Die drei Musketiere
geführt hatte. Ich war damals im Seminar, und das Abenteuer erschien mir höchst grausam für den König.« – »Was mir kein Hinderungsgrund sein sollte, den Herzog, wenn ich ihn zu finden wüßte, an der Hand zu nehmen und zur Königin zu führen, wär's auch bloß, um den Kardinal zu ärgern; denn unser wirklicher, unser einziger, unser ewiger Feind ist der Kardinal, meine Herren, und wenn wir ein Mittel ausfindig machen könnten, ihm einen recht bösen Streich zu spielen, so setzte ich gern dafür meinen Kopf aufs Spiel.«
»Und der Krämer, d'Artagnan, hat Ihnen gesagt«, erwiderte Athos, »daß die Königin in dem Glauben sei, man habe
Buckingham unter falschem Vorwand herzitiert?« – »Sie befürchtet es.« – »Abwarten, abwarten!« sagte Aramis. – »Und was, bitte?« fragte Porthos. – »Macht was ihr wollt, aber laßt mich besinnen!« – »Und ich bin überzeugt«, sagte d'Artagnan,
»daß die Entführung dieser Kammerfrau der Königin im
Zusammenhang steht mit den Vorgängen, von denen wir reden, vielleicht gar mit der Anwesenheit Buckinghams in Paris.« –
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»Steckt der Gascogner voll Ideen!« rief Porthos voll
Bewunderung. – »Ich höre ihn immer gern«, sagte Athos, »sein Dialekt amüsiert mich. Aber lassen wir Aramis das Wort.«
»Gestern war ich bei einem gelehrten Lizentiaten, dessen Rat ich hin und wieder bei meinen Studien einhole...« – Athos verzog den Mund. – »Er wohnt in einem abgelegenen
Stadtviertel«, fuhr Aramis fort, »wie es Beruf und Neigung bei ihm bedingen. Als ich sein Haus verließ...« – Hier machte Aramis eine Pause. – »Nun?« fragten seine drei Zuhörer gespannt. – Aramis schien es wie einem Lügenbeutel zu gehen, der auf ein unvermutetes Hindernis stößt, aus dem er keinen Ausweg sieht. Aber die Augen seiner drei Kameraden waren starr auf ihn gerichtet, ihre Ohren lauschten gespannt, und es gab kein Zurückweichen mehr.
»Der Lizentiat hat eine Nichte«, begann Aramis wieder. –
»Ah!« machte Porthos. – »Eine sehr anständige Person«, fuhr Aramis fort. – Die drei Freunde verzogen den Mund. – »Wenn Sie lachen oder zweifeln«, rief Aramis, »dann erzähle ich nicht weiter.« – »Wir sind gläubig wie Mohammedaner und stumm wie Gräber«, sagte Athos. – »Also weiter«, sagte Aramis; »die Nichte besucht manchmal ihren Oheim; gestern zufällig zur selben Zeit wie ich, und ich mußte mich erbieten, sie zu ihrem Wagen zu führen.« – »Siehe da«, rief Porthos, zu dessen Fehlern auch eine lose Zunge gehörte, »famose Bekanntschaft, mein Lieber.« – »Porthos, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt,« rief Aramis, »daß Ihre Redseligkeit Sie um allen Kredit bei den Damen bringen muß!« – »Meine Herren«, rief d'Artagnan, der dem Abenteuer schon auf den Grund sah, »möglichst Scherz beiseite! Die Sache wird Ernst. Aramis, fortfahren, bitte!« –
»Plötzlich tritt ein großer, brünetter Mann mit edelmännischen Manieren... halt! einer vom Schlag der Ihrigen, d'Artagnan!« –
»Vielleicht derselbe«, meinte dieser. – »Möglich«, fuhr Aramis fort, »tritt auf mich zu, sage ich, in Begleitung von einem halben Dutzend Kerlen, die etwa zehn Schritt Distanz halten, und redet
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mich mit dem höflichsten Ton der Welt an: ›Herr Herzog – und Sie, Madame‹, wendet er sich zu der Dame, die ich am Arm führte...« – »Zur Lizentiatennichte?« – »Still doch, Porthos!«
rief Athos, »Sie werden unausstehlich!« – »Bitte, fährt der Mann fort, steigen Sie hier ein, ohne Widerstand, ohne Aufsehen!«
»Er hatte Sie für Buckingham gehalten!« rief d'Artagnan. –
»Das glaube ich auch«, sagte Athos. – »Aber die Dame?« fragte Porthos. – »Die hatte er für die Königin gehalten«, sagte d'Artagnan. – »Richtig«, erwiderte Aramis. – »Dieser Gascogner ist der Teufel in Person!« rief Athos, »ihm entgeht nichts.« –
»Die Sache ist die«, sagte Porthos, »daß Aramis tatsächlich etwas von der Figur und Haltung des schönen Herzogs hat; immerhin bliebe aber, scheint mir, die Musketierjacke zu bedenken?« – »Ich trug einen weiten, langen Mantel«, sagte Aramis. – »Im Juli? Sackerment!« rief Porthos. »Dein Lizentiat fürchtet wohl, du möchtest erkannt werden?« – »Daß der Spion sich durch die Haltung täuschen ließ«, sagte Athos, »läßt sich noch verstehen, aber das Gesicht...« – »Ich hatte einen großen Hut auf«, erklärte Aramis.
– »Teufel, soviel
Vorsichtsmaßregeln, um
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