Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
faßte Porthos bei der Hand und begann ihm alles zu sagen, begann es mit den Worten: »Porthos, einem so biederen Manne wie Sie soll man nichts vorflunkern. Also heraus mit der Wahrheit! Ich habe Sie betrogen.«
»Sie haben mich betrogen?« rief der Baron. »Geschah es zu meinem Besten?« – »Wenigstens glaubte ich das felsenfest, Porthos.« – »Nun denn, so haben Sie mir einen Dienst erwiesen oder doch erweisen wollen. Freund,« antwortete der gutmütige Riese. »Ich danke Ihnen, und worin haben Sie mich betrogen?« – »Indem ich in Wahrheit dem Usurpator diente, gegen den Ludwig XIV. in jenem Augenblick alle Kräfte aufbot.«
»Wie? Also dienten Sie nicht dem wirklichen Ludwig XIV.?« – »Sehr richtig! Und daraus geht hervor, mein armer Porthos –« – »Daraus geht hervor,« vollendete der Baron, »wir sind Rebellen. Und somit ist die Herzogswürde, auf die ich hoffte, heidi! Denn von einem Usurpator will ich sie nicht haben. Sie taten unrecht, Aramis, mich in diesem Punkte zu täuschen. Ich habe so fest darauf gehofft! Kannte ich Sie doch als einen Mann von Wort! Ich bin also nun mit meinem König, mit Ludwig XIV., zerfallen?«
»Ich werde das wieder ins rechte Gleis bringen, Freund,« antwortete Aramis. »Sie haben ja nichts eigenmächtig getan, ich war das Haupt des Komplotts.Mich allein trifft die Schuld. Sie haben ja im besten Glauben gehandelt. Ich rief Sie, und Sie folgten mir. Mein größter Fehler, Porthos, war, ich handelte aus Egoismus.« – »Sehen Sie, dieses Wort liebe ich,« versetzte Ballon. »Und da Sie bloß in Ihrem Interesse gehandelt haben, so kann ich Ihnen unmöglich gram sein, das ist ja so natürlich.« Mit diesen Worten drückte er seinem Freunde herzlich die Hand.
Aramis fühlte sich klein vor dieser naiven Seelengröße. Er mußte sich beugen vor dieser Ueberlegenheit des Herzens, die stets mächtiger ist als Größe des Geistes.
Eine Donnerstimme unterbrach ihr Gespräch. – »Das ist d'Artagnan,« sagte Porthos. – »Ja, ich bin es,« antwortete der Kapitän und eilte herbei. Ein Offizier folgte ihm auf dem Fuße. Als d'Artagnan die Hälfte der Stufen erstiegen hatte, die zu dem Wehrdamme emporführten, rief er Aramis und Porthos zu: »Lassen Sie Ihre Leute zurücktreten, und zwar so weit, daß sie nicht mehr hören können, was ich spreche.« – Porthos gab diesen Befehl, der alsbald befolgt wurde. – Der Kapitän drehte sich hierauf zu seinem Begleiter um und sagte: »Mein Herr, wir sind jetzt nicht mehr auf dem königlichen Schiffe, wo Sie eben noch in so anmaßendem Tone mit mir gesprochen haben.« – »Herr Kapitän, das ist keine Anmaßung,« erwiderte der Offizier. »Ich habe meine Befehle, und denen gehorche ich. Mir wurde aufgetragen, Ihnen überallhin zu folgen, das tue ich hiermit!«
»Mein Herr!« unterbrach d'Artagnan ihn mit Ungestüm, »genug nun! ich gestattete Ihnen, mir nach Belle-Ile zu folgen. Doch nun machen Sie halt! Ich kümmere mich gar nicht drum, ob Sie gewisse Befehle von HerrnColbert oder von sonstwem haben. Sie fallen mir zur Last, das ist alles, und ich werde mich dagegen schützen. Sie haben hier einen Mann vor sich, der d'Artagnan heißt, und Sie stehen auf einer Treppe, die dreißig Fuß tief in die salzige Flut reicht. Das ist eine schlimme Stellung für jemand, der d'Artagnan lästig wird.«
»Ich habe meinen Dienst zu versehen,« antwortete der Offizier, die Achseln zuckend. – »Mein Herr, diejenigen, die Sie mit diesen besonderen Befehlen versahen, haben mich beleidigt. Ich kann mich aber nicht an sie halten, denn sie sind mir fern; ich muß mich an Ihre Person halten, und das werde ich tun, seien Sie versichert! Wenn Sie einen Schritt weiter hinter mir hertun, ich schwöre es bei meinem Namen, so spalte ich Ihnen den Schädel mit dem Schwerte oder werfe Sie ins Meer! Geschehe, was mag! Sechsmal in meinem Leben bin ich in Zorn geraten, und alle sechs Male habe ich den getötet, der mir da gegenüberstand!« – Der Offizier erblaßte bei dieser schrecklichen Drohung, antwortete aber: »Als ich Soldat wurde, wußte ich, daß ich im Dienst mein Leben lassen müsse.« – D'Artagnan stieg die Treppe weiter hinauf – der Offizier bekreuzte sich fromm und folgte ihm. Porthos und Aramis, die ihren d'Artagnan kannten, stießen einen Schrei aus und stürzten herbei, um den Streich aufzuhalten, den sie schon zu hören glaubten. Aber der Musketier nahm das Schwert in die linke Hand. – »Herr,« sagte er zu dem Offizier. »Sie sind
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