Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Lichter der kleinen Veronika

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Titel: Die drei Lichter der kleinen Veronika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kyber
Vom Netzwerk:
mir auch nicht denken, daß Veronika viel vom Vater gehabt hätte. Er war so ganz anders als sie. Ich achte gewiß die Verkettungen des Blutes, aber man muß sich auch nicht darüber täuschen, daß sie nur an zweiter Stelle stehn. Die geistige Verwandtschaft ist stärker. Beides trifft selten zusammen. Ich meine das so, daß Veronikas Wesenheit wohl stark mit Regine verbunden ist, aber nur wenig mit dem Vater. Mit ihm hatte Regine ihr Schicksal auszugleichen, nicht das Kind.«
    »Glaubst du das oder weißt du das, Johannes?«
    »In diesem Falle weiß ich es«,, sagte Johannes Wanderer, »wenn Veronika einmal stirbt, wird ihr der Vater als erster nicht begegnen. Sie hat nähere Seelen, drüben, wie hier. Er geht einen ganz anderen Weg als Veronika, und vorläufig scheint es mir, daß dieser Weg kein allzu leichter sein kann. Er stand den geistigen Welten doch gar zu ferne, und es wird lange dauern, bis er sich in sie hineinfindet.«
    »Hast du das gesehen, Johannes? Kann man Tote schauen wie Lebendige?«
    »Das kann man schon tun, Ulla. Tote und Lebende wirken enger zusammen als man denkt, und sie bauen zusammen an dieser und jener Welt. Nur heute, wo wir materieller und erdgebundener geworden sind, scheint uns die Trennung von den Toten so unüberbrückbar. Die alten Kulturen dachten und fühlten noch anders. Ich will gewiß nicht sagen, daß ich viel von diesen Dingen verstehe. Aber siehst du, es ist schon einiges, was ich auf meinen Reisen gelernt habe. Diese Reisen waren Wanderungen, du wirst es verstehen, Ulla, was ich damit meine.«
    Ulla Uhlberg besann sich.
    »So bin ich nicht gereist. Ich kann nicht sagen, daß ich dabei gewandert wäre, leider. Aber ich war ja auch in Italien und du in Asien. Ich kann es mir denken, daß man da vieles lernt und manches anders ansieht als hier.«
    »Ach, das ist das wenigste«, wehrte Johannes ab, »man ist mir darin auch zu Hilfe gekommen. Es muß ja einer dem anderen helfen, Ulla, das Leben ist sehr schwer, wenn man erst darüber nachdenkt und versucht, sich darin zurechtzufinden.« »Genügt dir nun das einfache Leben hier?«
    »Ja, Ulla, ich hoffe, daß ich das ausfüllen kann.«
    »Sage, Johannes, bist du Veronikas wegen wiedergekommen oder um deinen Schwestern zu helfen oder – vielleicht auch aus einem anderen Grunde? Du brachst doch deine Reisen sehr plötzlich ab.«
    »Ich hatte natürlich das Bedürfnis, Regine zu helfen, als der Todesfall eintrat, aber es ist wahr, daß ich eigentlich gerufen wurde, um Veronika behilflich zu sein. Mariechen braucht ja niemand, sie ist so selbstsicher in ihrer Wirtschaft.«
    »Du wurdest gerufen?« fragte Ulla Uhlberg.
    »Ja, Ulla, nicht äußerlich, sondern innerlich. Ich stehe Veronika sehr nahe und muß ihr helfen, es sind das Gesetze aus einer anderen Welt. Auch dem blöden Peter muß ich helfen.«
    »Das ist sehr schön, Johannes, und ich kann es verstehen, daß dir Veronika innerlich nahe ist. Sie ist ein sonderbares Kind, wie du es auch immer warst. Vielleicht liebte ich dich darum gerade besonders. Aber genügt dir das? Kannst du nicht andre Werke schaffen, mit allem, was du kannst und gelernt hast, als den blöden Peter zu unterrichten?«
    »Es wäre ein großes Werk, wenn es mir gelänge, ihm den eingeschlafenen Geist um einiges zu erwecken. Vielleicht ist das verdienstvoller, als große Werke zu schreiben. Du mußt auch nicht über einen Blöden denken, wie die Menschen es tun. Siehst du, wir gehen von Leben zu Leben, und wenn der blöde Peter heute ein gefangener Geist ist, vielleicht war er einmal ein großer Weiser, und er ist aus Erbarmen mit den Blöden in diesem Dasein ein Blöder geworden, um das Leiden der Blöden, ihr Suchen und Finden in all seiner Hilflosigkeit, im Innersten zu erfahren und ihnen in einem künftigen Leben Führer zu sein.«
    Ulla Uhlberg sah voller Erstaunen auf. »Ich könnte das verstehen«, sagte sie langsam, »aber glaubst du es, daß Peter solch ein Weiser war?«
    »Ich will das glauben, Ulla. Es ist zum mindesten besser für meine Mühe an ihm, wenn ich das als möglich annehme. Wer kann das Schicksal von Menschen enträtseln? Das ist sehr schwer, und ich bin kein Meister.«
    »Aber du kanntest einen?« fragte Ulla Uhlberg, »war das in Asien? Erzähle mir bitte davon.«
    »Ich kannte wohl einen, aber es war nicht in Asien. Wie soll ich sagen, wo das war? Das ist gar nicht greifbar, Ulla. Ich habe in Asien gelernt, was Vorbereitung ist, um einen Meister zu sehen, aber den Meister sah

Weitere Kostenlose Bücher