Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
fiel es ihm ein, an seinen Gurt zu fühlen, ob er auch seinen Brief noch bei sich habe, und als er merkte, daß er ihn verloren, sah er erschrocken ringsumher. Zu seiner Freude lag das Schreiben nicht weit von ihm auf dem Pflaster. Er hob es auf, wischte den Staub davon ab, betrachtete es, entdeckte, daß es geöffnet worden war, schien sich darüber aber keine Gedanken weiter zu machen, steckte es wieder in den Gürtel und ging weiter.
D'Artagnan folgte ihm in einiger Entfernung. Es war seine Absicht, eine Viertelstunde nach Ablieferung des Briefes bei Porthos zu erscheinen.
Der Türhüter machte Schwierigkeiten, doch als der Chevalier seinen Titel, »Generalkapitän der königlichen Musketiere«, nannte, siegte bei dem Lakai der Respekt des ehemaligen Soldaten über die Bedenklichkeit des gewissenhaften Dieners, und er ließ den Chevalier eintreten. Man wies ihn in einen entlegenen Teil des Palastes, und auf dem Wege dorthin hatte der Kapitän Gelegenheit, die wahrhaft königliche Einrichtung dieses Hauses zu bewundern. Es war ihm, als sei er in einem Feenschlosse, und der Gedanke, daß Porthos in einem solchen Eden wohne, flößte ihm eine höhere Meinung von seinem ehemaligen Waffenbruder ein; man sieht, selbst große Geister lassen sich von äußeren Eindrücken beherrschen.
D'Artagnan wurde in einen Salon geführt und brauchte nicht lange zu warten. Gleich darauf dröhnte derBoden des Nebenzimmers unter den wohlbekannten Tritten, die Tür wurde aufgestoßen, und Porthos, der Riese, warf sich mit einer gewissen Verlegenheit, die ihn ganz gut kleidete, in die Arme seines Freundes.
»Sie hier?« rief er. – »Und Sie hier?« antwortete der Gaskogner, »o, Sie Heimlichtuer!« – »Ja, Sie Wundern sich, mich in Herrn Fouquets Hause zu finden, nicht wahr?« versetzte der Baron lächelnd. – »Keineswegs! Weshalb sollten Sie nicht ein Freund des Herrn Fouquet sein?« entgegnete der Chevalier. »Herr Fouquet hat ja viele Freunde, namentlich unter den geistreichen Leuten.« – Porthos war jedoch so bescheiden, das Kompliment nicht auf sich zu beziehen. – »Nun ja, Sie haben mich ja in Belle-Ile gesehen,« sagte er. »Es ist wahr, ich kenne Herrn Fouquet.« – »Sie haben unverantwortlich gegen mich gehandelt, lieber Freund,« erklärte der Chevalier. »Ich war in Belle-Ile, und Sie wissen, ich stehe in königlichen Diensten. Ahnten Sie denn nicht, daß der König den verdienstvollen Mann, der den Bau dieser allgemein gelobten Befestigungen leitete, kennen zu lernen wünscht, daß der König mich abgeschickt hatte, um zu ermitteln, wer dieser Mann sei?« – »Wie? deshalb hatte der König Sie abgeschickt? Wenn ich das gewußt hätte!« rief Porthos. – »Dann hätten Sie nicht von Vannes Reißaus genommen, nicht wahr?« – »Jawohl. Aber was dachten Sie denn, als Sie mich nicht mehr fanden?«
»Ich habe die Wahrheit erraten,« antwortete d'Artagnan. »Ich dachte mir, Fouquet wolle es geheim halten, daß er Belle-Ile befestigen lasse, weil er dem König damit eine Ueberraschung bereiten wollte. Der Beweis dafür ist: Fouquet hat dem König die Besitzung zum Geschenk gemacht. Ja, ich war selbst dabei, wie eres dem König anbot. Und er hat zu ihm gesagt: ›Ein guter Freund von mir hat den Bau der Befestigungen geleitet: Herr du Vallon, Baron von Bracieux und Pierrefonds.‹–›Schön,‹ antwortete der König, ›stellen Sie mir diesen Mann vor.‹« – »Das hat der König geantwortet?« rief Porthos. – »So wahr ich d'Artagnan heiße!« – »Aber warum hat man mich dann nicht vorgestellt?« rief der Riese. »Man hat wohl davon gesprochen, aber noch heute warte ich darauf.«
»O, warten Sie nur getrost, der Tag wird ja wohl noch kommen,« meinte der Gaskogner spöttisch. »Uebrigens habe ich gehört, daß Sie in den ersten Tagen nach Ihrer Ankunft –« – »Mich nicht recht bewegen konnte, ja, das stimmt,« fiel Porthos ein. – »Wie? Sie konnten sich nicht bewegen? weshalb das?« fragte der Chevalier lächelnd. – »Nun ja,« versetzte Porthos, der nun einsah, daß er eine Dummheit gesagt hatte, »ich war auf schlechten Pferden hierher geritten.« – »Das dachte ich mir,« erwiderte d'Artagnan, »denn ich ritt hinter Ihnen her und fand sieben oder acht totgerittene Pferde auf der Landstraße.« –»Sie wissen, ich bin sehr schwer,« sagte Porthos. »Der Ritt hat mich kaputt gemacht. Nun, Fouquet schickte mir seinen Arzt, und ich war bald wieder wohl. Als ich mich das erste Mal wieder
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