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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder
Autoren: Horst Biernath
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daß Oberst Habedanck und Direktor Beyerlein in Feindschaft lebten, weil der Foxl vom Herrn Direktor den Kater Hinz vom Herrn Oberst totgebissen hatte. Leider hatte der Kampf den Foxl das linke Auge gekostet. Und heute gäbe es Kalbsbraten zu Mittag, und zum Kaffee frischen Zwetschgendatschi, den Kathi soeben in den Ofen geschoben hätte...
    Kathi gelang es nur mit Gewalt, den Belagerungsring zu sprengen und die Kinder, die wie Kletten an Trix hingen, mit dem kleinen Gepäck ins Haus zu scheuchen. Trix schüttelte ihr die Hand: »Ja, Kathi, da wär’ ich also...«, aber sie hob dabei ratlos die Schultern, als ob sie fragen wollte, was ihre Anwesenheit für einen Zweck haben sollte und was Kathi sich davon verspräche.
    »Ach, Fräulein Doktor...«
    »Sagen Sie doch wie früher Trix zu mir«, schlug Trix vor.
    »Ach, Fräulein Trix«, sagte Kathi seltsam bewegt und preßte Trix die Hand, »ich bin ja so froh, daß Sie gekommen sind! Es war schlimm in der letzten Zeit, ganz schlimm — ich hab’ schon gefürchtet, daß alles aus den Fugen gehen Würde.«
    In der Garage hob Hellwang die beiden großen Koffer aus dem Gepäckraum des Wagens und winkte Kathi herbei, ihm zu helfen, die Koffer ins Haus zu tragen. Sie schleppten die schweren Gepäckstücke nach oben.
    »So viele Klamotten kann doch ein einzelner Mensch gar nicht haben«, knurrte Hellwang. Kathi fürchtete, er würde beim Anblick der gefüllten Vasen in Zorn geraten. Er duldete es nämlich nicht, daß Blumen geschnitten wurden. Es war der einzige Punkt, dessentwegen er zuweilen mit Luisa in Kriegszustand geraten war. Aber er verlor kein Wort darüber.
    »Na, Kathi«, brummte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »Sie sind ja ganz aufgekratzt und lustig...«
    »Ich freu mich halt, daß wieder a wen’g Leben ins Haus kommt«, antwortete sie, und mit einem kühnen Vorstoß fügte sie hinzu: »Ich mein’, daß Fräulein Trix eine große Freud’ haben tät, wenn Sie daran dächten, mit ihr auch amal ins Thiater zu gehn oder ins Konzert, Herr Doktor.«
    Einen Augenblick lang sah es aus, als ob er sich Belehrungen darüber, wie er seine Gäste zu unterhalten habe, verbitten wolle. Er trommelte in der Hosentasche gegen sein Bein und warf Kathi einen scharfen Blick zu. Theater...warum eigentlich nicht? In der Staatsoper wurde der >Rosenkavalier< in einer Starbesetzung gegeben, und in den Kammerspielen gab es eine sensationelle Aufführung, >Richard III.<, unter der Regie von Fritz Kortner. Wahrscheinlich waren die Theater stets restlos ausverkauft und es würde nötig sein, Karten eine Woche voraus zu bestellen. Wie lange war es her, seit er zum letztenmal im Parkett gesessen hatte? Ein dreiviertel Jahr? Nein, länger als ein Jahr — und er hatte früher mit Luisa keine Aufführung von Bedeutung versäumt, vor allem in den Kammerspielen nicht, die Oper lag ihm — im Gegensatz zu Luisa — weniger.
    »Legen Sie mir nachher die Zeitung auf den Schreibtisch, Kathi«, sagte er und verließ das Zimmer. —
    Beim Mittagessen hatte Britta trübe Augen. Sie aß ohne rechten Appetit, sie ließ sogar von den beiden Ananasscheiben, die es zum Nachtisch gab, eine stehen. Das hatte es noch nie gegeben. Sie klagte über Schluckbeschwerden und Kopfschmerzen. Trix ließ sich den Hals zeigen. Er war entzündet und belegt.
    »Eine leichte Angina«, murmelte Trix.
    »Kein Wunder«, bemerkte Hellwang ärgerlich, »den ganzen lieben, langen Tag treiben sich die Bälger draußen herum. Seit Wochen sehe ich sie nur noch bei den Mahlzeiten. Und der Sommer ist eben vorbei. Abends steigen die Nebel, da hat man eine Erkältung im Handumdrehen weg.«
    »Willst du nicht ins Bett gehen, Britta?« fragte Trix besorgt. Aber ins Bett wollte Britta auf keinen Fall.
    »Wo du grad gekommen bist, Tante Trix!«
    »Aber sag es mir, wenn du dich schlechter fühlst.«
    »Ja, ja, ich sag’s schon.«
    Hellwang erhob sich, um sich eine Zigarre anzuzünden: »Na, Trix, ein Schnäpschen nach dem Essen?«
    Sie tat ihm den Gefallen: »Ja, gern, aber bitte nur einen winzigen Schluck.« Sie kippte den Kognak tapfer hinunter. »Willst du nicht doch lieber den Arzt anläuten, Konrad?« sagte sie, »die Sache gefällt mir nicht besonders...«
    »Ach, Quatsch, wegen jedem Quark gleich den Arzt holen! Ich besinne mich nicht darauf, daß bei uns daheim jemals der Arzt geholt wurde. Als meine Mutter sich einmal einen Häkelhaken in den Daumenballen jagte, stieß Vater ihn vollends durch und zog ihn auf der
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