Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
Gatten zuzuführen. Ich bin sogar noch weitergegangen; ich sagte noch folgendes: Was würden Sie wohl denken, wenn einer von uns die Vermessenheit, die Treulosigkeit besäße, für eine unserm Herrn bestimmte Prinzessin andere Gefühle als reinste Ehrerbietung zu hegen?«
Der Graf erblaßte und zitterte plötzlich, so offenbar waren diese Worte auf ihn gemünzt. Er preßte die Hand auf die Stirn. – »Doch Gott sei Dank!« fuhr Rudolffort, »die Franzosen, die man für leichtfertig und sittenlos hält, wissen in Fragen der Wohlanständigkeit stets sicher zu entscheiden. Wir Franzosen opfern dem Dienst unsers Königs nicht nur Gut und Leben, sondern auch unsere Leidenschaften. Wenn uns der böse Geist einmal einen Gedanken eingibt, der eine Sünde an unserm König wäre, so löschen wir diese Flamme, sei es auch mit unserm Blute. Auf diese Weise retten wir dreifach die Ehre: die des Vaterlandes, die des Königshauses und die eigene. So handeln wir, Herr Buckingham, und so muß jeder charaktervolle Mann handeln. Du siehst, Guiche, der Lord hat sich meinen Gründen gefügt.«
Der Graf, den Rudolfs Worte niedergedrückt hatten, richtete sich jetzt stolz auf; seine Augen flammten; er faßte Bragelonnes Hand und sagte mit gepreßter Stimme: »Brav gesprochen, Rudolf, habe Dank! und nun – laß mich allein. Ich bedarf der Ruhe. Mein Herz ist erschüttert, mein Geist beklommen. Wenn du morgen wiederkommst, werde ich ein anderer Mensch sein.« – Der Vicomte ging hinaus. – »Wie stark belagert ist das arme Mädchen,« dachte er bei sich. »Da ist das Fräulein von Montalais wahrlich keine sehr zuverlässige Besatzung!«
4. Kapitel. Freundschaft und Haß
Am folgenden Tage nahmen die Festlichkeiten mit königlichem Pomp ihren Fortgang. Die Reise nach Paris begann. Von Guiche hatte gehofft, man werde Buckingham mit dem Admiral nach Englandzurückschicken; doch wußte der Lord der Königin-Witwe einzureden, es sei unziemlich, eine englische Prinzessin ganz allein in Paris einziehen zu lassen. Der junge Herzog wählte sich unter den Engländern, die bis nach Havre mitgekommen waren, einen Hof von Offizieren und Edelleuten aus, und der Zug, den er nach Paris führte, glich fast einem Heere. Rudolf verstand es auch in der Folgezeit, seinen doppelten Einfluß auf Buckingham und auf Guiche vorteilhaft anzuwenden und beide in Schranken zu halten. Was den Briten betraf, so fühlte er sich seit jener inhaltsschweren Unterredung vor den Zelten zu Havre sehr zu dem jungen Vicomte hingezogen und sprach oft von ihm, von seinem Vater oder von d'Artagnan, ihrem gemeinsamen Freunde, den Buckingham ebenso bewunderte wie Rudolf.
Namentlich wenn von Wardes anwesend war, lenkte Rudolf das Gespräch auf den neuen Generalkapitän der Musketiere, und von Wardes, der den Vicomte um die Rolle beneidete, die er in der letzten Zeit bei seinem Gönner, dem Grafen von Guiche, spielte, machte dann kein Hehl aus seinem Haß und seiner Mißgunst. Eines Abends, als man in Nantes Rast machte, lehnten von Guiche und von Wardes an einer Barriere, während Buckingham und Rudolf plaudernd auf und ab gingen.
»Gestehe es, du bist krank,« sagte Wardes zum Grafen, »und dein Hofmeister kann dich nicht heilen.« – »Ich verstehe dich nicht,« versetzte Guiche. – »Tröste dich,« fuhr der junge Mann lauernd fort, »Madame wird nicht gleichgültig bleiben gegen deine Qualen. Sie nimmt schon jetzt so regen Anteil daran, daß sie sich kompromittiert. Du siehst es doch wohl selbst, daß sie dich ganz besonders sanft anschaut und einen ganz eigenartigen Tonanschlägt, wenn sie mit dir redet. Und alle Morgen klagt sie dir, sie habe schlecht geschlafen.« – Von Guiche machte eine unruhige Bewegung, obwohl die Worte seines falschen Freundes ihm schmeichelten. – »Hörst du, sie ruft dich,« setzte dieser hinzu. – Der Graf wendete sich nach der Seite, wo die Prinzessin im Gespräch mit Manicamp saß. Er vermochte nicht zu widerstehen und trat hinzu. – »Nun ja, geh nur,« sagte von Wardes, »dein Hofmeister sieht nicht hin.«
»Sie irren sich,« erklang jetzt Rudolfs Stimme, und er trat vor Wardes. »Der Hofmeister sieht es doch und hört auch, was Sie sagen.« – Der junge Mann fuhr auf und zog das Schwert halb aus der Scheide. – »Stecken Sie es nur ruhig wieder ein,« sagte Bragelonne. »Sie wissen, daß es vor Beendung unserer Reise zu keiner solchen Auseinandersetzung kommen darf. Aber mäßigen Sie Ihre Zunge. Warum wollen Sie in das Herz
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