Die drei !!! Bd. 35 - Diebe in der Lagune
ich ganz fest.« Die Vorstellung tröstete Marie. Auf einmal hatte sie fast keine Angst mehr, denn sie war sich sicher, dass die Erinnerungen an ihre Mutter auch im neuen Zuhause nicht verblassen würden. Marie konnte sie aus ihrem tiefsten Inneren hervorholen und jederzeit mit ihrem Vater darüber reden. »Ich hab übrigens eine Überraschung für dich«, sagte Helmut Grevenbroich.
Neugierig hob Marie den Kopf. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie ihr Vater eine kleine, braune Schachtel aus der Hosentasche gezogen hatte. »Sag bloß, das sind die Ohrringe, die ich dir gestern im Schaufenster gezeigt habe?« Helmut Grevenbroich lachte. »Nein! So schnell bin ich nun auch wieder nicht. Aber du hast recht, es ist ein Schmuckstück, ein ganz besonderes, das ich vor vielen Jahren gekauft habe.« Feierlich klappte er die Schachtel auf. Auf rotem Samt schimmerte ein goldener Ring mit einem blau-grün marmorierten Stein.
»Ist das ... ist das etwa ein Opal?« Marie hatte einmal gelesen, dass dieser Edelstein äußerst positive Wirkung auf seinen Träger ausübte und als Stein der Treue und Wahrhaftigkeit galt. Helmut Grevenbroich nickte. »Ja. Ich habe den Stein auf einer Griechenlandreise entdeckt und in Deutschland fassen lassen. Es ist der Verlobungsring deiner Mutter.« Bevor Marie wusste, wie ihr geschah, steckte ihr Vater den Opal an ihren linken Ringfinger. Ohne einen einzigen Ruck glitt er an die richtige Stelle. Er passte, als wäre er für sie gemacht worden. Marie war so überwältigt, dass sie kein Wort herausbrachte. »Ab heute gehört der Ring dir«, sagte Helmut Grevenbroich. »Er ist mein Versprechen an dich, dass es auch in Zukunft ein Band zwischen deiner Mutter, dir und mir geben wird. Ein Band für immer.«
Marie fühlte sich reich beschenkt. Es hätte auch ein Ring aus dem Kaugummiautomaten sein können, das hätte nichts daran geändert. Hauptsache, er gehörte früher ihrer Mutter. »Du sagst ja gar nichts.« Helmut Grevenbroich sah sie unsicher an. »Gefällt er dir nicht?«
Marie schüttelte den Kopf. »Wie kannst du so was denken? Er ist wunderschön. Danke!« Sie breitete die Arme aus und fiel ihrem Vater um den Hals.
»Meine Prinzessin«, flüsterte Helmut Grevenbroich. Und Paul McCartney sang:
And when the night is cloudy
There is still a light that shines on me
Shine until...
Mitten im Satz brach die Stimme des Sängers und mit ihr die Musik ab. Es war, als hätte jemand all die menschliche Wärme, die im Raum schwebte, brutal in Eiswasser getaucht. Erst nach ein paar Sekunden begriff Marie, was passiert war. »Stromausfall – nicht schon wieder!«, stöhnte sie. Die neuen Elektroleitungen hatten mal wieder den Geist aufgegeben. Seit dem Einzug gab es ständig Probleme mit Kurzschlüssen und kleineren Stromausfällen. Helmut Grevenbroich verzog das Gesicht zu einem angestrengten Grinsen. »Keine Sorge, das wird sich bald ändern. Ich hab schon die Handwerker bestellt. Sie kommen spätestens übermorgen und reparieren die Leitungen.« »Wenn sie den Termin nicht zufällig wieder vergessen«, murmelte Marie.
Im Laufe der umfangreichen Sanierungsarbeiten in der Villa war leider einiges schiefgelaufen und es hatte immer wieder unerwartete Verzögerungen gegeben. Das war der einzige Nachteil, wenn man eine schlossähnliche Villa kaufte, die bereits etliche Jahre auf dem Buckel hatte: Man war der Gunst der Handwerker hilflos ausgeliefert.
»Immer schön positiv denken«, sagte Helmut Grevenbroich und versuchte sich damit offenbar selbst Mut zu machen. In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. Lina stürmte ohne anzuklopfen herein. Und da sollte man positiv denken! »Was willst du denn schon wieder hier?«, fragte Marie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Merkst du nicht, dass du störst?«
Lina hörte gar nicht hin. Ihre rotblonden, klatschnassen Haare sahen aus wie Spaghetti, die man zu lange gekocht hatte. Um die Schultern hatte Lina Maries pinkfarbenes Lieblingshandtuch drapiert. Den Fön mit Lockenaufsatz hielt sie wie eine Waffe in der rechten Hand. »Bei dem Regen kann ich unmöglich mit nassen Haaren raus. Jetzt komme ich zu spät zu meiner Kletter-AG. Das geht nicht!« »Reg dich wieder ab«, sagte Marie kühl. »Es gibt wirklich tausend wichtigere Dinge im Leben als deine Kletter-AG.« Lina richtete die Spitzen des Lockenaufsatzes auf Maries Brust. »Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Es dreht sich hier nicht mehr dauernd alles nur um dich!« Lina hatte einen wunden Punkt
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