Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
dem Hause Frankreich antun könnten, stehen mir zwei Wege offen: entweder ich verkündige öffentlich, von welchem Wahnwitz Sie besessen sind, und sorge dafür, daß Sie schimpfbedeckt nach England zurückgeschickt werden, oder aber ich stoße Ihnen in voller Versammlung den Dolch in die Kehle. Das letztere Mittel scheint mir das bessere, und ich werde es wohl anwenden.«
Buckinghams Gesicht wurde weiß wie die Spitzenkrause, die seinen Hals schmückte. »Herr von Bragelonne,« stammelte er, »sind das wirklich die Worte eines Edelmanns?« – »Ja, nur sind sie an einen Wahnsinnigen gerichtet,« antwortete Rudolf. »Genesen Sie, Mylord, und er wird anders zu Ihnen sprechen.« – »Herr von Bragelonne,« murmelte der Brite. »Sie sehen meinen Zustand – es bleibt mir nur eins –« – »Das wäre in der Tat ein großes Glück,« antwortete Rudolf mit seinem unerschütterlichen Gleichmut. »Dadurch würde mancher üblen Nachrede über die erlauchten Personen, die Sie kompromittieren, vorgebeugt.« – »Sie haben recht, Sie haben recht!« sagte der junge Mann außer sich. »Ja, ja, lieber sterben, als so leiden zu müssen!« – Er zog einen juwelengeschmückten Dolch hervor.
Rudolf stieß seine Hand zurück. – »Sind Sie von Sinnen, Mylord!« flüsterte er ihm zu. »Wenn Sie sich jetzt erstechen, machen Sie sich lächerlich und beflecken das königliche Brautkleid mit Blut.« – Buckingham stand ein Weilchen atemlos da, seine Lippen zuckten, auf seinen Wangen wechselten Blässe und Röte. Dann sagte er plötzlich: »Sie sind der edelste Charakter, den ich kenne, Bragelonne; Sie sind der würdige Sohn des vollendetstenEdelmannes unserer Zeit.« Er fiel dem Vicomte um den Hals.
Erstaunt über das unerwartete Ende dieser Unterredung, die die Umstehenden nicht verstanden hatten, über deren kritischen Inhalt aber niemand in Zweifel bleiben konnte, klatschte die Menge in die Hände, und tausendstimmiger Jubelruf erscholl. Engländer und Franzosen, die sich schon fast mit feindseligen Blicken gemustert hatten, schlossen Freundschaft.
Jetzt erschien der Zug der Prinzessin, welche ohne Bragelonnes beherzte Ermahnung über den ausgestreuten Blumen zwei Heerhaufen in blutigem Kampfe angetroffen haben würde. Die Menge bildete beim Anblick der Banner zu beiden Seiten des Marktplatzes Spalier.
Madame empfing auf ihrem Einzug in die Stadt einstimmige Glückwünsche. Von allseitiger Ehrerbietung begleitet, schritt sie einher wie eine Königin. Ihre Mutter zeigte den Franzosen, obwohl man sie dort zur Zeit ihres Unglücks sehr schlecht behandelt hatte, ein huldvolles Gesicht, war doch Frankreich ihre eigentliche Heimat.
Als der feierliche Empfang beendet war und ringsum nächtliche Ruhe herrschte, trat von Guiche in sein Zelt und ließ sich auf einen Schemel nieder. Sein Gesicht zeigte einen so tiefen Ausdruck des Schmerzes, daß Bragelonne kein Auge von ihm abwandte, bis er ihn seufzen hörte. Da ging Rudolf zu ihm heran. Der Graf stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in den Händen.
»Du bist erschöpft, Freund,« sagte Bragelonne. »Der Tag war sehr anstrengend.« – »Ja, ich möchte schlafen,« antwortete Guiche. – »Soll ich dich allein lassen?« –»Nein, ich habe mit dir zu reden.« – »Zuerst habe ich ein paar Fragen an dich zu richten,« sagte Rudolf, »dann erst werde ich mit mir reden lassen. Weißt du, weshalb Buckingham so wütend war?« – »Ich vermute es.« – »Er liebt die Prinzessin, nicht wahr?« fragte Rudolf. – »Wenigstens möchte man das glauben, wenn man ihn ansieht,« sagte Graf Guiche. – »Nun, es ist nichts daran,« warf Rudolf hin, mit einem scharfen Blicke auf seinen Freund. »Lord Buckingham ist nicht gefährlich.«
»Gefährlich?« antwortete der Graf zaudernd. »Mag sein, nein. Aber zudringlich – lästig. Hätte er nicht bald das ganze Fest verdorben? Wenn du nicht gewesen wärest, es hätte wahrlich blutige Köpfe gegeben. Was hast du zu ihm gesagt? Und glaubst du wirklich, er liebt sie nicht?«
Diese Worte sprach von Guiche mit einem seltsamen Nachdruck. – »Was ich zu ihm gesagt habe, lieber Freund,« antwortete Rudolf in eindringlichem Tone, »das will ich dir wiederholen. Höre mich an. Ich sagte folgendes: Herr, Sie werfen lüsterne, begehrliche Blicke auf die Schwester Ihres Königs; sie ist nicht Ihre Braut, sie ist nicht Ihre Geliebte, sie kann beides nicht sein. Sie beleidigen also diejenigen, die gekommen sind, das junge Mädchen dem
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