Die drei Ehen der Grand Sophy
Bibliothek?«
Sie folgte ihm und begann mit Händen, die nicht ganz sicher waren, ihre Handschuhe abzustreifen. Ihre Augen sprühten noch, und eine Röte, die ihr nicht schlecht stand, färbte die Wangen.
»Kusine, was, um Gottes willen, ist in dich gefahren?« fragte Mr. Rivenhall.
»Hat es dir Miss Wraxton nicht erzählt? Ich habe einen alten Ehrgeiz befriedigt.«
»Du mußt verrückt sein. Weißt du denn nicht, wie unschicklich so etwas ist?«
»Aber natürlich weiß ich das, und nie hätte ich es gewagt, wenn ich nicht unter dem Schutz Miss Wraxtons gestanden hätte! Mache doch kein so angewidertes Gesicht! Sie selber hat mir versichert, daß ich in ihrer Gesellschaft das Unmöglichste tun könnte – ihr Ansehen würde genügen, mich zu decken. Daran zweifelst du doch nicht?«
»Sophy, so etwas kann sie nicht gesagt haben.«
Sie zuckte die Achseln und wandte sich ab. »Nein? Nun, wie du willst.« ,
»Was ist geschehen? Welchen Grund hattest du, ihr solch eine Kränkung zuzufügen?«
»Mag Miss Wraxton dir doch sagen, was ihr beliebt! Ich habe schon zuviel gesprochen. Ich mag keine Geschichtenerzähler, ich will nicht auf dieses Niveau herabsinken. Was ich tue, geht dich nichts an, Cousin Charles, und noch weit weniger geht es Miss Wraxton an.«
»Was du da getan hast, geht sie doch wohl sehr an.«
»Schön. Zugegeben.«
»Und mich geht es auch an, denn ich darf nicht zulassen, daß du Schaden leidest, solange du Gast in diesem Haus bist. Ein Benehmen, wie du es heute nachmittag gezeigt hast, kann dir großen Schaden zufügen, das muß ich dir schon sagen.«
»Darum brauche ich mich nicht mehr zu kümmern, mein lieber Charles, ich, die ich auf so vertrautem Fuß mit Faiseuren und eleganten Müßiggängern stehe.«
Er wurde starr. »Wer hat das gesagt?«
»Du, wie ich höre, nur warst du viel zu zartsinnig, es mir ins Gesicht zu sagen. Aber du durftest nicht erwarten, daß ich mir so etwas von Miss Wraxton geduldig anhöre.«
»Und du solltest wissen, daß ich Kritik, die ich äußere, nicht durch Miss Wraxtons oder irgend jemandes Mund übe.«
Sie hob eine Hand an die Wange, und er sah, daß sie eine Träne fortwischte. »Sei doch still! Siehst du denn nicht, daß ich zu zornig bin, um noch mit Mäßigung zu sprechen? Meine verdammte Zunge! Aber wenn du auch nicht gewünscht hast, mich durch Miss Wraxton zu tadeln, so hast du doch mit ihr über mich diskutiert, gibst du das zu, Charles?«
»Wenn ich etwas gesagt habe, so war es gewiß nicht mein Wunsch, daß sie es dir wiederholt. Gewiß war es höchst unschicklich von mir, gegenüber Miss Wraxton Kritik an dir zu üben. Ich bitte um Entschuldigung.«
Sie zog ein Taschentuch aus dem Ärmel und putzte sich die Nase. Die Röte wich aus ihren Wangen. »Jetzt bin ich entwaffnet. Wie du mich wieder reizt! Warum überläßt du dich nicht wieder einem deiner Wutanfälle? Du machst es einem so unbequem. Was ist schon Schlimmes daran, durch die St. James’s Street zu fahren?«
»Du wußtest, daß es unpassend war, denn Miss Wraxton hat es dir gesagt. Du hast ihr eine sehr große Peinlichkeit bereitet, Sophy.«
»Ach, mein Lieber, ich tue so schreckliche Dinge, wenn ich die Geduld verliere! Es war natürlich falsch von mir – sehr falsch! Muß ich sie um Verzeihung bitten?«
»Du mußt wenigstens einsehen, daß du ihr das schuldig bist. Wenn eine ihrer Äußerungen dich verletzt hat, so war es gewiß nicht ihre Absicht. Sie wollte nur freundlich sein und ist fassungslos über das Ergebnis. Ich bin zu tadeln, denn ich habe ihr Anlaß gegeben zu glauben, daß dies alles in meinem Sinn wäre.«
Sie lächelte. »Wie geschickt du doch bist, Charles! Es tut mir leid, ich habe eine unbehagliche Situation geschaffen. Wo ist Miss Wraxton? Im Salon? Bringe mich zu ihr, ich will tun, was ich kann, um das in Ordnung zu bringen.«
»Ich danke dir«, sagte er und öffnete ihr die Tür.
Miss Wraxton hatte sich offenbar schon von ihrer Erregung erholt und blätterte in »The Gentleman’s Magazine«. Sie warf Sophy einen kalten Blick zu und beugte sich wieder über die Zeitschrift. Sophy ging geradenwegs auf sie zu und sagte freimütig: »Wollen Sie mir verzeihen? Ich bitte Sie um Entschuldigung, es tut mir leid. Ich habe mich abscheulich benommen.«
»So abscheulich, Miss Stanton-Lacy, daß ich lieber nicht darüber sprechen möchte.«
»Wenn das bedeutet, daß Sie es vergessen wollen, so werde ich Ihnen sehr dankbar sein.«
»Gewiß werde ich das
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