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Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition)

Titel: Die drei Leben der Tomomi Ishikawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Constable
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sterben wird, und die kaputte Uhr an der Wand, die mir kostbare Sekunden spart. Ihre Zeiger stehen auf zwanzig nach drei und räumen mir voller Optimismus Zeit ein, um eine letzte Sache zu erledigen. Diese Uhr werde ich vermissen und ich stelle mir gern vor, dass sie auch mich vermissen wird.
    Und während ich diese Worte tippe, wird mir bewusst, wie sehr ich das Schreiben liebe. Natürlich hätte ich meinen Brief auch per Hand verfassen können, damit du mein unleserliches Gekritzel bewundern kannst, außerdem hat das Kratzen einer Feder, die Tinte auf dem Papier verteilt, wirklich eine persönlichere Note, doch während ich vor meinem Computer sitze und die Wörter in stetem Silbenfluss aus mir herausströmen, habe ich das Gefühl, mich im Klicken jedes einzelnen Buchstabens wiederzufinden, und in solchen Momenten bin ich ganz bei mir.
    Vor dem Fenster fällt ein feiner Sprühregen, der die Straßenlaternen mit goldenen Lichthöfen versieht, und ich wünschte, ich wäre draußen und das Wasser durchnässte mein Haar und liefe mir langsam bis zur Nasenspitze, wo ich versuchen würde, den Tropfen wegzupusten oder mir mit dem Ärmel über das Gesicht zu wischen, was einer Dame natürlich nicht unbedingt geziemt, aber ich habe schließlich auch nie behauptet (na gut, bis auf ein Mal), eine zu sein. Paris und der Regen haben ebenfalls einen festen Platz in meiner Schatzkiste der geliebten Dinge.
    Erinnerst du dich an den Tag, als plötzlich der Himmel schwarz wurde und du mich von irgendwo weiter oben, ich glaube, es war Montmartre, anriefst, um mir zu sagen, dass ein Unwetter auf mein Haus zukäme und du den Regen niederprasseln sehen könntest, während die Wolke über die Stadt zog? Am Telefon hast du verkündet, in zwei Minuten würde es anfangen zu regnen, dann in einer, in einer halben, und schließlich hast du von zehn die Sekunden runtergezählt, und als du bei null angelangt warst, hast du gefragt, ob es schon regnet, und ich habe Nein gesagt, aber dann, einen Moment später, brach draußen vor meinem Fenster ein wahrer Wolkenbruch los und du hast wahrscheinlich vor Stolz übers ganze Gesicht gestrahlt oder zumindest habe ich mir das so vorgestellt, denn, seien wir mal ehrlich, jeder hat gern recht. Ich war wirklich beeindruckt.
    Es gibt noch etwas, das ich liebe, etwas ziemlich Außergewöhnliches. Auf der Metrolinie 7bis, zwischen den Haltestellen Buttes-Chaumont und Bolivar, machen die Gleise eine Rechtskurve und nach ungefähr hundert Metern sieht man auf der linken Seite des Tunnels einen Garten. Zugegeben, Garten ist ein bisschen übertrieben; er besteht nämlich nur aus einer einzigen kleinen Pflanze, irgendeinem Unkraut, das sich von oben durchgezwängt hat oder vielleicht in der Mauer unter irgendeiner Lampe gekeimt ist, aber es ist die einzige unterirdisch wachsende Pflanze, die ich kenne. Es gelingt mir nie, sie mir genauer anzusehen, aber sie ist da. Manchmal fahre ich sechsmal mit der Metro hin und her, nur um einen Blick darauf zu erhaschen. Ich liebe die Vorstellung, dass du ein Foto davon machst oder dich vielleicht sogar in der Metrostation versteckst, bis sie schließt, und dich dann in den Tunnel schleichst, um ihre sonnenhungrigen Blätter zu berühren. Das wäre ein richtiges Abenteuer – die Sicherheitsleute würden dich auf ihren Überwachungskameras sehen und sich auf die Jagd nach dir machen und du müsstest fliehen und dir einen Weg durch die Schächte nach draußen suchen und dann würdest du, siegreich, in irgendeiner schummrigen Gasse aus einem Gully kriechen.
    Alles, was ich jetzt noch tun muss, ist auf Drucken zu klicken und diese Seiten in einen Umschlag zu stecken. Und dann, wenn du bei der Arbeit bist, werde ich zu deiner Wohnung gehen und den Brief unter deiner Tür durchschieben. Obwohl es noch so viel mehr zu sagen gäbe; viel, viel mehr. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht muss ich mich einfach damit abfinden, dass der Brief nun fertig ist und das hypnotische Klappern der Tasten verstummen wird, dass unser Gespräch nie beendet werden, der Eröffnungssatz nie einen Abschluss finden wird, und doch wünschte ich, ich könnte diesen Moment noch ein bisschen weiter hinauszögern. Vielleicht, weil ich ein Feigling bin und nicht zu sterben brauche, wenn ich einfach bis in alle Ewigkeit weiterschreibe, doch, um ganz ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, was ich noch schreiben soll. Ich glaube nicht, dass es dich interessiert, wie ich zu meinen beiden Ledersesseln gekommen bin,

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