Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Straßenschmutz, mit glühendem Gesicht, mit von Schweiß zusammengeklebtem Haar, mit steifen Beinen und blutbespritzten Stiefeln. Fouquet begrüßte den Mann, der ihm, wäre er eine Stunde früher gekommen, den Tod gebracht hätte, mit seinem freundlichen Lächeln. Der Chevalier erwiderte den Gruß flüchtig und eilte zum König, der bei seinem Anblick Colbert entließ. – »Ein treuer Diener wie Sie, Chevalier, darf schon in solchem Aufzuge kommen,« begrüßte er ihn, indem er lächelnd auf das abgerissene Kostüm des Musketiers blickte. – »Vor allem mußte ich zu Ihnen, Sire. Umziehen kann ich mich nachher,« versetzte der Gaskogner. – »Sie bringen also wichtige Nachricht?« fragte der König. – »Sehr wichtige, Majestät,« antwortete der Chevalier. »In kurzen Worten: Belle-Ile ist befestigt, und zwar sehr gut, hat Außenwerke, Zitadellen und Forts. Im Hafenankern drei Korsarenschiffe, und die Küstenbatterien harren nur noch der Kanonen.«
»Das alles weiß ich bereits,« erwiderte Ludwig XIV. – »Was? Majestät wissen das schon?« rief der Musketier erstaunt. – »Hier ist sogar der Plan der Befestigungen,« sagte der König, und d'Artagnan sah zu seiner Verblüffung jenen Grundriß, den Porthos ihm gezeigt hatte. Er runzelte die Stirn. »Ha!« stieß er hervor. »Majestät haben die Sache also nicht mir allein anvertraut, sondern noch einen andern Boten in die Bretagne geschickt? Nun, Majestät, es war wirklich nicht der Mühe wert, daß ich die Reise gemacht und mich dabei zwanzigmal der Gefahr ausgesetzt habe, mir sämtliche Knochen zu brechen, wenn ich hier bei meiner Rückkehr mit einer solchen Antwort empfangen werden soll. Sire, wenn man jemand nicht traut oder ihn für unfähig hält, so soll man ihm überhaupt erst gar keinen Auftrag erteilen.«
Der König sah ihn triumphierend an. »Ich bin nicht nur genau unterrichtet über Belle-Ile,« sagte er, »sondern die Insel ist sogar mein Eigentum.« – »Es ist gut, Sire,« versetzte der Haudegen, »ich verlange von Eurer Majestät nichts weiter – als meinen Abschied. Ich besitze zuviel Selbstgefühl, um das Brot Eurer Majestät zu essen, wenn ich es so schlecht verdiene. Ich bitte um den Abschied.« – »Sind Sie mir böse, Chevalier?« lachte der König. – »Potz Sporn und Degenknauf! ich habe wohl Ursache dazu,« rief der Musketier. »Ich komme zweiunddreißig Stunden nicht aus dem Sattel, reite Tag und Nacht so schnell wie der wilde Jäger, bin bei meiner Ankunft steif wie einer, der eine Nacht lang am Galgen gebaumelt hat – und stehe dennoch da alsSchafskopf. Donnerwetter! Meinen Abschied, Sire – oder ich nehme ihn mir einfach.«
»Im Gegenteil, Chevalier,« antwortete Ludwig XIV. fröhlich und zog ein Dokument aus seinem Schreibtische, »hier ist Ihre Ernennung zum General-Kapitän der Musketiere. Sie haben's verdient, Herr Chevalier.« – D'Artagnan faltete das Papier auseinander und las es zweimal. Er wollte seinen Augen nicht trauen. – »Und dieses Patent ist Ihr Lohn für Ihre Reise nach Belle-Ile und für Ihr wackeres Auftreten bei der Hinrichtung auf dem Grèveplatze. Sie haben mir da einen trefflichen Dienst erwiesen.« – »Majestät haben das erfahren?« antwortete d'Artagnan. »O, da war ich nicht allein der Macher – da hatte ich einen Helfer – und zwar einen sehr guten.« – »Es war ein junger Mann, nicht wahr?« fragte der König. »Colbert hat mir auch über ihn viel Gutes berichtet.« – »Colbert? So!« brummte der Kapitän. »Das ist sein Glück. Hat auch nur Recht damit.« – »Ja, der junge Mann scheint sehr brav zu sein,« sagte der König.– »Brav, Majestät?« erwiderte d'Artagnan. »Das will ich meinen!« – »Also kennen Sie ihn schon länger?« – »Seit 25 Jahren, Sire.« – »Ei, er soll ja kaum 25 Jahre alt sein,« rief Ludwig XIV. – »Ich kenne ihn auch von der Geburt an. Der junge Mann ist der Sohn meines besten Freundes!« – »Der Graf von Bragelonne?« – »Jawohl, Sire! Er ist der Sohn des Grafen de la Fère, der dem König von England so tatkräftig geholfen hat. O, Bragelonne entstammt einem tapferen Geschlecht.«
»Der Graf de la Fère ist also ein wackerer Krieger?«
»Der Graf,« versetzte der Chevalier, »hat für Höchstdero seligen Vater öfter das Schwert gezogen, als EureMajestät Tage in Ihrem Leben zählen.« – »Gut, Chevalier,« antwortete Ludwig und biß sich auf die Lippe. »Wollen Sie Ihren jungen Freund sehen?« Und er klingelte und rief dem
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