Die drei Musketiere 2
– »Wo, wenn ich bitten darf?« – »Hinter dem Luxembourg, das ist ein allerliebstes Plätzchen für Spaziergänge, wie ich sie Euch vorschlage.« – »Schön, man wird sich einfinden.« – »Zu welcher Stunde?« – »Um sechs Uhr.« – »Ihr habt auch wohl ein paar Freunde?« – »Ich habe drei, die sich eine Ehre daraus machen würden, dasselbe Spiel zu spielen, wie ich.« – »Drei?
Vortrefflich! Wie sich das trifft!« rief d’Artagnan, »das ist gerade meine Zahl.« – »Und nun, wer seid Ihr?« – »Ich bin d’Artagnan, gascognischer Edelmann, diene bei der Leibwache, Kompanie des Monsieur des Essarts. Und Ihr?« – »Ich bin Lord Winter, Baron von Sheffield.« – »Gut, ich bin Euer Diener, mein Monsieur de Baron.«
Und er spornte sein Roß und galoppierte Paris zu. Wie gewöhnlich bei solchen Gelegenheiten, stieg er unmittelbar bei Athos ab. Er fand diesen auf dem Bett liegend, wo er, wie er 16
sagte, wartete, bis ihn seine Ausrüstung aufsuchen würde.
D’Artagnan erzählte Athos, abgesehen von dem Brief an den Comte de Wardes, alles was vorgefallen war. Athos war entzückt, als er erfuhr, daß er sich mit einem Engländer schlagen sollte. Sogleich wurden auch Porthos und Aramis durch die Lakaien von der Lage der Dinge in Kenntnis gesetzt.
D’Artagnan entwarf in aller Stille einen kleinen Plan, von dessen Ausführung wir später hören werden, und der ihm ein anmutiges Abenteuer verhieß, wie man an dem Lächeln sehen konnte, das von Zeit zu Zeit über sein Antlitz flog.
*
Zur bestimmten Stunde begab man sich mit den vier Lakaien hinter dem Luxembourg in ein Gehege, wo Ziegen weideten; Athos gab dem Hirten ein Goldstück, damit er sich entfernte.
Die Lakaien mußten Wache halten. Bald stellten sich auch die Gegner ein, und es fand nach englischem Brauch die
Vorstellung statt, wobei es sich herausstellte, daß die Engländer insgesamt Leute von hohem Stande waren; die sonderbaren Namen ihrer Gegner überraschten sie deshalb nicht nur, sondern sie beunruhigten sie geradezu.
»Aber bei alledem«, sagte Lord Winter, als die drei Freunde sich vorgestellt hatten, »wissen wir noch nicht, wer ihr seid, und wir schlagen uns nicht mit Leuten, die solche Namen führen. So heißen ja Hirten.« – »Es sind auch, wie Ihr wohl vermutet, Mylord«, erwiderte Athos, »angenommene Namen.« – »Umso mehr wünschen wir, die wahren Namen kennenzulernen«, erwiderte der Engländer. – »Auch ohne unsere Namen zu kennen«, versetzte Athos, »habt Ihr so gut mit uns gespielt, daß Ihr uns beide Pferde abgewonnen habt.«
»Das ist wahr, aber wir setzten nur unsere Pistolen aufs Spiel, jetzt geht es um unser Blut. Man spielt mit jedermann, schlägt 17
sich aber nur mit seinesgleichen.« – »Das ist ganz in Ordnung«, meinte Athos und nannte den der vier Engländer, mit welchem er sich schlagen sollte, leise seinen Namen. Porthos und Aramis taten ihrerseits dasselbe.
»Genügt das?« fragte Athos seinen Gegner, »und findet Ihr meine Abkunft vornehm genug, um mir die Ehre zu erweisen, den Degen mit mir zu kreuzen?« – »Ja, Monsieur«, antwortete der Engländer, sich verbeugend. – »Gut! Soll ich Euch nun etwas sagen?« versetzte Athos kalt. – »Was?« fragte der Engländer. – »Ihr hättet besser daran getan, nicht von mir zu fordern, daß ich meinen Namen nenne.« – »Wieso?« – »Weil man mich für tot hält, und ich aus triftigen Gründen wü nschen muß, daß mein Geheimnis bewahrt bleibe; ich werde Euch deshalb töten müssen, um eine Entdeckung zu verhüten.«
Der Engländer schaute Athos an und glaubte, dieser scherze, aber Athos scherzte durchaus nicht.
»Messieurs«, sagte Athos, sich an seine Gefährten und seinen Gegner wendend, »sind wir fertig?« – »Ja«, antworteten alle einstimmig. – »Dann legt aus!«
Und alsbald glänzten acht Degen in den Strahlen der untergehenden Sonne, und rasch begann der Kampf mit einer Erbitterung, die bei dem gegenseitige n Nationalhaß ganz natürlich war.
Athos tötete seinen Gegner zuerst. Er hatte ihm nur einen Stoß beigebracht, aber dieser war, wie er vorhergesehen, tödlich gewesen, der Degen drang durch das Herz. Hierauf streckte Porthos seinen Gegner zu Boden, er hatte ihm den Schenkel durchstoßen. Da ihm der Engländer seinen Degen übergab, so nahm er ihn in seine Arme und trug ihn in seinen Wagen.
Aramis bedrängte seinen Kontrahenten so heftig, daß er ihn, nachdem er ihn fast fünfzig Schritte hinter seine Stellung
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