Die drei !!!, 18, VIP-Alarm
diesem Moment tauchte der Mond wieder hinter der Wolke auf. In seinem silbrigen Licht sah Kim, wie sich die Gestalt die Kapuze vom Kopf zog. Sie sog scharf die Luft ein. Es war Zaras Tante! Und sie hatte sich in Zaras dunkelbraunen Mantel gehüllt.
Wie gebannt starrte Kim zum Bootssteg hinüber. Der Mond ließ sie nicht im Stich, sondern leuchtete so hell, dass Kim auch ohne Fernglas ziemlich genau mitbekam, was vor sich ging. Zaras Tante sprach kurz mit dem Mann, der das Boot gesteuert hatte. Dann überreichte sie ihm ein großes Bündel. Kim kniff die Augen zusammen, konnte aber nicht so richtig erkennen, was sich in dem Bündel befand. War es Wäsche? Oder eine Decke? Was hatte das zu bedeuten? Da löste sich etwas aus dem Bündel und fiel polternd zu Boden. Im Mondschein blitzte etwas Goldenes auf. Der Mann bückte sich sofort und hob den Gegenstand auf. Kim riss ungläubig die Augen auf und schlug sich die Hand vor den Mund. Vor Überraschung hätte sie beinahe aufgeschrien, aber sie konnte sich im letzten Moment zurückhalten. Der Mann hielt einen schokobraunen Ballerina mit auffälligem Goldbesatz in der Hand. Zaras Schuh!
»Was ist los?«, flüsterte Sandro. Seine Lippen kitzelten an Kims Ohr.
Kim schüttelte stumm den Kopf. Zaras Tante durfte sie auf keinen Fall entdecken. Nachdem der Mann das Bündel im Boot verstaut hatte, verabschiedete er sich mit einer tiefen Verbeugung von Selma. Sie nickte ihm kurz zu, zog sich die Kapuze wieder über den Kopf und überquerte eilig den Strand, bis die Dunkelheit sie verschluckt hatte. Kurze Zeit später sprang irgendwo hinter Kim und Sandro ein Wagen an. Fast gleichzeitig startete der Mann seinen Außenbordmotor, und das Boot entfernte sich knatternd.
Kim sprang auf. Sie atmete so heftig, als hätte sie soeben einen Tausendmeterlauf hinter sich gebracht. »Das war Zaras Tante!«
Sandro nickte nachdenklich. »Ja, ich hab sie auch erkannt. Ich frage mich, was sie mitten in der Nacht hier macht …«
»Sie hat dem Mann im Boot Klamotten von Zara gebracht!«, rief Kim.
»Was?« Nun erhob sich Sandro ebenfalls. »Bist du sicher?«
Kim nickte. »Ganz sicher. Ich hab Zaras Schuh wiedererkannt. Ich muss unbedingt wissen, wo das Boot hinfährt.«
»Schnell!« Sandro griff nach Kims Hand und zog sie über den Strand zum Bootssteg. Sie rannten bis zum Ende des Stegs. Die Lichter des Bootes waren in einiger Entfernung immer noch zu sehen. Kim war viel zu aufgeregt, um sich darüber zu wundern, dass Sandro über Zara bestens im Bilde zu sein schien. Er stellte keine einzige Frage, sondern konzentrierte sich voll und ganz darauf, das Boot nicht aus den Augen zu verlieren. Die Lichter beschrieben eine Kurve, bevor sie plötzlich verschwanden.
»Nanu!« Kim blinzelte verdutzt. »Wo ist das Boot denn plötzlich hin?«
»Ich glaube, ich weiß, wo es ist«, sagte Sandro. »Es kann eigentlich nur ein Ziel angesteuert haben: Die Ile des rochers , die Felseninsel.«
»Felseninsel?« Kim runzelte die Stirn. »Nie gehört.«
»Das ist eine kleine Insel ein Stück vor der Küste«, erklärte Sandro. »Sie besteht hauptsächlich aus kargen Felsen und verbrannter Erde, darum verirren sich auch nie Touristen dorthin. Es gibt einfach nichts zu sehen. Außerdem ist die Strömung vor der Insel sehr tückisch, sodass man nur schwer mit dem Boot anlegen kann.«
Kim sah in die Dunkelheit. Irgendwo in dieser nachtschwarzen Finsternis befand sich die Felseninsel. Konnte es sein, dass Zara dort gefangen gehalten wurde? Warum sonst brachte der Mann im Boot ihre Klamotten dorthin? Aber was hatte Tante Selma damit zu tun?
Kim straffte die Schultern und sah Sandro fest an. »Ich brauche deine Hilfe. Ich muss auf die Felseninsel. Sofort!«
Sandro erwiderte schweigend Kims Blick. Dann nickte er. »Okay, ich helfe dir. Aber vorher solltest du etwas wissen …«
Kim schüttelte heftig den Kopf. »Wir haben jetzt keine Zeit für lange Erklärungen! Ich weiß, dass die Aktion nicht ungefährlich ist, das brauchst du mir nicht extra zu sagen.«
»Nein, nein, darum geht es nicht, es ist etwas anderes …«, versuchte Sandro es noch einmal.
»Wir müssen uns beeilen!«, unterbrach ihn Kim. »Wir brauchen ein Boot, und ich muss Franzi und Marie Bescheid sagen.« Sie zückte ihr Handy und rief Franzis Nummer auf. Dass Sandro leise seufzte, bemerkte Kim nicht. Alles, woran sie im Moment denken konnte, war Zara. Sie mussten es einfach schaffen, sie zu retten!
Die Felseninsel
Eine halbe Stunde
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