Die drei Musketiere
aufs Spiel setzen und meine Ehre gefährden; ich sehe Sie, um Ihnen zu sagen, daß uns alles trennt, die Tiefe des Meeres, die Feindschaft der Länder und die Heiligkeit der Schwüre. Es ist ein Frevel, Mylord, gegen so viele Scheidewände anzukämpfen. Endlich sehe ich Sie, um Ihnen zu sagen, daß wir uns nicht wiedersehen dürfen.«
»Sprechen Sie, Madame! sprechen Sie, o Königin! die Süßigkeit Ihrer Stimme mildert die Härte Ihrer Worte. Sie reden von Frevel; allein der Frevel liegt in der Trennung der Herzen, die Gott füreinander bestimmt hat.«
»Mylord!« rief die Königin, »Sie vergessen darauf, daß ich Ihnen niemals gesagt habe, daß ich Sie liebe.«
»Doch ebensowenig haben Sie mir auch gesagt, daß Sie mich nicht lieben, und wirklich wären Worte dieser Art von Ihrer Seite, Majestät, ein allzu großer Undank. Sagen Sie doch, wo fänden Sie eine Liebe, die der meinigen gleich kommt, eine Liebe, die weder die Zeit, noch die Entfernung, noch die Verzweiflung auszulöschen vermag; eine Liebe, die sich mit einem entfallenen Band, einem verirrten Blick, einem entschlüpften Worte zufriedenstellt? Vor drei Jahren, Madame, sah ich Sie zum erstenmal, und so liebe ich Sie seit drei Jahren. Soll ich Ihnen sagen, wie Sie gekleidet waren, als ich Sie zum erstenmal sah? soll ich Ihnen Ihren damaligen Anzug Stück für Stück beschreiben? ich erblicke Sie noch vor mir; Sie saßen nach spanischer Sitte auf Kissen; Sie trugen ein grünseidenes Kleid mit Gold und Silber gestickt, hängende Ärmel, die an Ihren schönen bewunderungswürdigen Armen mit Diamanten befestigt waren; dann eine geschlossene Krause, auf dem Kopf eine niedliche Haube von der Farbe Ihres Kleides, und auf dieser Haube eine Reiherfeder. O, sehen Sie, ich schließe meine Augen und sehe Sie, wie Sie damals waren; ich öffne Sie wieder, und sehe, wie Sie jetzt sind, nämlich noch hundertmal schöner.«
»Welche Torheit,« murmelte Anna vonÖsterreich, »welche Torheit, mit solchen Erinnerungen eine nutzlose Leidenschaft zu nähren!«
»Doch sagen Sie, wovon soll ich denn leben? Ich habe nur Erinnerungen. Sie sind mein Glück, mein Reichtum, meine Hoffnung. Sooft ich Sie sehe, habe ich einen Diamanten mehr, den ich im Schranke meines Herzens verschließe. Das ist der vierte, den Sie fallen lassen und den ich auflese; denn innerhalb drei Jahren, Madame, sah ich Sie nur viermal, das erstemal, wie ich eben gesagt, das zweitemal bei Frau von Chevreuse, das drittemal in den Gärten von Amiens...«
»Herzog!« sagte die Königin errötend, »reden Sie nicht von jenem Abend.«
»Im Gegenteil, reden wir davon, Madame! reden wir davon; es ist der seligste und strahlendste Abend meines Lebens. Denken Sie noch, wie schön die Nacht gewesen? O, wie sanft und aromatisch war die Luft, wie blau der Himmel und mit Sternen übersät! Ach, damals, Madame, konnte ich einen Augenblick mit Ihnen allein sein, damals waren Sie geneigt, mir alles zu sagen, die Abgeschiedenheit Ihres Lebens, den Gram Ihres Herzens. Sie lehnten sich an meinen Arm– an diesen hier. Als ich meinen Kopf nach Ihrer Seite wandte, fühlte ich, wie Ihre schönen Haare mein Gesicht streiften, und sooft sie es berührten, bebte ich vom Scheitel bis zu den Füßen. O Königin! Königin! Sie wissen gar nicht, wie viel himmlische und paradiesische Wonnen solch ein Augenblick in sich faßt. Mein Hab und Gut, meinen Ruhm und mein ganzes übriges Leben gäbe ich hin für einen solchen Augenblick, für eine solche Nacht! denn damals, Madame! an jenem Abend, ich schwöre es Ihnen, damals haben Sie mich geliebt.«
»Ja, es ist möglich, Mylord, daß der Einfluß des Ortes, der Zauber jenes Abends, die Verblendung von Ihren Blicken, kurz, daß diese tausendfachen Umstände, die bisweilen zusammentreffen, um eine Frau ins Verderben zu stürzen, sich an jenem verhängnisvollen Abend um mich vereinigt haben. Sie mußten es jedoch bemerken, Mylord, wie die Königin der Frau, die schwach zu werden drohte, zu Hilfe kam; ich rief diese Hilfe, um bei dem ersten Worte, das Sie zu sagen wagten, bei der ersten Kühnheit, auf die ich zu antworten hatte.«
»Ach, ja, ja! es ist wahr, und eine andere Liebe als die meinige wäre dieser Prüfung unterlegen; doch meine Liebe ging noch glühender und beharrlicher daraus hervor. Sie glaubten mir zu entfliehen, da Sie nach Paris zurückkehrten. Sie meinten, ich würde mich nicht getrauen, den Schatz zu verlassen, den mir mein Herr zur Behütung übergab. Ach, was lag mir
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