Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
seine Gedanken aus ihm heraus und seine Gefühle trafen Joshua und Grau wie ein Rammbock. „Sie haben sie in den Berg verschleppt! Ich kam zu spät! Sie haben sie gefangen!“
„Wer hat sie gefangen?“ fragte der Wolf.
„Spinnen. Und ein Geier!“
„Spinnen?“ Joshua war überrascht. „Ich dachte, die wären harmlos.“
„Das waren sie auch“, erwiderte Krieg. „Sie waren harmlos, bis der Geier die Toten zurückgeholt hat. Er hat gesagt, er wartet im Innern des Berges auf uns. Er will Wind gegen dich austauschen, Joshua.“
Sie sahen einander an. Krieg hatte den rechten Flügel angezogen, sodass die tiefen, blutigen und entzündeten Wunden sichtbar waren, die ihm der Geier beigebracht hatte. Joshua konnte Kriegs Schmerz spüren.
„Du hast mit ihm gekämpft?“, fragte Grau.
„Ja“, antwortete Krieg. „Ich hatte in der Luft keine Chance gegen ihn. Alda hat etwas über einen dunklen Gegenpart zum Träumer des Lichts erwähnt. Ich glaube, mit dem Träumer meinte sie dich, Joshua.“
„Mich?“, fragte Joshua erstaunt. „Das verstehe ich nicht.“
„Der Adler hat mir von ihm erzählt“, dachte Grau.
„Was? Warum hast du mir das nicht gesagt?“, wollte Joshua wissen.
„Ich wollte dir keine Angst machen“, gab der Wolf zurück. „Außerdem dachte ich, es wäre ein Mythos, nicht die Wirklichkeit.“
„Ein Mythos? Was für ein Mythos?“
„Der Adler hat von einem dunklen Gegenpart zum Träumer des Lichts erzählt, der zur gleichen Zeit erwacht wie der Träumer.“
„Ein Gegenpart?“ Joshua hatte Schwierigkeiten, den Begriff und seine Bedeutung zu erfassen.
„Ja. Der Träumer, der aufbricht, um die drei Federn zu finden, erweckt unausweichlich auch seinen eigenen Gegenpart. Wenn du auf der einen Seite des Pendels bist, Joshua, ist der Geier auf der anderen Seite. Er ist die Finsternis für dein Licht. Er ist dein Gegenstück.“
Joshua dachte nach. Warum hatte er davon noch nie gehört? Andere Legenden kannte er, doch diese war ihm neu.
„Krieg, das mit Wind tut mir so leid.“
„Wir müssen sie finden und zurückholen“, antwortete Krieg. „Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie gefangen ist. Sie ist doch gerade erst ihrem Gefängnis entkommen. Ihre Zeit in Freiheit war zu kurz. Viel zu kurz... Wir müssen sie finden und befreien.“
„Das werden wir, Krieg. Ich verspreche es dir.“ Joshua war überrascht von der Kraft, die dieser Gedanke in ihm freisetzte. Er verspürte Angst, ja, doch er fühlte auch etwas anderes tief in sich, etwas, das sich rührte und bewegte, noch war es klein, aber es war da. Es war das Bild der Löwin, das diese Reaktion in ihm auslöste.
„Wir werden sie finden, Krieg. Und wenn wir sie gefunden haben, holen wir sie da raus.“
„Dann lasst uns gehen und den Eingang finden, und zwar schnell“, erwiderte der Wolf. „Krieg, kannst du fliegen?“, dachte Joshua.
„Ich glaube nicht. Die Krallen des Geiers müssen einen Muskel durchtrennt haben oder zumindest so verletzt, dass ich diesen Flügel nicht besonders lange benutzen kann. Aber ich kann laufen, Joshua. Komm auf meinen Rücken.“
Bevor Krieg seinen Gedanken beenden konnte, war Joshua bereits aufgesprungen und das Pferd fiel in einen Trab. Grau lief vor ihnen und beide einigten sich auf ein Tempo, das sie eine Weile durchhalten konnten. Joshua konnte Kriegs Schmerzen beinahe körperlich fühlen. Die Wunden waren tief und entzündet und sein Flügel rieb bei jedem Schritt dagegen. Doch die Schmerzen, die das Pferd in seinem Körper spürte, waren nichts im Vergleich zu den Qualen, die die Sorge um Wind in seinem Herzen ausgelöst hatte. Joshua wusste, dass das mächtige Kriegspferd schließlich doch einen Feind gefunden hatte, dem es auf keinen Fall gegenübertreten wollte: der Vorstellung, dass er Wind verloren hatte und dass sie nicht überleben würde.
Sie liefen den restlichen Weg, ohne anzuhalten, um etwas zu trinken oder sich auszuruhen. Joshua hatte immer noch keine Ahnung, wie sie in den Berg gelangen sollten. Und eine andere Frage stieg in ihm auf. Wie wollte der Geier Wind in den Berg bekommen? Wenn der Eingang doch versiegelt war und die Porte Des Lioness der einzige Weg hinein... aber vielleicht gab es ja noch einen anderen Eingang, den auch sie finden konnten. Joshua behielt den Teich fest im Blick, der nun in der Ferne klar zu erkennen war. Darüber gab es nichts als die steile Felswand, die keinerlei Anzeichen für einen Eingang aufwies. Bis er es entdeckte.
Wie
Weitere Kostenlose Bücher