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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Wraxton stieß einen schrillen Schrei aus und klammerte sich an ihren Sitz. »Vorsicht! Halten Sie, bitte, sofort! Ich will keineswegs so durch die Straßen fahren! Sind Sie von Sinnen?«
    »Nein, nein, keine Angst, ich bin ganz bei Trost! Bin nur schrecklich froh, daß Sie mir Ihre Begleitung angeboten haben! Solch eine Chance kommt einem nicht zweimal in den Weg.«
    »Miss Stanton-Lacy, ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, und ich muß Sie noch einmal bitten, anzuhalten. Dieser Scherz amüsiert mich gar nicht, und ich will augenblicklich aussteigen.«
    »Wie, und unbegleitet durch Piccadilly spazieren? Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
    »Halt!« befahl Miss Wraxton in fast schrillem Ton.
    »Ausgeschlossen! Du lieber Himmel, was für ein Verkehr hier! Sie sollten lieber nicht plaudern, bis ich mir einen Weg zwischen all diesen Fahrzeugen hindurch gebahnt habe.«
    »Um Himmels willen, fahren Sie wenigstens langsam!« flehte Miss Wraxton in äußerster Bestürzung.
    »Gleich hinter der nächsten Ecke«, versprach Sophy und kam zollscharf zwischen einer Postkutsche und einem Lastwagen durch. Ein Aufstöhnen ihrer Begleiterin ließ sie freundlich hinzufügen: »Kein Anlaß zur Sorge! Sir Horace ließ mich Einfahrten im Galopp nehmen, bis man sicher sein konnte, daß ich kein Stückchen Verputz abkratze.«
    Sie nahmen jetzt in voller Fahrt die Steigung auf Piccadilly zu. Mit äußerster Selbstbeherrschung fragte Miss Wraxton: »Wohin wollen Sie mich bringen?«
    »St. James’s Street«, antwortete Sophy kühl.
    »Was?« keuchte Miss Wraxton und wurde blaß. »Das kann nicht Ihr Ernst sein! Keine Lady könnte dort durchfahren, an all den Klubs vorbei – ein Schauobjekt für alle Flaneure! Sie ahnen wohl nicht, was man von Ihnen sagen wird! Halten Sie sofort!«
    »Nein, ich möchte einmal dieses Bogenfenster sehen, von dem man soviel redet, und all die Dandies, die dort herumsitzen. Wie dumm, daß Brummell gerade verreist ist! Wissen Sie, daß ich ihm noch nie im Leben begegnet bin? Sind Sie in der Lage, mir die einzelnen Klubs zu bezeichnen? Werden wir White erkennen, oder gibt es noch andere Häuser mit solchen Erkerfenstern?«
    »Sie spotten, Miss Stanton-Lacy. Das ist nicht Ihr Ernst!«
    »Mein völliger Ernst. Natürlich hätte ich es nicht gewagt, wenn Sie nicht an meiner Seite wären, um mich mit Ihrem Ansehen zu decken, aber Sie sind doch unantastbar, also brauche ich keine Bedenken zu tragen, meinen alten Ehrgeiz zu befriedigen. Ihre Geltung wird genügen, und von nun an wird das eine fashionable Ausfahrt für Ladies sein. Wollen sehen!«
    Kein Argument, das Miss Wraxton vorbrachte, und sie brachte viele vor, konnte Sophy von ihrem Vorhaben abbringen. Unerbittlich fuhr sie weiter. Wilde Pläne, einfach aus dem Phaeton zu springen, durchzuckten Miss Wraxtons Gehirn, wurden aber gleich wieder verworfen. Derlei war zu gefährlich, als daß man es versuchen konnte. Hätte sie einen Schleier getragen, so hätte sie ihn über das Gesicht gezogen und gehofft, unerkannt zu bleiben, aber sie trug ein Hütchen ohne alle Zierde, nur mit einem bescheidenen Bänderputz. Nicht einmal einen Schirm hatte sie zur Hand, mußte aufrecht dasitzen und starr vor sich hinblicken, die ganze Länge der höchst unziemlichen Straße entlang. Sie äußerte kein Wort, bis die Pferde in Pall Mall einbogen, und da sagte sie leise, von Zorn und Niedergeschlagenheit gedämpft: »Das verzeihe ich Ihnen nie!«
    »Wie erbarmungslos von Ihnen«, sagte Sophy leichthin. »Soll ich Sie jetzt absetzen?«
    »Sie werden es nicht wagen, mich in dieser Gegend –«
    »Schön, also fahre ich Sie zum Berkeley Square. Ich weiß nicht, ob Sie zu dieser Stunde meinen Cousin vorfinden, aber Sie können sich ja auf jeden Fall bei meiner Tante beklagen, und danach verlangt es Sie doch gewiß.«
    »Sprechen Sie nicht mit mir«, sagte Miss Wraxton mit zitternder Stimme.
    Sophy lachte.
    Erst vor Ombersley House brach sie das Schweigen. »Kommen Sie ohne Hilfe hinunter? Da ich meinen Groom abgesetzt habe, muß ich den Phaeton wohl selbst zum Stall hinüberbringen.«
    Miss Wraxton kletterte hinunter, ohne Sophy eines Wortes zu würdigen, und hastete die Stufen zum Tor hinan.
    Eine halbe Stunde verging, bis Dassett Sophy in das Haus einließ. Sie begegnete Mr. Rivenhall, der eben die Treppe herabkam, und begrüßte ihn: »Ach, du bist zu Hause! Das ist mir lieb.«
    Er sah sehr ernst aus, erwiderte aber in ruhigem Ton: »Kommst du, bitte, auf ein paar Minuten in die

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