Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
zu dem nicht minder erstaunten Fouquet, »der König läßt Ihnen sagen, er sei mehr als je Ihr Freund, und Ihr schönes Fest hat ihn entzückt.« – Er verneigte sich vor Fouquet und schwieg. Der Oberintendant sah ihn fest an und vermochte nicht zu antworten.
D'Artagnan erriet, die beiden Männer hatten sich etwas zu sagen. Er machte ihnen eine flüchtige Verbeugung und ging. Fouquet eilte hinter ihm zur Tür, schloß ab und rief: »D'Herblay, erklären Sie mir, was vorgeht. Ich verstehe nichts von dem allen. Wie kommt es, daß der König mich in Freiheit setzt?« – »Sie hätten mich vielmehr fragen sollen, warum er Sie verhaften ließ,« antwortete Aramis. – »Es war ein wenig Eifersucht im Spiele, glaube ich,« sprach der Minister. – »Ja und mehr,« erwiderte d'Herblay. »Erinnern Sie sich jener Briefe und Quittungen von Herrn Mazarin, die einen gewissen Betrag von 13 Millionen betreffen? ErinnernSie sich des Briefes, den Sie an die Lavallière geschrieben haben?«
»Weh mir!« rief Fouquet. »Da bin ich für den König ein Dieb und ein Verräter? Doch um so wunderbarer, daß er mir vergeben hat.« – »Wir sind noch bei der Begründung der Verhaftung,« fuhr Aramis fort. »Der König weiß also, daß Sie an einer Unterschlagung von Staatsgeldern mitschuldig sind. Pardon, ich weiß sehr wohl, Sie haben nicht das Mindeste veruntreut, allein der König hat die Quittung nicht gesehen und muß Sie also für schuldig halten. Ferner hat der König Ihren Liebesbrief gelesen und kann nicht daran zweifeln, daß Sie Absichten auf sein Schätzchen gehabt haben. Aus diesen zwei Gründen steht Ihnen der König als unversöhnlicher Todfeind gegenüber. Er hat unwiderruflich mit Ihnen gebrochen.«
»Aber jetzt gibt er mich doch frei,« rief Fouquet. – »Glauben Sie denn das wirklich?« fragte der Bischof kalt. – »Ohne an eine plötzliche Freundschaft des Königs zu glauben, glaube ich doch an die Wahrheit der Tatsache,« antwortete der Minister. – Aramis zuckte die Achseln. – »Warum sollte Ihnen Ludwig XIV. aufgetragen haben, mir zu sagen, was d'Artagnan eben mitangehört hat?« – »Der König hat mir gar nichts für Sie aufgetragen,« sagte Aramis, und er sprach diese Worte in so seltsamem Tone, daß Fouquet zusammenfuhr.
»Sie verheimlichen mir etwas, d'Herblay,« rief er. Aramis streichelte sein Kinn mit den weißen Fingern. – »Verhehlen Sie mir nichts, d'Herblay, Sie machen mir Angst!« stieß Fouquet hervor. »Bin ich noch immer Oberintendant?« – »Solange Sie wollen,« antworteteAramis ruhig. – »Wer welche seltsame Herrschaft haben Sie über Seine Majestät erlangt?« rief der Minister. »Sie scheinen Sie nach Ihrem Gefallen auszunützen.«
»Allerdings.«
»D'Herblay, ich beschwöre Sie bei unserer Freundschaft! Sagen Sie mir, wodurch Sie bei Ludwig XIV. soweit gekommen sind? Ich weiß, er war Ihnen nicht hold.« – »Er wird mich jetzt lieben,« antwortete Aramis, das letzte Wort betonend. – »Was ist das für ein Geheimnis?« entgegnete der Oberintendant. »Reden Sie!« – »Sie haben es erraten, Monseigneur,« antwortete d'Herblay. »Es handelt sich um ein Geheimnis. Dieses Geheimnis ist in meinem Besitz, und es ist so wichtig, so schwerwiegend, daß es mir Macht über den König gibt. Erinnern Sie sich,« fragte er, die Augen niederschlagend, »der Geburt Ludwigs XIV?« –. »Wie heute,« antwortete Fouquet. – »Und haben Sie je über diese Geburt etwas Besonderes reden hören?« – »Nein.« – »So hören Sie!« sprach Aramis. »Die Königin hat an diesem Abend nicht ein Kind, sondern zwei geboren. Ludwig XIII. war abergläubisch und fürchtete, zwei gleichberechtigte Kinder könnten einmal in Streit um den Thron geraten und ihr Land ins Verderben stürzen. Er ließ die Geburt des zweiten Kindes verheimlichen. Die beiden Zwillinge wuchsen heran: der eine kam auf den Thron – der andere blieb verborgen und unbekannt. Sie sind der Minister des einen – ich bin der Freund des andern.«
»Mein Gott, was sagen Sie mir da, Herr d'Herblay?« rief der Minister. »Und was geschah mit jenem armen Prinzen?« – »Erst wurde er heimlich auf dem Lande erzogen, und dann brachte man ihn in dieBastille.« – »Und weiß seine Mutier darum?« – »Anna von Oesterreich weiß das alles.« – »Und der König?« – »Er weiß nichts. Dieser bedauernswerteste Prinz war der unglücklichste unter den Menschen, bis Gott ihm zu Hilfe kam und ihm Freunde schuf, ihm eine Stütze gab,
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