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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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Kojote«, erwiderte Amber. »Schaust du dir nicht wenigstens manchmal Natursendungen an?«
    »Na ja, egal«, sagte Crystal, der die Aufregung anzusehen war.
    Amber und Crystal weilten als Haushüter in Palm Springs, nannten sich aber selbst »Heimhüter«. R osalyn hatte sie auf dem Golfplatz kennen gelernt, und die beiden hatten sie »adoptiert«. R osalyn, die es gewohnt war, im Hintergrund zu stehen, während ihr Mann einen Riesenwirbel um irgendwelche Leute machte und selbige Leute dasselbe mit ihm taten, hatte sich mit den beiden jungen Frauen angefreundet, was nachvollziehbar war. Jetzt kamen sie, um R osalyn auf dem Golfplatz umherzukutschieren und sich bei Nachbarn einzuladen, die zufällig mit Cocktails auf der Veranda saßen.
    »Haben die Nachbarn nichts dagegen?«, fragte Annie. »Ich meine, wenn man gar nicht eingeladen ist?«
    Crystal und Amber schauten sie an, als sei sie die leicht angestaubte Bibliothekarin, die sie tatsächlich war.
    »Ach, Annie, sei doch nicht so sauertöpfisch«, bemerkte R osalyn. »Du bist jetzt in Palm Springs und hast Ferien!« Mit diesenWorten kletterte sie auf den Golfcart und winkte fröhlich, als er über den leuchtend grünen Rasen davonzuckelte.
    Annie winkte etwas kleinlaut zurück und begab sich dann mit Miranda zum Gästehaus, eine Miniaturversion des großen Hauses. Miranda war außer sich vor Begeisterung und wirbelte auf der kleinenTerrasse herum, von der man Aussicht auf die Berge hatte.
    »Es ist großartig hier!«, schrie sie dazu. »Der Himmel. Die Berge. Diese schnuckeligen, coolen Häuser. Rasen in der Wüste. Kojoten auf dem Golfplatz. Es ist so wild und abenteuerlich. Ich liebe es!«
    Sie sank auf eine Liege. »Sonne!«
    »Pass auf, dass du dir keinen Sonnenbrand holst«, sagte Annie – hauptsächlich, weil es zu ihrer R olle gehörte, denn die Sonne am Spätnachmittag war beiWeitem nicht mehr so intensiv wie tagsüber.
    Miranda, die schon die Augen geschlossen hatte, schüttelte nur lächelnd den Kopf.
    An diesem Abend saß Annie draußen und sehnte sich nach ihren Söhnen.Weihnachten ohne die beiden kam ihr hohl und freudlos vor. Sie hatte per Computer mit den Jungs gesprochen und ihre Gesichter gesehen, die durch die Position ihrer Laptops irgendwie verzerrt wirkten. Nick wünschte sich sein Lieblingsshampoo und mehr Kontaktlinsen. Charlie war schon so erwachsen, dass er nicht mehr aus der Ferne Sachen geschickt haben wollte. Das war natürlich eine Erleichterung, aber es machte Annie auch traurig. Scheinbar wurden alle erwachsen. Mit Ausnahme von Miranda vielleicht.
    Annie ging ins Bad, blickte in ihren R eisespiegel und zupfte sich hie und da im Gesicht ein paar Haare aus. Dann wanderte sie ins Schlafzimmer, wo Miranda im Bett saß und sehr eingehend etwas in ihrem Laptop betrachtete. Es war kühl im Zimmer, und dieWelt endete vor dem Fenster in der Schwärze der Nacht. Annie trat ans Bett, aber Miranda bewegte den Cursor, die Bilder verschwanden und hinterließen einen neutral blauen Bildschirm.
    Kit Maybank?, dachte Annie. Vielleicht würde der kleine Henry am nächsten Morgen quietschfidel vor der Tür stehen. Miranda und Kit würden spazieren gehen und reden und den Sonnenuntergang bewundern, während der kleine Junge zwischen ihnen ging und ihre Hände verband. Oder auch nicht. Miranda hatte sich Annie nicht anvertraut. Ebenso gut konnte Miranda im Internet einen neuenVerehrer kennen gelernt haben, mit dem sie sich gerade für Mitternacht im Joshua - Tree-Nationalpark verabredet hatte. Und der sich womöglich als Serienmörder erweisen würde. O Gott … Um sich zu beruhigen, betrachtete Annie ihre Schwester, die wohlbehalten auf ihrem Bett saß. Ich frage mich, ob Miranda sich jemals Sorgen um mich macht, dachte sie.
    Am nächstenTag saß Betty in einem bequemen alten Sessel aus den Fünfzigerjahren und versuchte, einen Kriminalroman mit dem Titel Return to Sender zu lesen, den sie in ihrem Zimmer vorgefunden hatte. Das unregelmäßige Schnarchen von Mr. Shpuntov war über ein Babyfon im ganzen Haus zu hören. Es warVormittag und strahlend hell, aber dasWohnzimmer lag dank eines Dachvorsprungs im Schatten und war angenehm dämmrig imVergleich mit dem grellen Licht draußen. Betty fand das Buch entnervend langweilig. Wie die meisten Krimis, dachte Betty. Und wie meine Ehe. Sosehr sie auch über dieses Thema nachgrübelte, stieß sie doch immer wieder nur auf Glück, das auf abrupte und unerklärlicheWeise in Schmerz verwandelt worden war. Sie

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