Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
durcheinandergestoßenen Kissen und Laken redeten eine deutliche Sprache, schilderten allein eindringlich genug den Kampf, der in der Stille des Kellers stattgefunden hatte.
»Nun trete ich meinem Schicksal gegenüber,« sprach er vor sich hin. »Wird es schrecklicher sein als die Gefangenschaft? Der König hat auf diesem Bett geruht – nun soll ich mich darauf ausstrecken. Doch was zaudere ich? Es ist ja ein Platz, der mir gebührt, um den mich die Mutter und der Bruder betrogen haben! Philipp, alleiniger König von Frankreich, das Wappen, das diese Tücher ziert, gebührt dir! Habe kein Mitleid mit dem Usurpator, der selbst in diesem Augenblicke keine Gewissensbisse wegen der Leiden fühlt, zu denen er dich verurteilte!«
Mit diesen Worten legte er sich in das Bett, und als er den Kopf zurücklehnte, erblickte er über sich die Königskrone, die von einem Engel mit goldenen Flügeln gehalten wurde. Aber Philipp konnte nicht schlafen. Gespannt horchte er auf jedes Geräusch, und immer wieder fragte er sich, ob seine Kraft, seine Geschicklichkeit, seine Geistesgegenwart ausreichen würden, das Werk zum glücklichen Ausgang zu führen.
Gegen Morgen glitt ein Schatten in das Gemach. Philipp erwartete diesen Mann und erschrak nicht über sein Kommen. – »Nun, Herr d'Herblay?« – »Es ist geschehen, Sire.« – »Wie hat er's getragen?« – »Er schrie und sträubte sich, tobte wie ein Rasender und versank dann in todesähnliche Erstarrung.« – »Ahnt der Gouverneur der Bastille etwas?« – »Nichts. Die völlige Aehnlichkeit läßt ihn alles glauben, was ich ihm sagte.«
»Aber der Gefangene wird selbst sprechen, bedenkenSie das wohl.« – »Ist auch bedacht. Nach einigen Tagen werden Sie ihn außer Landes schaffen lassen, werden ihn so weit wegschicken –« – »Sei es noch so weit, d'Herblay, man kann zurückkehren!« – »Wir werden ein Land aussuchen, in welchem es ihm zur Rückkehr an den materiellen und an den leiblichen Kräften fehlen soll.«
»Und Herr du Vallon?« – »Den stelle ich Ihnen heute vor. Er wird Ihnen Glück wünschen zu der Befreiung von dem verwegenen Usurpator.« – »Ich werde ihn zum Herzog machen.« – »Ja, zum Herzog,« sprach Aramis mit seltsamen Lächeln. »Sehr weise, Majestät. Sie sehen voraus, daß dieser Porthos auf die Dauer ein lästiger Zeuge werden könnte, und deshalb töten Sie ihn.« – »Wie? ich töte ihn?« – »Ja, indem Sie ihn zum Herzog machen. Der Schlag wird ihn vor Freude treffen.« – »Mein Gott!« stammelte Philipp. – »Ich werde dabei einen wackern Freund verlieren,« setzte Aramis phlegmatisch hinzu.
In diesem Augenblick hörte d'Herblay ein Geräusch.
»Der Tag bricht an, Sire,« sagte er. »Ehe Sie sich gestern zu Bette legten, hatten Sie sich vorgenommen, über Nacht einen Entschluß zu fassen.« – »Ich habe dem Kapitän meiner Musketiere gesagt, ich erwarte ihn am Morgen,« antwortete Philipp. – »Ich höre Tritte im Vorsaal,« sagte Aramis. »Wenn Sie ihn herbestellt haben, so ist er es, der da kommt.« – »So fangen wir an,« sprach Philipp entschlossen.
»Vorsicht!« rief Aramis. »Es wäre töricht, mit d'Artagnan anzufangen. Er weiß nichts, er ahnt nichts – aber wenn er an diesem Morgen zuerst eintritt, so wird er wittern, daß etwas vorgegangen ist.« – »Wie soll ich ihn aber zurückweisen?« fragte Philipp.« »Er ist bestellt.– »Das nehme ich auf mich,« antwortete der Bischof. »Zunächst will ich einen Streich führen, der ihn ein wenig betäuben soll.« – »So tun Sie das,« sagte der Prinz lebhaft, denn er wollte des Wartens und Bangens ein Ende machen.
Der Kapitän der Musketiere reckte sich in seinem Lehnstuhl in die Höhe, wusch sich in Fouquets Toilette, bürstete Wams und Hut ab, schnallte den Degen um und war bereit, sich auf den Weg zu machen. – »Sie gehen fort?« – »Ja, Monseigneur, und Sie?« – »Ich bleibe.« – »Auf Ihr Wort?« – »Auf Ehrenwort.« – »Gut. Ich gehe auch nur, um Ihnen die bewußte Antwort zu holen.« – »Die Verurteilung, wollen Sie sagen.« – »Wissen Sie, ich habe etwas von einem alten Römer,« sagte d'Artagnan. »Ich glaube an das, was mir mein Degen prophezeit. Heute morgen blieb er nirgends hängen und rutschte ganz glatt ins Wehrgehänge. Nein, nein, Herr Fouquet, das beruht auf jahrelangen Beobachtungen. Immer, wenn der Degen an meinem Rücken hängen blieb, so wurde mir von Mazarin eine Zahlung verweigert. Wenn er sich im Wehrgehänge verfing,
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