Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
gehen konnte. Seine Oberfläche war glatt und hart, ähnlich wie die Außenseite des Berges. Joshua sah tief in den Tunnel hinein, konnte jedoch kein Ende sehen.
„Seid ihr bereit?“, fragte Grau.
„Nein“, antwortete Joshua wahrheitsgemäß und ging los.
Der Tunnel schien leicht bergab zu führen. Das Geräusch ihrer Schritte auf dem Boden hallte durch das Halbdunkel, während sie immer tiefer in den Berg eindrangen. Falls die anderen über etwas nachdachten, behielten sie ihre Gedanken für sich. Krieg humpelte ein wenig. Die Entzündungen in den tiefen, nässenden Wunden, die der Geier ihm beigebracht hatte, waren schlimmer geworden und Joshua fürchtete, die Infektion könnte sich weiter ausbreiten, je länger sie gingen. Der dumpfe Schein, den die Felsoberfläche um sie herum abgab, beleuchtete die Wunden und ließ sie beinahe schwarz erscheinen. Noch dazu konnte Krieg seinen Kopf nicht heben, denn der Tunnel war nicht hoch genug. Grau schien es gut zu gehen. Er hatte die Nase eng am Boden, um sämtliche Gerüche aufzunehmen, die er aufspüren konnte.
Joshua hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er hätte nicht sagen können, ob sie erst seit wenigen Minuten oder schon stundenlang unterwegs waren. Seine Krallen begannen zu schmerzen. Der glatte Granitboden war hart und unnachgiebig. Langsam kam der Durst. Joshua hoffte, bald aus diesem Tunnel herauszukommen, obwohl er keine Ahnung hatte, was sie am anderen Ende erwarten würde.
„Vor uns ist Wasser“, verkündete der Wolf. Und tatsächlich kamen sie nach kurzer Zeit an eine große Pfütze. Joshua trank dankbar davon. Das Pferd und Grau taten es ihm gleich. Während er trank, sah Joshua den langen Tunnel hinunter. Er bemerkte etwas, das ihm beinahe das Herz stehen bleiben ließ.
„Grau, wie weit kannst du in den Tunnel hineinsehen?“, fragte er leise.
Grau blickte auf, Krieg ebenfalls. Die drei sahen es im selben Moment. Die dumpf leuchtende Decke spiegelte sich in der Wasseroberfläche. Je weiter sie in den Tunnel hineinsahen, desto näher schien die Spiegelung an der Decke zu sein. In der Ferne trafen sich die Felswand und das Wasser. Von dort aus stand der gesamte Tunnel unter Wasser.
Joshuas Herz wurde schwer. Er sah zu seinen Gefährten hinüber. Doch bevor er einen klaren Gedanken fassen und den anderen übermitteln konnte, machte Krieg ein paar Schritte ins Wasser hinein.
„Spring auf, Roter. Es macht keinen Sinn, hier herumzustehen. Wir können nur vorwärts gehen.“
Joshua flatterte auf den Rücken des Pferdes. Er musste sich ducken und den Kopf einziehen, um nicht an der Decke hängen zu bleiben. Neben ihnen begann Grau zu schwimmen. Joshua sah ihm zu. Würde ihre gemeinsame Reise hier enden? In einem Tunnel irgendwo tief in einem Berg? Angst kroch in ihm hoch und umklammerte seine Brust. Er war schon zweimal fast ertrunken. Es war wahrscheinlich die schlimmste Erfahrung seines Lebens gewesen und er hatte keine Lust, sie zu wiederholen. Als sie sich dem Punkt näherten, wo das Wasser die Decke berührte, versuchte er, die Übelkeit zu überwinden, die in ihm aufstieg. Das Atmen fiel ihm schwer.
„Joshua.“ Grau neigte dazu, seine Gedanken genau im richtigen Moment zu unterbrechen. „Ich gehe zuerst und sehe nach, was da unten ist, und dann komme ich zurück. Krieg kann sich dort unten nicht umdrehen.“
Bevor Joshua darüber nachdenken konnte, verschwand Grau in der Dunkelheit. Der Kopf des Pferdes war gerade so weit über der Wasseroberfläche, dass es atmen konnte. Sie warteten. Und warteten. Nach einer gefühlten Ewigkeit hielt Joshua es nicht mehr aus.
„Ich bin gleich zurück“, dachte er zu dem Pferd, und damit sprang er. Sobald er unter Wasser war, versuchte er, seine Krallen zu benutzen um vorwärtszukommen, doch er erinnerte sich bald daran, dass sie hier unten nutzlos waren. Das Wasser war rabenschwarz. Das Licht des Tunnels war verschwunden. Einen Moment lang verspürte er Panik, doch dann wurde er ganz ruhig. Es war, als hätte sein Verstand aufgehört zu arbeiten. Er vergaß, was passieren würde, wenn er nicht irgendwo ein Luftloch finden würde. Er vergaß Grau und er vergaß sein eigenes Leben. Und plötzlich erschien ihm alles ganz logisch. Es war klar, dass er jetzt nur eines tun konnte. Er breitete seine Flügel aus und schlug sie auf und ab und bewegte seinen Körper nach vorne. Nach einigen Schlägen tauchte Grau vor ihm auf. Seine Gedanken waren panikerfüllt. „Folge mir“, befahl Joshua.
Er drehte
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