Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
verzogen war, nickte er zum Zeichen der Zufriedenheit. Sie wechselten beide einen Blick und fühlten, daß sie sich verstanden hatten.
»Und wo ist d'Herblay?« fragte Fouquet. – »Er muß ein Freund nächtlicher Spaziergänge sein, denn er ist nicht auf seinem Zimmer,« antwortete d'Artagnan. – »Er ist nicht auf seinem Zimmer?« rief Fouquet, und seine letzte Hoffnung sank, denn er glaubte, daß ihm nur noch von seiten des Bischofs Hilfe kommen könne. – »Herr Fouquet, ich habe in meinem Leben viele Male bei Verhaftungen zugesehen,« sprach d'Artagnan, »zum Beispiel bei der des Prinzen Condé, des Herrn von Retz, des Herrn Broussel. Sie gleichen in diesem Moment dem letzteren, der – verzeihen Sie mir das Wort – ein recht gutmütiges Schaf war. Es fehlt nur noch, daß Sie Ihre Serviette in die Brieftasche stecken und sich mit Ihren Papieren den Mund abwischen. Wetter nochmal, Herr Fouquet! ein Mann wie Sie soll nicht so niedergeschlagen sein. Wenn Ihre Freunde Sie sähen –«
»Herr d'Artagnan,« antwortete Fouquet mit traurigem Lächeln, »eben weil mich meine Freunde nichtsehen, bin ich so. Ich bin's nicht gewohnt, allein zu sein. Ich habe mir Freunde gemacht, um einmal in ihnen eine Stütze zu haben. Und gerade in solchem Augenblick soll ich nun verlassen sein?« – »Sie übertreiben, Herr Oberintendant. Der König will Ihnen wohl, nur Colbert haßt Sie und möchte Sie zugrunde richten.«
»O, was das betrifft,« sagte der Minister ruhig, »zugrunde gerichtet bin ich schon.« – D'Artagnan hob den Kopf und warf einen Blick um sich her. – »Ich weiß, was Sie bei sich denken,« fuhr Fouquet fort. »Sie fragen sich, weshalb ich dieses Schloß nicht verkaufe, man würde 40 Millionen daraus lösen. Lieber Kapitän, und wollte ich es für zwei Millionen losschlagen, es gäbe in Frankreich niemand, der es unterhalten könnte, so wie es jetzt aussieht. Nein, dieses Vaux kann und will ich nicht verkaufen. Mag es mit mir zugrunde gehen!«
»Das sieht Ihnen schon ähnlicher,« sagte d'Artagnan, »und vernichtet die unangenehme Aehnlichkeit mit Broussel, dem alten weinerlichen Frondeur. Wenn Sie auch zugrunde gerichtet sind, alle Wetter! Sie sind eine Person, die der Nachwelt angehört, und haben kein Recht, sich zu verkleinern. Mir hat das Schicksal eine weit weniger schöne Rolle zuerteilt als Ihnen, denn ich muß denjenigen machen, der Sie zu verhaften hat. Aber ich muß gehorchen, so sehr ich auch darunter leide. Neben Ihnen bin ich nichts wert, Monseigneur. Doch, den Teufel auch! die Rollen, die uns zufallen in diesem Mummenschanz des Lebens, müssen so gut wie möglich gespielt werden. Das Ende krönt das Werk.«
Fouquet stand auf, umarmte d'Artagnan und zog ihn an die Brust. »Gut gesprochen!« rief er. »Wer so redet, kann nur ein Freund von mir sein. Doch, womag Herr d'Herblay stecken? Gut, wir wollen den Tag abwarten. Was auch geschehen mag, dank Ihrer Liebenswürdigkeit trifft es mich nun nicht unerwartet. Wären Sie mitten beim Diner vor mich hingetreten, mich zu verhaften, ich wäre vor Scham und Zorn gestorben.« – »Freut mich, daß Sie mit mir zufrieden sind,« sprach d'Artagnan, »und nun, Monseigneur, lassen Sie den Dingen ihren Lauf. Sie sind abgespannt, Sie haben auch Ihre Lage durchzudenken. Ich beschwöre Sie, gehen Sie zu Bett. Ich mache mir's hier in diesem Lehnstuhl bequem. Und ich werde so fest schlafen, daß eine Kanonenkugel mich nicht aufwecken soll. Das heißt, das Knarren von geheimen Türen, von verborgenen Ein- und Ausgängen, höre ich sehr genau, lassen Sie sich das gesagt sein. Das beruht auf einer angeborenen Antipathie. Sie mögen hin und her gehen, schreiben, zerreißen, verbrennen – nur berühren Sie keinen Schlüssel an einer Tür, keine Klinke, Sie würden mich dadurch aus dem schönsten Schlafe jäh aufwecken.«
»Herr d'Artagnan,« sagte der Minister, »Sie sind entschieden der geistvollste und artigste Mann, den ich kenne. Ich bedaure nur, Ihre Bekanntschaft so spät gemacht zu haben.« – »Und nun vielleicht doch noch zu früh,« murmelte d'Artagnan und ließ sich in den Lehnstuhl nieder. Beide ließen die Kerzen brennen und erwarteten den Tag – Fouquet seufzte, d'Artagnan schnarchte.
*
Das Bett, das in den unterirdischen Raum hinabgelassen war, hatte sich mit dem beweglichen Fußboden wieder erhoben, und blaß, mit pochendem Herzen stand Philipp vor dem Lager, das noch zerwühlt war von demLeibe seines Zwillingsbruders. Die
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