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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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später legte Lydia die Flasche, der nichts, aber auch wirklich gar nichts von der Verwandlung des Inhalts anzusehen war, an ihren alten Platz zurück.
    »So, i moan, dös langt für den Anfang«, meinte sie kaltblütig. Britta nickte ein wenig beklommen und preßte die Hand gegen ihr wild klopfendes Herz: »An Mordsstunk gibt das, wenn’s aufkommt«, murmelte sie.
    Lydia sah sich im Zimmer des Fräuleins um: »Man könnt ihr zur Nacht noch eine Schachtel mit Reißzwecken auf den Teppich streuen«, sagte sie sinnend, »was glaubst, was die für einen Tanz auf führt, wenn sie drauf tritt.«
    Aber Brittas Tatendrang war gestillt, und sie zog Lydia an der Hand aus Fräulein Zöglings Zimmer hinaus. Unten trat Hellwang pfeifend aus dem Badezimmer. Die Kinder erstarrten zu Bildsäulen und atmeten erst wieder, als er in seinem Zimmer verschwunden war.

ZWISCHENSPIEL

    Fräulein Zögling ließ sich bei Hellwang durch Britta entschuldigen: Sie fühle sich nicht wohl und bäte darum, zum Mittagessen auf ihrem Zimmer bleiben zu dürfen, um Ruhe und Diät zu halten. Kathi trug gerade die Blumenkohlsuppe auf, als Britta Fräulein Zöglings Auftrag ausrichtete.
    »Es wird doch hoffentlich nichts Ernsthaftes sein?« fragte Hellwang einigermaßen beunruhigt. Es geschah zum erstenmal, daß Fräulein Zögling sich entschuldigen ließ und von einer Mahlzeit ausgenommen zu werden wünschte. »Klagte sie über Schmerzen?«
    Britta wußte darauf nichts zu erwidern. Sie glaubte an die Unpäßlichkeit nicht recht. Das Fräulein hatte, als sie ihr die Meldung auftrug, keineswegs einen körperlich leidenden Eindruck gemacht, ihr Leiden schien eher seelischer Natur zu sein — etwas mit den Nerven. Und Britta ahnte sehr wohl, weshalb das Fräulein es >mit den Nerven< hatte. Aber sie hütete sich, darüber zu sprechen.
    »Ach, bitte, Kathi«, sagte Hellwang arglos, »klopfen Sie doch nachher einmal bei Fräulein Zögling an und erkundigen Sie sich, ob sie vielleicht irgendwelche Wünsche hat und ob ich den Arzt anläuten soll. Hat Fräulein Zögling Ihnen denn nichts gesagt, als sie aus der Stadt zurückkam?«
    »Nein!« Die Antwort kam heraus wie ein Pistolenschuß.
    »Also dann laufen Sie doch gleich einmal hinauf und fragen
    Sie nach, ob man für Fräulein Zögling irgend etwas tun kann. Vielleicht mag sie einen Löffel Suppe.«
    Britta und Lydia wagten nicht aufzuschauen. Sie löffelten die Blumenkohlsuppe, die sie sonst nicht ausstehen konnten, mit einer Inbrunst in sich hinein, als könne ihr Eifer das Unheil abwenden, das sie heraufziehen sahen. Kathi stand an der Anrichte. Sie räusperte sich. Es war ein scharfes, nervöses Räuspern, bei dem Hellwang unwillkürlich den Kopf hob und aufmerksam wurde.
    »Vielleicht schicken Sie lieber eins von den Mädln zum Fräulein hinauf, Herr Doktor«, sagte Kathi plötzlich mit heller, lauter Stimme; ihre Haltung hatte irgend etwas Strammes, als lägen ihre Hände an einer unsichtbaren Hosennaht.
    »Nanu, nanu, nanu!« stieß Hellwang bestürzt und ahnungsvoll hervor, »was ist denn los? Was hat denn das zu bedeuten?« Und mit einem etwas kläglichen Versuch, den Humor nicht gleich zu begraben, fügte er hinzu: »Haben Sie sich etwa mit Fräulein Zögling in der Wolle gehabt, Kathi?« — Er entsann sich plötzlich der vorsichtigen Andeutungen, die Fräulein Zögling ihm neulich über ihr Verhältnis zu Kathi gemacht hatte — und denen er leider nur geringe Bedeutung beigemessen hatte. Die Sache schien tatsächlich faul zu stehen. Ach verdammt, weshalb konnten sich die beiden Frauenzimmer nicht vertragen? Weshalb gaben sie keine Ruhe? Weshalb machten sie ihm solch blödsinnige Scherereien?
    Er warf die Serviette auf den Tisch und stand übellaunig auf: »Also los, Kathi, nun stehen Sie nicht da wie ein Stockfisch, sondern reden Sie endlich! Was hat es zwischen Ihnen und Fräulein Zögling gegeben?« — Er sah die ängstlich gespannten Gesichter der Kinder und mochte daran denken, daß diese Dinge wohl besser nicht in ihrer Gegenwart zur Sprache kamen. So forderte er Kathi also auf, ihm ins Nebenzimmer zu folgen, in Luisas hübsches Zimmer mit den schönen Perserbrücken und gemütlichen Polstermöbeln. Und dort baute er sich ärgerlich hinter einem Sessel auf.
    »Also heraus damit, Kathi, und nicht lange gefackelt, weshalb vertragen Sie sich mit Fräulein Zögling nicht?«
    »Ich...?« rief Kathi gekränkt und erstaunt und bekräftigte ihre maßlose Verwunderung über diese Unterstellung noch

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