich weiß gar
nicht genau, wo ich beginnen soll.“
„Vielleicht fang ich besser an? Schließlich musstest du es mir schon
erklären“ übernahm Miri das Erzählen.
„Dir musste ich ja praktisch nichts erklären. Du kanntest dich ja
schon aus mit Drachen. Aber klar, gern kannst du alle Zusammenhänge erklären.“
Also fasste Miri in knappen Sätzen zusammen, wie sie einander
kennengelernt und was sie bisher miteinander erlebt hatten. So knapp es eben
ging. Es dauerte fast eine Stunde, bis sie mit der Geschichte fertig war,
obwohl Sierra sich sehr zurück hielt und praktisch keine Zwischenfragen
stellte.
Erst am Schluss wollte sie etwas verständnislos wissen: „Und was hat
das jetzt alles mit mir zu tun? Versteht mich nicht falsch, ich finde eure
Geschichte spannend und ich freue mich, dass ich euch kennengelernt habe.“ Was,
wie sie erstaunt feststellte, der Wahrheit entsprach. Normalerweise war sie ein
eher reservierter Mensch, der sich in der Gegenwart von fremden Menschen nicht
sehr wohl fühlte. „Nur… ich habe definitiv keinen Drachen in meiner Nähe. Auf
jeden Fall keinen der interessanten Art.“
In dem Moment hörten sie Markus, der über den Hof rief: „Sierra, du
musst noch die Einladungen fertig machen.“
Genervt verdrehte sie die Augen. Die beiden anderen warfen sich einen
bedeutungsvollen Blick zu. „Komme gleich!“ Sie nahm den Faden wieder auf: „Wie
gesagt, keine Zauberdrachen in meinem Leben, dafür habe ich sonst genug am
Hals.“
„Das verstehen wir ja“, beeilte sich Miri zu sagen. „Wir gehen auch
gleich wieder. Was es mit
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