Die drei ??? Feuermond
sagte Justus beruhigend. »Das kann ein Zufall gewesen sein. Wir halten die Augen offen, okay? Aber wir lassen uns davon jetzt nicht verrückt machen.«
Das Hernandez-Haus war ein klassisches Wohnhaus im spanischen Stil und stand mitten in Oxnard. Auf den ersten Blick war es nicht als Museum zu erkennen. Nur das große goldene Schild am Eingang war ein Hinweis darauf, dass es sich um ein öffentliches Gebäude handelte. Und die überlebensgroße Statue, die den Vorplatz zierte.
Bob hatte die lange Autofahrt nach Oxnard genutzt, seinen Freunden noch ein wenig mehr über das zu erzählen, was er sich bereits über Jaccard und Hernandez angelesen hatte. Selbst Justus hatte noch das eine oder andere Detail lernen können. »Hernandez hat sich im Gegensatz zu seinem Freund Jaccard nie auf einen Stil festgelegt«, erklärte Bob auf dem Weg vom Parkplatz zum Museum. »Er hat viele verschiedene Techniken ausprobiert und sich neben der Malerei auch der Bildhauerei gewidmet. Seine Kunst hat dadurch nie ein eigenes Gesicht bekommen, so hat es mir zumindest meine Mutter erklärt. Wenn man einen Jaccard sieht, weiß man sofort: Das ist ein Jaccard, selbst wenn man das Bild vorher noch nicht kannte. Bei Hernandez gelingt einem das kaum. Er war einfach zu vielseitig. Eine Eigenschaft, die in der Kunstwelt erstaunlicherweise nicht honoriert wird. Nach Jaccards Tod war es allerdings auch mit Hernandez' Arbeit vorbei. Er malte noch ein paar Bilder, zog sich dann jedoch zurück. In einem Interview sagte er mal, der Sinn für die Kunst hätte ihn nach dem Tod seines engsten Freundes verlassen.«
»Hmm«, murmelte Peter. »Sehr interessant. Gehen wir jetzt endlich rein?«
Das Museum war klein und beinahe leer. An diesem kalten Sonntag hatte wohl halb Kalifornien beschlossen, lieber keinen Fuß vor die Tür zu setzen. Nur eine Hand voll Menschen bewegte sich gemächlich von Raum zu Raum und betrachtete eingehend die Gemälde an den Wänden. Der Holzboden knarrte bei jedem Schritt.
»Das ist er«, sagte Bob, als er ein Selbstbildnis aus dem Kunstlexikon seiner Mutter wiedererkannte. »Raoul Hernandez.«
»Das ist Hernandez?«, fragte Peter verblüfft. »Ich kann kaum erkennen, dass es überhaupt ein Menschen ist.« Das Gemälde zeigte sein Gesicht in seltsam blassen Farben und verzerrten Formen, so als sähe man es in einem kaputten Spiegel.
»Er hat fiir dieses Selbstporträt klassische Elemente aus dem Kubismus verwendet«, bemerkte Justus fachmännisch und schürzte die Lippen.
»Was du nicht sagst.« Peter war schon ein paar Schritte weiter gegangen und stand vor einem anderen Bild. Auf den ersten Blick war kein Motiv zu erkennen. Es sah aus, als hätte der Maler etwas ausprobiert, dann aber mittendrin aufgegeben und die noch nasse Farbe mit dem Ärmel zu einem breiten Streifen verwischt. »Und was ist das hier? Auch Kubismus?«
»Nein.«
»Sondern? Ein riesiger Klecks Vogeldreck auf der Windschutzscheibe?«
Jemand lachte. Die drei Detektive drehten sich um. Hinter ihnen war eine große, kräftige Frau mittleren Alters von einem Stuhl in der Ecke aufgestanden. Sie trug ein blaues Kostüm, an das ein Namensschild geheftet war, das sie als Mitarbeiterin des Museums auswies, und trat auf die drei ??? zu. »Eine interessante Interpretation, die Senor Hernandez sicherlich gefallen hätte. Er war nämlich ein Witzbold. Tatsächlich ist der vermeintliche Fliegendreck jedoch ebenfalls ein Selbstbildnis. Ein besseres diesmal.«
Justus runzelte die Stirn. »Ein Selbstbildnis? Dann hatte Hernandez allerdings eine sehr verschrobene Wahrnehmung seiner selbst.«
»Verschoben«, sagte Bob. »Wie bitte?«
»Verschoben, nicht verschroben.« Der dritte Detektiv wandte sich an die Mitarbeiterin. »Das Bild ist eine Anamorphose, richtig?«
Sie nickte anerkennend. »Ich sehe, wir haben es mit einem Experten zu tun. Wie erfreulich, dass es auch junge Leute gibt, die sich für Kunst interessieren.«
»Was ist eine Anamorphose?«, fragte Peter, als ihm klar wurde, dass Justus diesmal keine Anstalten machte, einen Vortrag über diesen Begriff zu halten.
»Ein verschobenes Bild«, erklärte Bob. »Bei einer Anamorphose arbeitet der Maler mit perspektivischen Verzerrungen.«
»Am besten seht ihr es euch an, dann begreift ihr es sofort«, sagte die Frau und wies auf eine rote Markierung auf dem Boden, die die drei ??? zuvor nicht bemerkt hatten. »Stellt euch hierher!«
Der Zweite Detektiv verstand nicht, ging aber zu der Markierung und blickte
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