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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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wie einen Schatten, der sich aus der Gasse Servandoni näherte. Dieses Etwas war in einen Mantel gehüllt, und d'Artagnan glaubte anfangs, es sei ein Mann. Doch erkannte er an der Dünnheit des Leibes und der Art des Ganges bald, daß es ein weibliches Wesen sei. Als wäre dieser Ankömmling über das Haus nicht im reinen, das er suchte, hob er die Augen auf, um sich zurechtzufinden, blieb stehen, wandte sich um, ging einige Schritte vorwärts und wich wieder zurück. D'Artagnan ward an der Erscheinung irre. »Wenn ich ihr meine Dienste anbieten möchte,« dachte er, »man sieht es ihr an, daß sie jung ist, vielleicht ist sie auch hübsch. Aber eine Frau, die zu dieser Stunde die Gassen durchläuft, will höchstens nur ihren Liebhaber treffen. Pst! in meiner gegenwärtigen Lage stände es nicht hübsch, ein Rendezvous zu stören.« Indes schritt die junge Dame immer vorwärts und zählte die Häuser und die Fenster. Das war übrigens weder langwierig noch schwer. Es gab in diesem Teile der Gasse nur drei Hotels und zwei Fenster nach der Gassenseite; das eine war das eines Pavillons und parallel mit Aramis' Wohnung, das andere von Aramis selbst. »Bei Gott!« rief d'Artagnan, indem er an die Nichte des Theologen dachte, »bei Gott! es wäre drollig, wenn diese verspätete Taube das Haus unseres Freundes aufsuchte. Doch, bei meiner Seele, es hat ganz den Anschein. »Ha, mein lieber Aramis, diesmal will ich mit dir ins reine kommen.« D'Artagnan machte sich so schmal wie möglich und versteckte sich an der dunkelsten Seite der Gasse neben einer steinernen Bank, die sich im Hintergrund einer Nische befand. Die junge Frau schritt immer weiter vor; außer der Leichtigkeit ihres Ganges, der sie verraten hatte, ließ sie ein leises Husten vernehmen, wodurch sich eine sehr frische Stimme kundgab.
    D'Artagnan meinte, dieses Husten wäre ein verabredetes Zeichen. Allein, war es nun, daß dieses Husten durch ein ähnliches Zeichen erwidert wurde, das der Unentschlossenheit der nächtlichen Sucherin einen Zielpunkt setzte, oder daß sie ohne fremde Hilfe erkannte, sie habe das Ziel ihres Ganges erreicht – sie näherte sich entschlossen dem Fensterbalken des Aramis und klopfte mit gekrümmtem Finger dreimal in gleichen Zwischenräumen an. »Es ist wirklich bei Aramis,« murmelte d'Artagnan. »Ah, mein Herr Heuchler! so betrete ich Euch bei Euern theologischen Studien!« Das dreimalige Klopfen war kaum verhallt, als das innere Fenster aufging und ein Licht durch die Balken flimmerte. »Ha, ha!« rief der Lauscher, »nicht durch die Türen, sondern durch die Fenster; ha, der Besuch war also erwartet. Nun, der Balken wird aufgehen und die Name hineinsteigen. Sehr wohl.« Der Balken blieb jedoch zu d'Artagnans großer Verwunderung geschlossen. Ferner verschwand das Licht, das einen Augenblick geflimmert hatte und die vorige Dunkelheit trat ein. D'Artagnan dachte, das könne nicht lange so dauern und fuhr fort, mit aller Achtsamkeit zu schauen und zu horchen. Er hatte recht; nach Verlauf von wenigen Sekunden erschollen von innen zwei dumpfe Schläge. Die junge Frau auf der Gasse antwortete mit einem Klopfen, und der Balken ging auf. Man denke sich, mit welcher Spannung d'Artagnan blickte und lauschte. Unglücklicherweise wurde das Licht in ein anderes Zimmer getragen. Doch die Augen des jungen Mannes waren an die Nacht gewöhnt. Außerdem haben die Augen der Gascogner, wie die der Katzen, die Eigenschaft, im Dunkeln zu sehen. D'Artagnan sah also, wie die junge Frau aus ihrer Tasche einen gewissen Gegenstand zog, den sie rasch entfaltete und der sofort die Form eines Sacktuches annahm, Hierauf zeigte sie der andern Person eine Ecke dieses entfalteten Gegenstands. Das erinnerte d'Artagnan an jenes Sacktuch, das er zu den Füßen der Frau Bonacieux gefunden, und dies wieder an jenes, das zu Aramis' Füßen gelegen hatte. Was Teufel konnte denn dieses Sacktuch zu bedeuten haben? Von der Stelle, wo d'Artagnan stand, konnte er das Gesicht des Aramis nicht sehen, wir sagen des Aramis, weil der junge Mann ganz und gar nicht daran zweifelte, es sei sein Freund, der innen stehe und mit der Dame außen spreche; die Neugierde siegte über die Klugheit, und indem er die Aufmerksamkeit benutzte, welche die zwei in Rede stehenden Personen dem Anblick des Sacktuches zu widmen schienen, trat er aus seinem Schlupfwinkel hervor und drückte sich mit Blitzesschnelle, aber das Geräusch seiner Tritte dämpfend, an eine Mauerecke, von wo sich sein Auge

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