Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
dauern.« – Von Wardes ging in Fechterstellung, die Klingen kreuzten sich. Aber von Wardes stürzte mit solcher Hast auf Bragelonne, daß Buckingham gleich nach den ersten Degenstößen wußte, auf wessen Seite der Vorteil lag und wer den Sieg davontragen würde. Rudolf schien nur zu spielen, er parierte mit der größten Ruhe, dann stieß er eine Finte und fing die Klinge seines Gegners so geschickt ab, daß von Wardes den Griff verlor und der Stahl im Bogen durch die Luft sauste. Rudolf warf darauf sein Schwert weg, packte den andern um den Leib und schleuderte ihn über die Barriere. Von Wardes erhob sich, leichenfahl im Gesicht. – »Wir sprechen uns noch,« keuchte er, hob sein Schwert auf und ging davon.
»Lieber Vicomte,« sagte Buckingham, »tragen Sie von jetzt ab einen Panzer. Der Mensch wird Sie morden.« – Rudolf zuckte mit unsäglicher Geringschätzung die Achseln. »Mein Vater,« antwortete er, »ist zwanzig Jahre lang von einem noch furchtbareren Feinde bedroht worden und lebt heute noch.« – »Ihr Vater hatte gute Freunde,« sagte der Brite. – »Ja, Freunde, wie es heute keine mehr gibt,« seufzte Bragelonne. – »O, sagen Sie das nicht in dem Augenblick, Vicomte, wo ich Ihnen meine Freundschaft anbiete,« erwiderte der Lordund schloß den jungen Mann in die Arme. »In meiner Familie,« setzte er hinzu, »opfert man sein Leben für die, die man der Freundschaft wert hält. Sie wissen das recht wohl, Herr von Bragelonne.« – »Ich weiß es,« nickte Rudolf.
*
Die Prinzessin erreichte wohlbehalten Paris. Ihr Weg glich einem Siegeszuge, denn überall machte ihre Schönheit den tiefsten Eindruck und gewann ihr alle Herzen im Fluge. Nicht nur die Edelherren waren begeistert von ihrem Liebreiz, auch die Edelfräulein priesen ohne Neid und in schwärmerischen Worten die Anmut und unnachahmliche Grazie Henriettens. Man bedauerte allgemein, daß die Reihe der Ehrendamen schon vollzählig sei, und beneidete die jungen Mädchen, denen es geglückt war, eine Stelle an ihrem Hofe zu erhalten.
Am Weichbilde von Paris hatte Monsieur, ihr künftiger Gemahl, sie empfangen, und die schwerfällige Reisekutsche war gegen eine prunkvolle Karosse vertauscht worden. Die Begleiter der Prinzessin wurden Monsieur vorgestellt, und alsbald fiel dem Prinzen das seltsame Benehmen Lord Buckinghams unangenehm auf. Chevalier von Lorraine, sein zweiter Günstling, ließ es sich, intrigant wie er war, nicht entgehen, den Stachel der Eifersucht in das Herz des Bräutigams zu senken. Orléans runzelte die Stirn, dann schüttelte er die Locken und sagte mit dem fast weibischen Schmollen, das ihm eigen war: »Weshalb soll ich mir wegen meiner Kusine das Herz schwer machen? Kenne ich sie denn nicht? Bin ich nicht mit ihr großgeworden? Habe ich sie nicht als Kind im Louvre gesehen?« – »Es ist ein Unterschied, Hoheit,« versetzte der Chevalier. »Damals war sie noch nicht solebhaft – vor allem noch nicht so stolz – konnte sich auch nicht so vorteilhaft, so kokett kleiden wie heute. Besinnen Sie sich noch darauf, Monsieur, daß der König eines Abends nicht mit ihr tanzen wollte, weil er ihre Toilette abgeschmackt fand?« – Orléans wandte sich mißmutig ab, denn in dieser Erinnerung lag nichts eben Schmeichelhaftes für ihn.
Die Prinzessin und ihre Mutter wurden im Louvre einquartiert, in demselben Palast, wo sie während ihres Exils alle Bitternis des Elends durchgekostet hatten. Jetzt aber sah es anders darin aus, anders empfing man sie jetzt. Die Zimmer waren gesäubert, geheizt und aufs prachtvollste eingerichtet. Die Dienerschaft, die ihnen früher fast geringschätzig begegnet war, betätigte sich mit allem Eifer tiefster Ergebenheit, überall salutierten die Ehrenwachen, ein ganzer Troß von Hofleuten tummelte sich in den Antichambres. Schöne junge Damen warteten der königlichen Braut auf Schritt und Tritt auf, und auf demselben Tische, auf dem zur Zeit der Verbannung kaum ein Stückchen Brot gelegen hatte, wurde jetzt ein köstliches Mahl serviert, das ihnen zur ersten Erfrischung nach der langen Reise dienen sollte. Nachdem die Prinzessinnen von ihren Gemächern Besitz genommen hatten, war das Ehrengeleit entlassen.
5. Kapitel. Ein Wiedersehen
Rudolf von Bragelonne wollte seinen Vater aufsuchen, aber Athos war schon wieder nach Blois gereist. Auch d'Artagnan fand er nicht; der Chevalier war mit der Einrichtung eines neuen königlichen Militärinstitutsbeschäftigt. Graf Guiche hatte auch keine
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