Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Befehls den Mann nicht verhaften, der mich beschimpft hat?« – »Ich war dazu fest entschlossen,« antwortete d'Artagnan. »Ich machte ihm den Vorschlag, ein Pferd zu besteigen, das ich für ihn bereitgestellt hatte, nach Havre zu reiten und sich nach England zu begeben.«
»Das ist Verrat, Kapitän!« rief Ludwig mit blitzenden Augen. – »Nichts anderes, Sire!« erwiderte der Musketier ganz gelassen. – Der König faßte sich; mit übermenschlicher Gewalt bezwang er seine lodernde Wut und sprach: »Sie müssen dazu zum mindesten einen Beweggrundgehabt haben.« – »Ich habe immer einen Grund, Sire,« versetzte d'Artagnan. – »Und der Grund der Freundschaft allein wäre hier keine Entschuldigung, denn ich stellte es Ihnen frei, von dem Befehl zurückzutreten.« – »Jawohl, Sire, aber Sie sagten, wenn ich es nicht machen wollte, so würden Sie Ihren Gardekapitän schicken – na, und der Gardekapitän hätte meinem Freunde doch gewiß nicht die Möglichkeit gelassen zu entfliehen.«
»Da sieht man Ihre Ergebenheit, Mann! Eine Treue mit Hintergedanken! Sie sind kein Soldat, Herr!«
»Wollen mir Majestät sagen, was ich bin?« – »Sie sind ein Frondeur!« rief Ludwig außer sich. – »Es gibt ja keine Fronde mehr,« antwortete der Gaskogner.
»Wenn aber das, was Sie sagen, wahr ist,« begann der König. – »Was ich sage, ist immer wahr,« unterbrach ihn der Chevalier. »Und ich sage hiermit: Graf de la Fère ist in der Bastille –« – »Und kam nicht durch Sie dorthin, wie mir scheint.« – »Das ist beinahe so, jawohl; aber kurz und gut, er befindet sich dort, und es ist vielleicht wichtig, daß Eure Majestät das wissen.«
»Ha, Herr d'Artagnan, Sie verhöhnen Ihren König?« – »Im Gegenteil, ich komme, um gleichfalls um meine Verhaftung zu bitten. Mein Freund langweilt sich in der Bastille, und ich bitte Eure Majestät, lassen Sie mich ihm Gesellschaft leisten. Eure Majestät brauchen nur ein Wort zu sprechen, und ich verhafte mich selbst; es bedarf dazu nicht des Gardekapitäns, dessen können Sie versichert sein.«
Der König stürzte zum Tische und ergriff die Feder. »Geben Sie acht, daß das nicht auf Lebenszeit ist!« schrieer. – »Darauf rechne ich eben,« erwiderte der Musketier. »Denn wenn Sie diese Absicht wirklich vollführt haben, werden Sie sich nie mehr getrauen, mir ins Gesicht zu sehen.« – Der König schleuderte die Feder weg und schrie: »Hinaus mit Ihnen!« – »Sire, nicht doch!« sagte d'Artagnan noch immer ganz ruhig, »ich kam, um in aller Güte mit Ihnen zu sprechen, Majestät geraten aber in Hitze, das ist schade; doch wird es mich nicht abhalten, Ihnen zu sagen, was ich zu sagen habe.« – »Ich entlasse Sie, mein Herr, ich entlasse Sie!« rief Ludwig.
»Sie wissen, Sire,« entgegnete der Chevalier, »daran liegt mir wenig, ich habe Sie schon einmal darum gebeten, als Eure Majestät in Blois dem unglücklichen König von England die Million ausschlugen, die ihm nachher mein Freund, der Graf de la Fère, gegeben hat. Sire, um meine Entlassung handelt es sich nicht. Eure Majestät hatten die Feder ergriffen, um mich zur Bastille zu verdammen. Warum änderten Sie Ihren Entschluß?«
»D'Artagnan, starrsinniger Gaskogner,« rief Ludwig, »wer ist König, Sie oder ich?« – »Sie, leider –« – »Was? Leider?« – »Ja, Majestät, denn wenn ich es wäre –« – »So würden Sie diese Rebellion des Herrn d'Artagnan ruhig hinnehmen –« sagte der König, die Achseln zuckend. – »Gewiß, Majestät, und ich würde den Kapitän meiner Musketiere mit den Augen eines Menschen, nicht mit zwei glühenden Kohlen anschauen und zu ihm sprechen: D'Artagnan, ich habe vergessen, daß ich der König bin. Ich habe meinen Thron verlassen und einen Edelmann beschimpft –« – »Herr! glauben Sie Ihrem Freund zu nützen, indem Sie seine Unverschämtheit überbieten?« rief der König.
»Ja, ich werde noch weiter gehen als er,« antwortete der Musketier, »und das wird Ihre eigene Schuld sein. Ich werde Ihnen das sagen, was de la Fère, dieser zartfühlendste aller Männer, nicht gesagt hat, nämlich folgendes: Sire, Sie haben seinen Sohn umgebracht, er hat seinen Sohn verteidigt; damit haben Sie auch ihn selbst zugrunde gerichtet. Er sprach im Namen der Ehre, der Religion, der Tugend; Sie haben ihn zurückgestoßen und gefangengesetzt! – Ja, ich werde noch härter sein und zu Ihnen sprechen: Sire, wählen Sie, wollen Sie Freunde oder Knechte, Soldaten oder
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