Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
suchte noch über den Horizont hinauszudringen. Vor einigen Tagen waren alle Fischerbarken auf die Fahrt ausgegangen, und bisher war nicht eine zurückgekehrt. Der kluge d'Herblay wußte, was das zu bedeuten hatte, und erwartete nun die Ankunft königlicher Schiffe, denn solche mußten den Fischerbooten begegnet sein und sie von Belle-Ile fernhalten. Am schwersten lastete es auf seiner Seele, daß der gutmütige Porthos noch immer nichts ahnte, und der Mann, der tausend Ränke gesponnen und sich durch unzählige schwere Lagen leicht zurechtgefunden hatte, wußte nun nicht, wie er diesem großen Kinde die Wahrheit klarmachen sollte. Dennoch mußte es geschehen, sobald eine feindliche Flotte herankam. In der letztenZeit drang auch Porthos mehr mit Fragen in ihn als bisher. Es hatte den Anschein, als wenn die Dinge ihm selber nicht mehr geheuer erschienen.
Plötzlich rief Aramis aus: »Porthos! Sehen Sie dorthin!« – »Ei,« rief der Riese, »mir scheint, die Fischerbarken kommen endlich zurück! Ich habe mir schon den Kopf zerbrochen, weshalb sie so lange ausblieben.« – »Das sind keine Fischerbarken, das sind königliche Kriegsschiffe!« rief Aramis. Und er zählte: »Drei, vier, sechs! wahrlich, eine ganze Flotte!« – »Hurrah!« schrie Porthos, »also schickt man uns endlich Verstärkung! Nun mag der falsche König herankommen!«
Aramis hatte den Kopf in beide Hände vergraben, dann sah er auf und rief: »Porthos! lassen Sie Alarm schlagen!« – Der Baron machte große Augen, aber er entfernte sich, um den Befehl des Freundes auszuführen, war er es doch nicht anders gewöhnt, als den Anordnungen des weisen Prälaten sich zu fügen.
Nun füllten sich die Hafendämme mit Neugierigen und Bewaffneten; die Artilleristen rückten mit Lunten heran, die Wälle, die Batterien wurden besetzt. Porthos beobachtete mit Verwunderung diese Zurüstungen zu einer energischen Gegenwehr. Aramis sah nach den Schiffen aus, die allmählich näher kamen. Doch erst als es Nacht geworden war, befanden sie sich in Kanonenschußweite von der Insel und gingen nun vor Anker. Trotz der Finsternis wurde alsbald ein Boot ausgesetzt und an Land gerudert. Der Führer der Jolle hielt einen Brief in der Hand, den er in der Luft schwenkte, und schien jemand zu suchen, an den er diese Mitteilung abgeben sollte. Als ein paar Soldaten ihn anhielten, verlangte er vor Herrn d'Herblay geführt zu werden.
Aramis stand auf dem Quai. Er erkannte in ihm einen Fischer von Belle-Ile, der mit den andern Barken zusammen vor kurzem ausgefahren war. Der Mann erzählte nun, sie seien alle gefangengenommen worden. – »Von wem?« fragte Aramis. – »Von einem Schnellsegler des Königs,« war die Antwort. – »Welches Königs?« warf Porthos dazwischen. »Des echten oder des falschen?« – »Erzähle weiter!« gebot Aramis, als der Fischer den Baron verständnislos ansah. – »Wir wurden also alle gefangengenommen,« wiederholte der Mann, »und nun schickt man mich hierher, um Ihnen zu sagen und zu melden, daß die hier eingetroffene Flotte Befehl hat, Belle-Ile zu blockieren und keinen Mann der Besatzung entwischen zu lassen.« – »Und wer ist der Befehlshaber?« fragte d'Herblay. – »Der Kapitän der Musketiere, Herr d'Artagnan.«
»D'Artagnan!« rief Porthos; »aber dann ist ja alles gut!« – »Hast du selbst mit ihm gesprochen?« fragte Aramis den Fischer. – »Ja, und er läßt Sie zu sich an Bord bitten.« – »So laß uns hingehen!« rief Porthos. »Laß uns zu unserm Freunde gehen!« – »Bist du von Sinnen?« entgegnete der Bischof. »Woher willst du wissen, ob das nicht eine Falle ist?« – »Die uns der falsche König stellt?« fragte Porthos. – »Jawohl, und das ist am Ende gar nicht d'Artagnan, der uns zu sich ruft!« setzte Aramis hinzu. – »Sie haben immer recht,« meinte der Baron.
»Gehen Sie an Bord zurück,« sagte d'Herblay zu dem Fischer, »und sagen Sie ihm, ich ließe den Herrn bitten, zu uns auf die Insel zu kommen. Wenn er sich weigere, so würden wir von unsern Kanonen Gebrauch machen.« – »Sollen wir auf d'Artagnan und seine Leuteschießen?« rief Porthos. – »Ich sagte Ihnen doch, er ist's vielleicht gar nicht,« antwortete der Bischof. – »Donnerwetter, jetzt verstehe ich schon gar nichts mehr!« seufzte der Riese. – »Ich werde Sie aufklären, der Augenblick ist nun gekommen,« sagte Aramis, während der Fischer sich entfernte. »Setzen Sie sich auf diese Lafette und hören Sie mir zu.« – Und er
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