Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Blick nicht von mir ab, Sie gehören nicht zu den Männern, die eine Frau verachten, weil sie einem andern ihr Herz schenkt. Nein, wenn auch meine Liebe zu jenem andern Sie unglücklich macht und Ihren Stolz verletzt,so werden Sie mich doch nicht verachten.« – Rudolf gab keine Antwort. »Ach, es ist nur zu wahr,« fuhr die Lavallière fort, »meine Sache steht schlecht, ich weiß nicht, wie ich beginnen soll. Ich werde Ihnen ganz einfach erzählen, wie es mir ergangen ist. Ich werde mich streng an die Wahrheit halten und so am besten alle Hindernisse, alles Dunkle überwinden, das sich mir dabei in den Weg stellen wird.« – Sie verstummte abermals, und Rudolf schwieg noch immer.
»O, ermutigen Sie mich doch durch ein einziges Wort!« Doch Bragelonne beharrte in seinem Schweigen, und Luise mußte fortfahren. »Herr von Saint-Aignan ist eben im Auftrag des Königs zu mir gekommen und hat mir gesagt –« dabei schlug sie die Augen nieder – »Sie wüßten alles und zürnten mir, wie es ja wohl auch nicht anders sein kann.« – Rudolf sah das junge Mädchen an – ein verächtliches Lächeln auf den Lippen. – »O, Rudolf, hegen Sie kein anderes Gefühl gegen mich als diesen Zorn!« rief sie aus. »Lassen Sie mich zu Ende sprechen! Fürs erste bitte ich Sie, den großherzigsten und edelsten der Männer, um Verzeihung! Wenn ich Sie auch nicht wissen ließ, was in mir vorging, so war es doch nicht meine Absicht, Sie zu hintergehen. O, Rudolf, ich bitte Sie auf den Knien, antworten Sie mir doch – und müßten Sie mich beleidigen! Lieber ein zorniges Wort als dieses verächtliche Lächeln!«
»So fein Sie auch die Worte spalten, Fräulein,« versetzte Rudolf, sich zur Ruhe zwingend, »ein Betrug bleibt eine Schlechtigkeit, deren ich Sie nicht fähig gehalten hätte.« – »Mein Herr, ich war lange Zeit des Glaubens, nur Sie zu lieben, und solange dieser Glaube währte, habe ich auch erklärt, ich liebte Sie. Der Königkam nach Blois – und noch glaubte ich daran. Ich hatte es am Altar beschwören können. Dann aber kam ein Tag, der mir die Augen öffnete.« – »Und an demselben Tage, Fräulein, hätten Sie auch mir die Augen öffnen sollen, wenn Sie ehrlich handeln wollten.« – »An diesem Tage, da ich auf den Grund meines Herzens blickte, da ich eine andere Zukunft vor mir sah und erkannte, daß Sie mir nicht genügen würden, an diesem Tage waren Sie nicht bei mir.« – »Sie hätten schreiben können.« – »Das wagte ich nicht. Ich wußte, wie sehr Sie mich liebten, und zitterte bei dem Gedanken an den Schmerz, den ich Ihnen bereiten würde. Ach, Rudolf, diese Liebe schlug über mir zusammen wie ein Flammenmeer – ich gehörte mir selbst kaum noch – alle meine Gedanken, alle meine Gefühle waren wie ein Feuerbrand. Ich wußte mir selbst keinen Rat. Es ist ja meine einzige Entschuldigung, daß ich diesen andern mehr liebe als mein Leben, mehr als Gott! Verzeihen Sie mir oder zürnen Sie mir in Ewigkeit! Ich kam nicht hierher, mich zu verteidigen, sondern um Ihnen zu sagen: Sie wissen ja, was lieben heißt, nun, und ich liebe jenen andern so, daß ich ihm Leib und Seele opfere! Wenn er einmal aufhört, mich zu lieben, dann wird der Schmerz mich töten!«
»Gut,« versetzte Bragelonne, »Sie haben mir alles gesagt, was Sie mir zu sagen hatten – mehr noch, als ich zu erfahren wünschen konnte. Und nun bitte ich Sie um Vergebung, daß ich ein Hindernis in Ihrem Leben war, daß ich nicht nur mich selbst täuschte, sondern auch Sie veranlaßte, sich zu täuschen. Ich hätte klarer sehen sollen, da ich das Leben schon besser kannte als Sie. Auch ich kann zu meiner Entschuldigung nur meine große Liebe anführen. Luise, ich liebte Sie so innig, daß ichmein Blut tropfenweis für Sie hätte hingeben können, meinen Leib stückweis für Sie zum Opfer hätte bringen mögen. Ich liebte Sie so sehr, daß die Enttäuschung nun mein Herz zermalmt, allen Glauben in mir tötet. Mir ist, als sei ich blind geworden, Luise – die Nacht der Verzweiflung ist um mich her. Sie haben aus mir den unglücklichsten, den letzten der Menschen gemacht. Und nun – Gott befohlen!«
»Nicht, eh' Sie mir sagen, daß Sie mir verzeihen!«
»Habe ich es nicht schon getan?« rief er, die Hände vors Gesicht schlagend. »Ich sage Ihnen doch, ich kann nicht anders als Sie allezeit liebbehalten! Und Ihnen das sagen, Luise, Ihnen das in einem solchen Moment sagen, das heißt mein Todesurteil sprechen. Gott befohlen! Wir dürfen in
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