Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
König den Platz tauschen zu lassen, so fordere ich Sie auf, mir das zu beweisen.«
»Was?« schrie Fouquet, blässer als das Taschentuch, mit dem er sich die Stirn abwischte. »Was sagen Sie da?« – »Gehen Sie in das Zimmer des Königs,« antwortete Aramis. »Sie wissen nun das Geheimnis. Ueberzeugen Sie sich davon, daß der Gefangene der Bastille im Bette seines Bruders liegt.« – »Und der König?«stammelte Fouquet. – »Der, der gestern noch König war?« antwortete d'Herblay. »Ueberzeugen Sie sich! Er ist in der Bastille an dem Platze, den seit so langer Zeit sein Opfer innegehabt.« – »Himmel! und wer hat ihn hingebracht?« – »Ich! Und zwar auf die einfachste Weise. Diese Nacht habe ich ihn entführt und den andern an seine Stelle gesetzt. Ich glaube nicht, daß es Aufsehen gemacht hat. Ein Blitz, auf den kein Donner folgt, weckt niemand auf.« – Fouquet tat einen Schrei, als hätte ein Schlag ihn getroffen, und preßte den Kopf zwischen beide Hände. – »Das haben Sie getan?« stöhnte er. »Den König entthront und ins Gefängnis geschleppt. Und das ist hier in Vaux geschehen! Und in dieser Nacht?« – »Hier in Vaux – und in dieser Nacht zwischen zwölf und eins.« –
Der Ober-Intendant machte eine Bewegung, als wollte er sich auf den Bischof stürzen; doch er hielt an sich. – »In Vaux!« stammelte er. »In meinem Hause!« – »Ja! In dem Hause, das jetzt erst richtig das Ihre ist, seit es Ihnen Herr Colbert nicht mehr rauben kann,« entgegnete Aramis. – »In meinem Hause ward dieses Verbrechen verübt,« sagte Fouquet, ohne auf den Prälaten zu hören. – »Verbrechen?« wiederholte dieser betroffen. – »Dieses fluchwürdige Verbrechen!« fuhr Fouquet fort. »Dieses Verbrechen, das verdammenswerter ist als der Totschlag! Dieses Verbrechen, das für immer meinen Namen entehrt und zum Abscheu für Mit- und Nachwelt macht!«
»Ah, Sie sind ja nicht bei Sinnen, Herr!« entgegnete Aramis mit bebender Stimme. »Sie reden zu laut, geben Sie acht!« – »Ich will schreien, daß alle Welt mich hört!« versetzte der Minister. »Ja, Sie haben michentehrt durch diesen Verrat, durch diese Gewalttat, die Sie an meinem Gaste unter meinem Dache verübten! O, welch ein Unglück für mich!« – »Ihr Gast?« rief Aramis außer sich. »Und trachtete Ihnen nach Vermögen und Leben? Vergessen Sie das?« – »Er war mein Gast, er war mein König!«
»Habe ist es mit einem Tollhäusler zu tun?« sprach Aramis und stand auf. – »Nein, sondern mit einem Ehrenmanne!« – »Narr, der Sie sind!« – »Mit einem Manne, der Ihr Verbrechen noch jetzt vereiteln wird!« – »Narr!« – »Mit einem Manne, der lieber stirbt, als daß er sich von Ihnen entehren läßt!« – Er trat ganz dicht an Aramis und sprach in gepreßtem Tone: »Ich gebe zu, Sie handelten in meinem Interesse, aber ich nehme das nicht an! Doch will ich Sie zu dieser Stunde nicht verdammen. Die Tür steht Ihnen noch offen.« – »Ihnen auch noch, aber nicht mehr lange!« rief Aramis mit prophetischer Stimme.
»Sie weissagen da richtig, Herr d'Herblay,« antwortete Fouquet ruhig. »Dennoch soll mich nichts aufhalten. Sie verlassen Vaux und Frankreich. Ich gebe Ihnen vier Stunden Frist, sich in Sicherheit zu bringen. Sie haben damit einen entscheidenden Vorsprung vor allen, die der König Ihnen nachsenden konnte. Diese Zeit wird Ihnen genügen, sich nach Belle-Ile zu flüchten, wo Sie Zuflucht finden werden. Gehen Sie! Solange ich lebe, soll Ihnen kein Haar gekrümmt werden.« – »Ich danke,« versetzte Aramis in düsterer Ironie. – »Reisen Sie also ab und – reichen Sie mir noch einmal die Hand. Retten Sie sich das Leben – ich werde meine Ehre retten.«
Aramis zog die Hand aus der Brust; die Nägelwaren von Blut gerötet, denn er hatte sie in sein eigenes Fleisch gegraben. Aber er berührte die ihm dargereichte Hand Fouquets nicht. Er hob sie über des Ministers Haupt, stieß einen Fluch aus, spritzte ihm ein paar Tropfen seines Blutes ins Gesicht und verließ das Zimmer.
Fouquet eilte hinter ihm hinaus, bestellte seine besten Pferde und fuhr im Galopp nach Paris.
»Soll ich allein gehen?« murmelte Aramis, »oder soll ich den Prinzen benachrichtigen? Und was dann? Mit ihm abreisen? Diesen lebenden Beweis meiner Tat überall mit mir herumschleppen? Unmöglich! Aber was wird er ohne mich tun? Ohne mich kann er sich nicht halten – doch mit mir jetzt auch nicht mehr! O, so vollende sich das Verhängnis! Er war
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