Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
im Turmzimmer, als er gesehen hatte, wie der Kopf der Löwin auf ihn zusprang, wurde es jetzt plötzlich sichtbar. Und weil der Pfad, auf dem sie sich befanden, genau darauf zuführte, war es bis jetzt vor ihnen verborgen geblieben. Joshua wurde klar, dass sie sich nicht nur auf den Kopf der Löwin zubewegten. Sie liefen geradewegs auf ihr Maul zu. Vor ihnen befand sich ein riesiger Felsvorsprung, der aus der Wand herausragte und wie der Kopf der Löwin geformt war. Joshua konnte die Konturen des Kopfes und der Ohren erkennen und von seinem Blickwinkel aus wirkte es, als führe der Weg genau in den offenen Mund hinein. Das war keine Skulptur, die von Menschen gemacht worden war. Trotzdem hatte der Felsen zweifellos die Form des Löwenkopfes.
Grau und Krieg verlangsamten ihren Schritt, als sie fast genau unter dem oberen Teil des Mauls standen. Er befand sich mindestens acht Etagen über ihnen und war von hier aus nicht mehr als ein großer Felsvorsprung. Im Schatten vor ihnen lag der Teich. Er war bedeckt mit Seerosen. Die blaue Farbe, die sie aus der Ferne gesehen hatten, war nicht das Wasser gewesen sondern die Seerosen, deren Blätter einen dunkelblauen Glanz ausstrahlten. Als sie das Maul der Löwin betraten, wusste Joshua sofort, dass sich hier kein sichtbarer Eingang in den Berg befand. Am Ufer des Teichs wölbte sich der Boden nach oben, bis er auf den Felsen im hinteren Teil des Mauls traf. Der Fels selbst war genauso glatt wie der Rest der Wand. Nichts deutete auf einen Eingang hin.
Joshua flatterte von Kriegs Rücken herunter, während sie den Teich umrundeten. Nur das Quaken eines einsamen Froschs durchbrach die Stille. Sie suchten die Felsoberfläche sorgfältig ab, aber dort war absolut nichts zu sehen. Joshua wusste nicht einmal, wo sie mit der Suche anfangen sollten. Es konnte Tage dauern, wenn nicht sogar Wochen.
„Vielleicht müssen wir zurück zu den Spinnenlöchern.“ Die Gedanken des Wolfs durchschnitten die Stille. „Dort könnte der einzige Eingang sein. Tief unter der Erde.“
„Wenn das die einzige Möglichkeit ist, worauf warten wir dann noch?“ Kriegs Gedanken waren erfüllt von Ungeduld.
„Nein, Krieg. Es muss einen Weg geben. Wir sind so weit gekommen. Ich glaube nicht, dass wir zu den Spinnenlöchern zurückgehen sollten.“ Joshua versuchte, überzeugter zu klingen, als er es in Wirklichkeit war. „Der Eingang muss hier irgendwo sein. Wir müssen ihn nur finden.“
Joshua ging die Wand entlang und suchte nach Anzeichen für eine Tür, eine Öffnung, irgendetwas Außergewöhnliches. Grau schnupperte auf dem Boden um den Teich herum. Krieg schien jede Hoffnung aufgegeben zu haben, jemals etwas zu finden. Er stand einfach da, ließ den Kopf hängen und strahlte das pure Elend aus.
„Wenn wir es nicht finden“, dachte er zu ihnen, „war alles umsonst. Nichts, was wir bisher erreicht haben, wird zu irgendetwas führen. Und ich wünschte, meine Besitzer hätten mich getötet, bevor ihr mich gefunden habt. Das ist es, was mein Herz fühlt.“
Joshua blickte seinen Freund an und es zerriss ihm das Herz. Grau ging hinüber zu Krieg und legte sich neben ihn auf den Boden. Joshua tat es ihm gleich. Es gab nichts zu sagen. Jeder spürte den Schmerz der beiden anderen, fühlte, wie ihre Reise ein abruptes Ende zu nehmen drohte, das mit jedem Atemzug näher kam. Joshua fürchtete sich davor, tatsächlich in die Spinnenlöcher hineinzumüssen. Aber vielleicht war es tatsächlich der einzige Weg, um in den Berg zu gelangen. Er ließ sich einen Moment lang auf den Gedanken ein, um herauszufinden, ob er an Kraft gewinnen würde.
„Es gibt einen Weg hinein.“
Zuerst reagierte keiner der drei Gefährten. Sie waren zu sehr in Verzweiflung versunken.
„Und ich kenne ihn.“
„Was war das?“, dachte Grau.
„Ich habe es auch gehört“, antwortete Joshua.
„Ich dachte, das warst du, Joshua“, dachte Krieg.
„Ich war es nicht“, erwiderte der Hahn.
„Wenn du es nicht warst, wer war es dann?“ Grau sprang auf.
„Ich war es.“
Die drei sahen sich um. Der Gedanke war leise gewesen, doch kein Flüstern. Eher, als ob er von weit her gekommen war.
„Könnt ihr mich hören?“
Keiner von ihnen konnte etwas entdecken.
„Woher kommt das?“, dachte Joshua. „Hallo?“
„Könntest du bitte dem riesigen Kriegspferd ausrichten, dass es seine Vorderhufe stillhalten soll? Ich sitze direkt daneben und ich habe keine Lust, zertrampelt zu werden.“
Joshua ging hinüber zu Krieg
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