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Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
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verheimlichen muss, nur damit dein Abenteuer weiter nach Plan verläuft.«
    »Wessen Plan?«
    »Der deiner Freundin – Butterfly.«
    »Butterfly ist tot.«
    »Ja, davon lässt du dich wohl nicht abbringen, obwohl mittlerweile eine ganze Menge Argumente dagegen sprechen. Dabei bist du doch derjenige, der angeblich so toll darin ist, Hinweise zu deuten.«
    »Wann hast du mich belogen? Und welche Sachen hast du mir verheimlicht?«
    Beatrice kam zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. Nur einen. »Na komm. Ich zeige dir den kleinen Baum.«
    »Warum denn jetzt dieser Kuss?«
    »Weil es mir leidtut.«
    Beatrice führte mich um einen Schornstein herum und ein paar Holzstufen hinunter in einen kleinen Garten und einen Moment lang war ich beinahe geblendet vom Grün der Kletterpflanzen dort. Sie deutete auf einen winzigen Bonsai-Baum in einem Topf, der von zwei Backsteinen getragen auf dem Boden stand.
    »So klein wie Brokkoli«, sagte sie und in dem Moment wurde mir bewusst, dass ich sie gern zurückküssen würde. Auf den Mund. Aber ich tat es nicht.
    Ich hockte mich hin und betrachtete das Bäumchen. Es war sehr hübsch. Ich hoffte nur, dass ich es nicht entwurzeln musste, um zu finden, wonach ich suchte. Doch als ich den Topf anhob, klemmte zwischen den beiden Backsteinen darunter ein Blechbehälter. Es war eine altmodische Bonbondose. Mit einiger Mühe bekam ich den Deckel auf und fand neben etwas, das aussah wie zwei selbst gemachte, in durchsichtige Plastikfolie gewickelte Bonbons, einen linierten, zu einem kleinen Viereck zusammengefalteten DIN-A4-Zettel, auf den ein großer 3-D-Buchstabe gemalt war: B .
    Die Nachricht lautete:
    Es gibt nur noch eine Sache für dich zu tun, Ben Constable, einen letzten Schatz zu entdecken, und der ist sehr wertvoll. Du findest ihn unter einem Baum, der junge Schmetterlinge nährt, bevor sie ausgewachsen sind, an einem grünen Ort, wo ich mit so manchem Buch gesessen und mir beim Pflanzen und Unkrautjäten die Hände schmutzig gemacht habe. Das Fleckchen in der Nähe der Jefferson Market Library war von meiner Wohnung aus die nächste Grünfläche und kam einem eigenen Garten so nah wie nichts anderes, das ich je besessen habe. Die Bonbons sind nach einem Rezept entstanden, das mein Kindermädchen mich gelehrt hat: Bittermandel-Toffees. Ich habe sie selbst gemacht. Hoffentlich schmecken sie dir. Natürlich gäbe es noch so, so, so viel mehr zu sagen, zu finden, zu tun. Es war schön, mich mit dir zusammen in den Straßen von Gotham Town zu verlieren. Nichts kommt dem Vergnügen gleich, jemandem die Orte der eigenen Vergangenheit zu zeigen. Ich wünschte, ich könnte die Straßen sehen, in denen du aufgewachsen bist. Aber die Zeit wird knapp und wir haben uns von Randbemerkung zu Randbemerkung gehangelt, während der Eröffnungssatz noch immer unvollendet ist …
    Butterfly.
X X L X X E X X B X X W X X O X X H X X L X X
    Ich drehte den Zettel um und suchte nach mehr, einem PS oder einer letzten Randbemerkung. Doch ich fand nichts. Plötzlich wäre ich am liebsten in Tränen ausgebrochen. Das alles schien auf einmal viel zu schnell zu Ende zu gehen. Als ich fertig war, gab ich die Nachricht an Beatrice weiter. Sie las sie durch, faltete den Zettel zusammen, gab ihn mir zurück und ich steckte ihn wieder in die Dose.
    »So ein Miststück«, meinte Beatrice und ich lachte lauter als beabsichtigt.
    »Meinst du das ernst?«
    »Keine Ahnung. Ich wollte es nur mal sagen.«
    »Willst du ein selbst gemachtes Bonbon?« Ich hielt ihr die Dose hin.
    »Nein. So was esse ich garantiert nicht. Schon gar nicht, wenn deine Freundin Butterfly sie gemacht hat.«
    »Glaubst du, sie würde versuchen, mich umzubringen?«
    »Ich weiß überhaupt nichts mehr. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass du das Zeug da definitiv nicht essen solltest.«
    Nachdenklich klopfte ich mit dem Finger auf den Deckel der Dose. Dann steckte ich sie in meine Tasche. »Sollen wir gehen?«, schlug ich vor.
    »Willst du denn nicht wenigstens kurz die Aussicht von diesem historischen Gebäude genießen? Als Künstler ist das hier doch sozusagen Teil deines kulturellen Erbes.«
    »Nein danke.«
    »Okay.«
    Wir gingen gerade zurück durch die nicht alarmgesicherte Tür, als Beatrice sagte: »Wir sollten die Treppe nehmen, damit du wenigstens einen Eindruck von diesem Gebäude bekommst.«
    »Okay«, willigte ich ein.
    Das Treppenhaus war ganz in Weiß gehalten, bis auf so etwas wie ein

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