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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder
Autoren: Horst Biernath
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sie, ohne daß es sehr überzeugend klang, »aber vorläufig habe ich noch ein wenig Angst vor der Verantwortung, die man im Augenblick der Selbständigkeit auf sich nimmt.«
    »Dann bleibe doch bei deinem Chef.«
    »Er hat es mir angeboten — aber das paßt mir auch nicht. Er ist nämlich fünfundfünfzig — und Junggeselle.«
    Hellwang sah sie überrascht an und runzelte die Stirn. Trix lächelte ein wenig verlegen.
    »Das kompliziert die Sache allerdings«, murmelte er.
    Trix erhob sich ein wenig abrupt von ihrem Stuhl: »Auf nach Greiffing!« sagte sie munter, und während Hellwang die kleine Rechnung beglich, holte sie einen Gepäckträger, der ihre Koffer zum Wagen bringen sollte. Hellwang hatte einen Parkplatz vor dem Starnberger Bahnhof gefunden, er belud sich mit den kleinen Koffern und ging, als Trix mit einem Dienstmann zurückkehrte, zum Wagen voran. Später, als der Wagen aus der Holzkirchener Unterführung in die Landsberger Straße einbog, nahm Trix das unterbrochene Gespräch wieder auf.
    »Ich habe ein halbes Dutzend Bewerbungsschreiben losgelassen, nach Hamburg, nach Wiesbaden, und eines sogar nach Traunstein...«
    »Man muß mit Schrot schießen, wenn man einen Treffer landen will«, murmelte er.
    »Ich habe Zeit, auf die Entscheidung zu warten.«
    »Ich werde dir den Daumen halten«, sagte er. Seine Aufmerksamkeit galt der Straße. Hinter ihnen klingelte eine Trambahn, vor ihnen rollte ein Lastzug mit Anhänger, der nach links abbie-gen wollte und den Verkehr blockierte. Hellwang war mit Gangwechseln, Bremsen und Kuppeln voll beschäftigt. Dann gab der Lastzug endlich die Straße frei, und Hellwang konnte kräftiger aufs Gaspedal drücken. Trix stemmte die Füße gegen das Trittbrett: »Fahr langsamer, Konrad«, bat sie, »es ist nicht notwendig, daß du mir zu Ehren jemand auf die Hörner nimmst.« Hellwang glaubte, Luisas Stimme neben sich zu hören. Er nahm den Fuß gehorsam vom Gas und setzte die Fahrt in mäßiger Geschwindigkeit fort. Sie fuhren an den Brauereien vorüber. Es roch nach Malz. Trix schnupperte in den Wind.
    »München!« sagte sie, »ich würde es mit verbundenen Augen erkennen. Nur zwei Städte haben so einen spezifischen Geruch — München und Hamburg.«
    »Dann warst du noch nicht in Essen«, grinste er.
    »Nein, aber ich kann es mir vorstellen. Jedenfalls ist mir Malzgeruch lieber als Ruß.«
    »Mir auch. Übrigens habe ich den ganzen Sommer über darauf gewartet, daß du oder einer von eurer Sippe sich einmal in Greiffing sehen lassen würde.«
    »Ich habe den ganzen Sommer über nicht einen einzigen freien Tag gehabt. Aber wenn ich mich nicht irre, dann hast du Mutters letztes Anerbieten, euch zu besuchen und ein wenig zu helfen, abgelehnt und geschrieben, Kathi mache ihre Sache tadellos. Du schriebst übrigens so merkwürdig unklar, weshalb euch Fräulein Zögling verlassen hat?«
    »Die beiden Weiber konnten sich nicht vertragen«, antwortete er lakonisch. »Die Geschichte endete mit einem Kladderadatsch. »Ich erzähle dir später mehr davon.«
    »Und wie geht es nun — und wie soll es weitergehen?« fragte sie und sah ihn von der Seite an.
    Er zuckte mit den Schultern: »Vorläufig rollt der Karren — und wenn er steckenbleibt, muß man halt weiterschauen.«
    Als der Wagen in die Mozartstraße einbog, standen Kathi und die drei Kinder zum Empfang von Trix am Gartentor, und die Kinder rannten dem Wagen entgegen und winkten Trix zu. Lydia war >mit fürchterlichen Bauchschmerzen von der Schule heimgekommen, die aber wunderbarerweise schon auf dem Heimweg völlig vergangen waren, und es blieb vorläufig Brittas Geheimnis, wie sie es fertiggebracht hatte, in der Geschichtsstunde solch ein heftiges Nasenbluten zu bekommen, daß sie ebenfalls heimgeschickt werden mußte. Die Wiedersehensfreude war grenzenlos. Die Kinder stürzten sich wie ausgehungerte kleine Raubtiere auf Trix und erstickten sie unter ihren wilden Zärtlichkeiten. Es sah gerade so au6, als hätten sie die Absicht, Trix in drei Stücke zu zerreißen, um sich mit je einem Trix-Drittel knurrend in ihre Winkel zu verziehen. Im Verlauf einer Minute erfuhr Trix alles, was sich seit ihrem kurzen Besuch im Frühjahr in Greiffing ereignet hatte. Daß Söhnchen Windpocken gehabt und Britta zum Geburtstag vom Konni ein >bäriges Fahrradl< bekommen hatte, daß Lydias Sparkonto auf vierundzwanzig Mark und achtundsechzig Pfennig angeschwollen war, daß Kathi dreißig Gläser Stachelbeerkompott eingeweckt hatte,
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