Die drei Frauen von Westport
gekommen, dachte sie.
»Es gibt keine Seele«, bemerkte Betty plötzlich mit erstaunlicher Heftigkeit. »Das weiß doch jeder.«
R oberts und Shpuntov führten in derTat Altherrengespräche. Mr. Shpuntov fand dasWetter für Brooklyn im Dezember erstaunlich warm, und R oberts pflichtete ihm bei, dass die trockene Winterhitze für Brooklyn um diese Jahreszeit wirklich ungewöhnlich sei, und beließ es dabei. Dann tappte der alte Mann zur Tür und klingelte Sturm. Als seineTochter öffnete, raunzte er sie an – »Wer sind Sie?Was wollen Sie?Verschwinden Sie« – und knallte die Tür zu, wobei er eine wenig schmeichelhafte Bemerkung über Jehovas Zeugen machte.
R oberts schenkte dem Knall und dem Gezeter keine Beachtung, sondern schritt zu dem weißen Mietwagen hinüber. Dabei winkte er, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. R oberts lächelte selten, aber wenn er es tat, wirkte er lebhaft und charmant. Annie stellte überrascht fest, wie stark er war – seine Oberarme in dem kurzärmligen Polohemd waren erstaunlich muskulös für einen so hochgewachsenen, schlanken Mann. Als R oberts alle Koffer ins Haus trug, piekte Annie ihre Schwester in den R ücken.
»Was soll das denn?«
Annie zuckte die Achseln. Sie wusste es selbst nicht. »Du unterschätzt R oberts«, sagte sie.
»Ach, das schon wieder«, erwiderte Miranda, schüttelte den Kopf und ging ins Haus.
Aber es ist so, dachte Annie. Du bist ungerecht. R oberts ist ein nachdenklicher Mann, ein stilles tiefesWasser, aber du hast nur ein Auge für aufgewühlte gischtendeWellen. Jammerschade. Für euch beide.
»Wohnen Sie auch bei Cousin Lou und R osalyn?«, fragte Annie R oberts, als sie im Haus waren.
»Nein, nein. Ich hab ein Apartment hier, nur ein paar Häuser weiter.«
»Ihr seid offenbar immer im R udel unterwegs«, bemerkte Miranda und lachte.
R oberts lächelte. »Die alten Zugvögel, die es nach Süden zieht. Ja, stimmt.Wahrscheinlich fehlt es uns an Fantasie.«
»Die jungen Damen können im Gästehaus wohnen«, sagte R osalyn. »Eure Mutter bleibt bei uns im Haus. So können alle ihre Privatsphäre haben.«
Das hörte sich an, als wollten die Töchter unbedingt ihre entnervende Mutter loswerden und umgekehrt.
»Wir sind dir zu Dank verpflichtet und sind mit allem zufrieden«, erwiderte Betty mit verengten Augen.
»Es ist schön hier.« Annie bewunderte die Aussicht. Gegenüber befand sich ein rosafarbenes Haus mit einer grellgrünen Rasenfläche. Dahinter erstreckte sich die Wüste mit purpurfarbenen Schattenfeldern bis zu den schneebedeckten Bergen.
Sie traten in einen großen Innenhof mit zwei tiefer liegenden Bereichen, von denen einer eine Art Küche mit Grill, Kühlschrank und Bar zu sein schien. Im anderen befand sich eine Feuerstelle.Weiter hinten sah man den Swimmingpool, einen Golfplatz und wiederum Berge und den endlos weiten Himmel.
»Wir leben quasi im Freien«, äußerte R oberts stolz, als er sah, wie Betty insWeite starrte.
»Nein, aber schauen Sie mal, der dürre Hund da«, sagte Betty. »Er sonnt sich auf dem Golfplatz, wie süß.«
»Lou!«, schrie R osalyn und wedelte mit den Armen. »Weg da!Weg da! Lou! Der Kojote ist wieder da!«
Das Tier erhob sich träge und galoppierte dann über den Rasen davon, wobei es sich noch ein-, zweimal zu der wild gestikulierenden Frau umdrehte.
»Du hast es geschafft!«, bemerkte Lou stolz. »Meine kleine Pionierin! Dich kann kein Kojote schrecken!«
Doch dann trat der wahre Grund für den überstürzten Aufbruch des Kojoten in Erscheinung: Ein Golfcart mit munter flatternden Fransen am Dach ratterte genau über die Stelle, an der sich der Kojote zuvor gesonnt hatte. In dem Golfcart saßen zwei junge Frauen.
»Ach, schaut mal, da sind Crystal und Amber!«, rief R osalyn.
Die beiden waren braungebrannte, sportliche junge Frauen Anfang zwanzig. Sie trugen Shorts und Polo-Hemden, die so kurz waren, dass man ihre hübschen Bäuche betrachten konnte. Crystal und Amber sahen sich sehr ähnlich, so dass man sie auf Anhieb als Schwestern erkannte; die jüngere der beiden allerdings war dunkelhaarig und wirkte strahlend und selbstsicher, während die andere blond war und etwas Sanftmütiges ausstrahlte. Sie waren keine echten Schönheiten, hatten sich jedoch modisch gestylt und wirkten attraktiv, etwa wie ein Feuer, das lodernd brennt, aber keine Wärme ausstrahlt.
»Hast du den Wolf gesehen?«, fragte die ältere, Crystal. »O mein Gott, hatte ich eine Angst!«
»Das war ein
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