Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Schoße.
»Ha, du Sybarit!« rief d'Artagnan, »jetzt begreife ich, weshalb du so oft von deinem Laden abwesend warst!«
»Bravo, Planchet, bravo!« fügte Porthos mit Donnerstimme hinzu. – Bei diesem Lärm setzte die Katze mit weitem Sprunge von ihrem warmen Plätzchen herab, und die Frau sprang auf, rieb sich die Augen und begrüßte die Herren mit einem freundlichen Lächeln. – »Erlauben Sie mir, Trudchen,« sagte Planchet, »Ihnen hier den Herrn Chevalier d'Artagnan und den Herrn Baron du Vallon, Bracieux und Pierrefonds vorzustellen.« – Porthos machte eine Verbeugung, mit der Anna von Oesterreich, die doch sehr viel auf Galanterie hielt, zufrieden gewesen wäre. D'Artagnan ergriff ihre Hand und verneigte sich mit ritterlichem Anstande. Planchet aber nahm sie in die Arme und gab ihr einen herzhaften Kuß.
»Das lasse ich mir gefallen,« sagte d'Artagnan, »Freund Planchet weiß sich das Leben zu verschönern.«
»Liebe Freundin,« sagte Planchet zu seiner Haushälterin, »ich habe Ihnen schon oft von diesen beiden Helden erzählt. Sorgen Sie dafür, daß sie hier bewirtet werden, wie es ihnen zukommt.« – »Es soll an nichts fehlen,« sagte die Frau mit merklich niederländischem Akzent. »Wo aber sind die beiden andern, die in Ihren Erzählungen die gleiche Rolle spielten wie diese zwei Herren?«
»Madame ist eine Holländerin?« fragte d'Artagnan.– »Ich bin aus Antwerpen,« erwiderte sie. – »Und sie heißt Frau Gechter,« setzte Planchet hinzu. – »Aber du nennst Madame nicht so?« – »Nein, ich nenne sie Trudchen.« – »Ein lieblicher Name!« – »Trudchen ist mit zweitausend Gulden aus Antwerpen hierhergekommen,« erklärte Planchet. »Sie war vor einem Haustyrannen geflüchtet, der sie mißhandelte. Da ich aus der Picardie bin, so habe ich die Artesierinnen immer gern gehabt. Von Artois nach Flandern ist ja nur ein Katzensprung. Sie suchte Schutz bei ihrem Vetter, meinem Vorgänger in der Lombardstraße und legte dann ihre zweitausend Gulden bei mir an. Ich habe das Geld arbeiten lassen so daß es inzwischen schon zehntausend Gulden geworden sind. Sie ist nun frei und vermögend, hat hier eine Kuh, eine Magd und den alten Bauer zur Dienerschaft, spinnt für mich Leinwand, strickt meine Strümpfe und sieht mich nur alle vierzehn Tage bei sich. Und dabei scheint sie sich sehr glücklich zu fühlen.«
»Ja, ich bin glücklich,« antwortete Trudchen lächelnd.
Porthos drehte in sehr verdächtiger Weise an seinem Schnurrbart herum. Trudchen schien ihm gar sehr zu gefallen. Die Haushälterin aber eilte hinweg und trieb ihre Magd und ihren Bauer an, so daß in erfreulich kurzer Zeit ein Souper hergestellt war, das selbst den anspruchsvollen Porthos befriedigte. Dazu gab es Wein aus Planchets Keller, der unerschöpflich schien wie sein Laden in Paris. Ueber den Flaschen erzählten die drei sich die Kriegsabenteuer längst vergangener Zeiten. In ziemlich schwüler Stimmung trennten sie sich schließlich, um zur Ruhe zu gehen.
Am andern Morgen sahen sie sich erst richtig um, guckten sich das Haus, den Garten und die Umgebungan und kamen dabei auch auf den Friedhof zu sprechen, den sie eben aus dem Fenster betrachteten, als der melancholische Gesang einer Beerdigung zu ihnen heraufscholl.
»Das ist nicht sehr heiter, Freund Planchet,« sagte d'Artagnan, »mich dünkt, du wirst hier sehr oft an die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert.« – »Das ist wahr,« antwortete Planchet, »aber es soll sehr gut sein, wenn der Mensch sich mit dem Gedanken an den Tod befreundet. Dies ist übrigens ein Begräbnis der niedrigsten Klasse,« setzte er hinzu, die Nase rümpfend. »Es ist nur der Chorknabe, der Meßner und ein Priester dabei. Wen tragen sie da zur Gruft, Trudchen?«
»Es soll ein armer Franziskaner-Mönch sein, der im Gasthause verstorben ist,« antwortete die Haushälterin. – »Es ist nicht der Mühe wert, sich das anzusehen,« meinte Planchet. – Allein d'Artagnan ging nicht vom Fenster weg, sondern sah mit großem Interesse zu.
Hinter der Bahre, die zwei Männer trugen, schritt ein einzelner Mann, in einen Mantel gehüllt, den er sich über das Gesicht gezogen hatte, als wünschte er von den Trägern und dem Totengräber nicht gesehen zu werden. Das Grab wurde zugeschüttet, die Leute zerstreuten sich, der Vermummte ließ sie gehen und warf dann die Kapuze zurück.
»Potzblitz!« rief d'Artagnan, »das ist ja Aramis!«
Er hatte recht gesehen. Es war der Bischof von Vannes,
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