Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Türhüter zu: »Graf von Bragelonne soll zu mir kommen.« – »Wie?« rief d'Artagnan. »Rudolf ist hier?« – »Ja, er ist mit der Garde des Prinzen auf Wache im Schlosse,« antwortete der König.
Im nächsten Augenblick trat Rudolf ein. Der Chevalier, ohne sich an die Anwesenheit des Königs zu kehren, lief auf ihn zu und drückte ihn an die Brust. Der junge Graf verneigte sich mit Anmut und Ehrfurcht vor der Majestät. – »Herr Graf,« sprach Ludwig, »ich habe den Prinzen von Condé gebeten, Sie mir abzutreten. Eben ist seine Antwort angekommen. Er ist damit einverstanden und Sie gehören seit diesem Morgen also mir an. Condé war ein guter Herr, und ich hoffe nur, Sie machen keinen schlechten Tausch.« – »O, sei nur getrost, Rudolf,« rief der Musketier dazwischen, »es ist gut auskommen mit dem König.« – »Majestät,« sagte Rudolf in der ihm eigenen herzgewinnenden Weise, »ich gehöre Ihnen nicht erst seit heute morgen an.«
»Ah, Sie spielen auf jenen Aufruhr am Grèveplatz an?« erwiderte der König. »Ja, da hielten Sie in der Tat zu mir.« – »Ich meine auch nicht diesen Tag, denn es würde mir schlecht anstehn, an einen so unbedeutenden Dienst zu erinnern; ich meine vielmehr einen Umstand, der in meinem Leben einen wichtigen Abschnitt darstellt und mich seit dem 16. Lebensjahre an Eure Majestät gebunden hat.« – »O, lassen Sie mich wissen, Graf –« – »Auf meinem ersten Kriegszug bei der Armee des Prinzen von Conds begleitete mich der Graf de la Fère bis nach Saint-Denis, und dort ließ er mich bei der AscheLudwigs XIII. schwören, daß ich allzeit dem Königtum, das nun in der Person Eurer Majestät verkörpert sei, in Gedanken, Worten und Taten treu und eifrig dienen wolle! Ich leistete den Schwur, den Gott und die seligen Herrscher, Eurer Majestät Ahnen, empfangen haben. Seit zehn Jahren nun hatte ich nicht so oft, wie ich gewünscht hätte, Gelegenheit, danach zu handeln. Ich bin also schon lange Eurer Majestät Soldat; jetzt habe ich nicht den Herrn, sondern nur die Garnison gewechselt.« Er schwieg und verneigte sich, während Ludwig XIV. noch immer lauschte, als hörte er eine liebliche Melodie, welche seinem Ohre wohltat.
»Potz Sporn und Degenknauf!« rief der Musketier. »Das ist brav gesprochen!« – »Sie reden nur die Wahrheit, Vicomte,« sagte der König gerührt. »Ueberall, wo Sie waren, sind Sie für den König eingetreten. Sie sollen nun aber bei dem Garnisonwechsel eine Ihrer würdige Beförderung erhalten. Chevalier,« wendete er sich an d'Artagnan, »haben Sie mir noch etwas zu melden?« – »Jawohl, Sire – eine traurige Nachricht!« antwortete der Kapitän. »Als ich durch Blois kam, vernahm ich, daß Ihr Oheim, Gaston von Orleans, gestorben sei.« – »Monsieur, mein Oheim!« rief der König. »Und ich habe noch keine Nachricht erhalten!« – »Seien Sie deshalb nicht böse,« versetzte d'Artagnan, »die Kuriere von Blois können nicht so schnell reiten wie Höchstdero gehorsamster Diener. Der Bote wird erst in zwei Stunden hier sein, und man kann ihn dann noch nicht einmal der Saumseligkeit zeihen.« – »Mein Ohm Gaston!« murmelte Ludwig XIV. und preßte die Hand auf die Stirn. Aber man sah es ihm an, daß die Nachricht ihm nicht sonderlich naheging. Durch die Intrigen,die der Verstorbene seinerzeit gegen Ludwig XIII. angezettelt hatte, war er auch dem Sohne fremd und unsympathisch geblieben.
»Doch ich vergesse, Chevalier,« sagte der König mit einer huldreichen Handbewegung, »Sie haben 110 Meilen im Galopp zurückgelegt und bedürfen der Ruhe. Gehen Sie und sorgen Sie für einen meiner besten Soldaten. Wenn Sie ausgeruht haben, stellen Sie sich wieder zu meiner Verfügung.«
Dritter Teil
Lady Henriette Stuart
1. Kapitel. Protektion
Malicorne, der Verehrer des Fräuleins Aure von Montalais, der junge Mann, auf den die gute Frau von Saint-Rémy sehr schlecht zu sprechen war und von dem sie im ersten Kapitel unserer Erzählung in wenig schmeichelhafter Weise gesprochen hat, war der Sohn des Stadtsyndikus von Orléans. Malicorne, der Vater, hatte die Ehre, der Bankier und Geldleiher Seiner königlichen Hoheit des Prinzen von Condé zu sein, und diese Beziehungen des Vaters zu den höchsten Kreisen hatten in dem Sohne den Ehrgeiz entstehen lassen, in der vornehmen Welt eine Rolle zu spielen – ein Verlangen, das er mit zielbewußter Energie zurWirklichkeit zu machen strebte. Dank einer immer vollen Börse stand er auf dem besten
Weitere Kostenlose Bücher