Die Drachenschwestern
Während
des Essens besprachen sie den bevorstehenden Umzug und die Renovierungspläne,
die Kaja mit dem Haus hatte. „Als erstes werde ich mich wohl auf die Suche nach
einer schönen Küche machen. Oder besser gesagt, ich mache mal IKEA unsicher und
stell mir was zusammen.“
„Dann wird es
nicht so teuer“, stimmte Miri ihr zu.
„Ja, hoffentlich.
Streichen möchte ich auch noch. Hilfst du mir, die Farben auszusuchen?“
„Gerne“, antwortete sie erfreut. „Sierra hat mir noch gesagt, wenn du
irgendwelche Schreinerarbeiten hast, die gemacht werden sollen, könntest du dich
an ihren Bruder wenden. Der kommt anscheinend nächste Woche von seiner
Weltreise zurück und hat noch keinen neuen Job. Sprich, er hat Zeit und würde dir
einen guten Preis machen.“
Kaja griff nach der Salatschüssel und pickte mit der Gabel die Reste
heraus. „Klingt gut. Alles, was ich nicht aufwendig organisieren muss, ist
super. Schließlich will ich während dieser ganzen Umbaugeschichte schon mit dem
ganzen Duft-und Kerzenzeugs anfangen.“
„Zeugs“, zog Miri
sie auf. „Hast du noch keinen Namen für deine Firma?“
„Ehrlich gesagt nein. Ich habe Angst, einen Namen zu wählen, der das
Gebiet zu stark einschränkt. Wenn ich das Ganze nun ‚Wunderkerze’ nenne und
dann auch Seifen und Lotions herstelle wie Mémé das ja auch macht, dann passt
es einfach nicht.“
Miri nickte
zustimmend. „Am besten lässt du dir Zeit. Dir fällt bestimmt etwas ein.“
„Ja, aber Ideen sind auf jeden Fall immer willkommen“, antwortete sie
mit einem betont auffordernden Blick auf Miri.
Diese lachte. „Schon gut. Die Botschaft ist angekommen.“ Sie saßen
eine Weile friedlich nebeneinander und hingen ihren Gedanken nach, während im
Hintergrund leise Amy McDonald ihren neuesten Hit sang.
„Wie geht es dir
eigentlich so?“, wollte Kaja unvermittelt wissen.
„Mir?“ Miri
schaute sie erstaunt an.
„Ja, dir. Seit wir uns kennen, bist du für mich da und hilfst mir, sei
es mit Ideen oder Taten. Und ich habe es bis jetzt vielleicht ein halbes Mal
geschafft, dich zu fragen, wie es dir geht. Super, oder? Ich an deiner Stelle
hätte mir wohl schon lange eine neue Freundin zugelegt.“
Doch Miri lachte nur. „Mir geht es gut. Und seine Drachenschwestern
kann man sich schließlich nicht aussuchen“, meinte sie mit einem Augenzwinkern.
„Nein, jetzt mal
im Ernst“, beharrte Kaja.
Miri überlegte einen Augenblick. „Das ist mein Ernst! Die Zeit, seit
ich dich, Lance und jetzt auch Sierra kennengelernt habe, war die spannendste
seit langem. Zudem gibt es wieder einen Drachen in meinem Leben, auch wenn es
nicht meiner ist.“
„Und sonst?“,
hakte Kaja nach, die spürte, dass Miri etwas zurückhielt.
„Na ja. Das einzige, was mir im Moment zu schaffen macht ist, dass
mein Leben so ziellos ist. Ich arbeite halbherzig bei meinem Onkel in der
Buchhandlung, habe eine Katze, betrinke mich alle paar Wochen… Nicht ganz meine
Vorstellung von einem erfüllten Leben. Andererseits habe ich auch keine
konkrete Idee, was ich ändern könnte, sollte, wollte…“ Sie warf die Hände in
die Luft. „Also ist es witzlos, unzufrieden zu sein. Schließlich habe ich
keinen Alternativplan.“
Kaja dachte bei sich, dass ihr gleich ein paar Dutzend Dinge
einfielen, die Miri machen könnte. Aber sie sagte nur: „Du wirst sehen: Eines
Tages wachst du auf, und weißt genau, wie dein Traum aussieht.“
Miri legte den
Kopf schräg. „Auch wenn mich erst ein Drache schubsen muss?“
„Auch wenn dich erst
ein Drache schubsen muss“, bestätigte Kaja schmunzelnd.
„Dann frag mal Lance, ob man ihn stundenweise mieten kann, weil ich nicht
denke, dass Maxi plötzlich wieder auftaucht. Wo ist er denn eigentlich?“,
fragte sie, um vom Thema abzulenken.
„Keine Ahnung. In
letzter Zeit macht er sich ein wenig rar.“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Seltsam.“
„Ja. Aber ich kann ihn schließlich schlecht festbinden. Zudem habe ich
im Moment so viel um die Ohren, dass ich sowieso keine Zeit habe, mich mit ihm
zu streiten.“
„Melde dich
einfach, wenn du Hilfe brauchst beim Packen, okay?“, meinte Miri zum Abschied.
„Danke. Das werde
ich sicher machen.“ Die beiden umarmten sich zum Abschied.
„Komm gut nach
Hause“, wünschte Kaja und sah ihr nach, wie sie zu ihrem Auto ging.
Kapitel 33
Miri stand
summend vor ihrem Kleiderschrank. Sie freute sich auf die vorgezogene Halloweenparty,
die in wenigen Stunden bei Bekannten von ihr
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