Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
sie sehen. Geben Sie mir Ihre Hand!« sprach der König. – »Meine Hand, Majestät?« – »Ja, daß ich sie in die des Herrn d'Artagnan lege. Sie kennen diesen Mann hier nicht, Herr Kapitän,« wandte er sich an den Gaskogner. »Lernen Sie ihn schätzen.« – »Majestät!« stammelte Colbert. Und er sah d'Artagnan an, mit einem Gesicht, das völlig verschieden von dem war, welches man bisher an ihmgesehen; er sah freundlich, heiter, strahlend drein, seine Augen unter den dichten Brauen nahmen einen edlen, lichtvollen Ausdruck an. Colbert wußte, daß er von diesem Moment an keinen Fouquet mehr über sich hatte, und aus dem Intrigant wurde der weitsichtige, das Wohl des Volkes fördernde Staatsmann, der sein eigenes System zum Siege über ein anderes, von ihm verworfenes, geführt hatte.
»Majestät hat mit diesen Worten bewiesen, welch feiner Menschenkenner Sie sind,« sprach er. »Die schroffe Opposition,« setzte er hinzu, sich an d'Artagnan wendend, »die ich bisher gegen gewisse Mißbräuche und infolgedessen auch gegen gewisse Persönlichkeiten durchgeführt habe, beweist nichts weiter, als daß es mein Streben ist, meinem König ein großes Reich zu schaffen, meinem Lande eine große Wohltat zu bereiten. O, Herr d'Artagnan, ich habe sehr viele Pläne und Ideen. Sie werden die Sonne finanzieller Wohlfahrt aufgehen sehen, und ich hoffe, wenn auch nicht die Freundschaft, so doch die Achtung meiner Gegner zu erringen.«
Der Musketier verneigte sich höflich vor Colbert. Der König entließ sie, als er sie versöhnt sah, und sie gingen zusammen fort. – »Herr d'Artagnan,« sprach Colbert draußen, »Sie irren, wenn Sie meinen, ich verfolge Herrn Fouquet. Ich wollte ihm nur die Finanzen entreißen, das ist alles. Und das ist nun gelungen. Nun soll es anders werden in Frankreich. Alles Gold des Landes wird unter meiner Verwaltung sein, und es soll sich vervielfältigen, statt zu zerrinnen. In meinem Besitz wird auch nach dreißig Jahren noch nicht ein Pfennig sein, dafür aber wird es neue Gebäude, neue Häfen, ja neue Städte geben. Ich werde eine Seemacht gründenund Handelsschiffe schaffen, die Frankreichs Namen nach den fernsten Erdteilen tragen sollen: ich will Bibliotheken und Akademien gründen, die Frankreich zur größten geistigen Macht der Welt erheben sollen. Sehen Sie, das sind die Gründe, weshalb ich so gegen Herrn Fouquet gekämpft habe. Und wenn Frankreich groß und stark ist, dann werde ich zu ihm gehen und sprechen: Verzeihen Sie mir!«
Der König rief d'Artagnan zurück und befahl ihm, zwanzig Musketiere nach Angers zu schicken, welche Herrn Fouquet nach Paris und in die Bastille transportieren sollten. – D'Artagnan wollte schon fragen, ob der König ihm mißtraue, weil er nicht ihm den Befehl erteilte, da setzte Ludwig hinzu: »Und Sie, Herr Kapitän, nehmen auf der Stelle Besitz von Belle-Ile. Setzen Sie sofort mit zahlreicher Mannschaft in See! Ich selbst mag die Insel nicht sehen. Sie haben mir nur die Schlüssel der Festung zu bringen. Und wenn Sie diesen Auftrag gut ausführen, so wird Ihnen der Marschallstab zuteil werden.«
»Weshalb sagen Sie: wenn ich ihn gut ausführe?« fragte d'Artagnan. – »Weil es sehr schwierig ist.« – »Inwiefern, Majestät?« – »Sie haben Freunde auf Belle-Ile, und für Männer wie Sie ist es keine Kleinigkeit, über den Leichnam eines Freundes zu schreiten.« – D'Artagnan antwortete nicht; er verneigte sich und ging hinaus. Eine Viertelstunde später brachte Colbert ihm den schriftlichen Befehl, Belle-Ile zu erobern, im Falle des Widerstandes in die Luft zu sprengen und keinen einzigen der Besatzung – das war besonders hervorgehoben – entschlüpfen zu lassen.
»Ein Marschallstab gegen das Leben zweierFreunde!« murmelte der Gaskogner. »Ei, meine Freunde sind nicht so dumm wie Gimpel und werden nicht auf die Leimrute des Vogelstellers warten. Ich will ihnen Zeit lassen davonzufliegen. Armer Porthos, armer Aramis! nein! mein Glück soll euch keine Feder aus den Flügeln kosten.« – Darauf rief d'Artagnan die königliche Armee zusammen und ging in Paimboeuf zu Schiffe. Ohne Zeitverlust wurden die Segel gehißt, und man nahm Kurs auf Belle-Ile.
3. Kapitel. Auf Belle-Ile
Aramis und Porthos standen am Gestade der See, und der Bischof schaute auch an diesem Tage wie an allen, seit sein großer Plan gescheitert, voll banger Unruhe gen Westen über die See hinaus. Sein leuchtender Blick durchmaß wie der eines Falken den Luftraum und
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