Die drei Musketiere
Kompagnie des Herrn des Essarts sollte ihm als Paß dienen. Als er zu der Höhe der Gasse Quénégand kam, sah er aus der Gasse Dauphine zwei Personen herankommen, deren Gang ihm auffiel. Diese zwei Personen waren ein Mann und eine Frau. Die Frau hatte die Gestalt der Madame Bonacieux, und der Mann war Aramis sprechend ähnlich. Außerdem trug die Frau einen schwarzen Mantel von dem Zuschnitt, wie ihn d'Artagnan an dem Fensterbalken der Gasse Baugirard und an der Tür der Gasse de la Harpe bemerkt hatte. Ferner trug der Mann die Musketierumform. Die Kapuze der Frau war übergeschlagen; der Mann hielt ein Sacktuch vor sein Gesicht; beiden lag daran, nicht erkannt zu werden. Sie gingen der Brücke zu; das war auch d'Artagnans Weg, weil er sich nach dem Louvre begab. D'Artagnan ging ihnen nach. Er hatte noch nicht zwanzig Schritte getan, als er überzeugt war, diese Frau könne nur Madame Bonacieux, dieser Mann nur Aramis sein. In seinem Heizen regte sich sogleich aller Argwohn der Eifersucht. Er glaubte sich zweifach verraten, sowohl von seinem Freund, als auch von der, die er schon wie eine Geliebte betrachtete. Madame hatte ihm bei allen Göttern geschworen, daß sie Aramis nicht kenne, und eine Viertelstunde nach diesem Eidschwur traf er sie mit Aramis Arm in Arm. D'Artagnan zog nicht einmal in Überlegung, daß er die hübsche Krämerin erst vor drei Stunden kennengelernt hatte, daß sie ihm für nichts verbindlich war, als mit ein bißchen Dankbarkeit dafür, daß er sie aus den Händen der schwarzen Männer befreite, und daß sie ihm auch nichts versprochen habe. Er betrachtete sich als einen verschmähten, verachteten und beleidigten Liebhaber.
Die junge Frau und der junge Mann bemerkten, daß man ihnen nachgehe und verdoppelten ihre Schritte. D'Artagnan ging rascher, eilte ihnen vor, und wandte sich gegen sie in dem Moment um, wo sie sich vor der Samaritaine befanden, die durch eine Schildlaterne beleuchtet wurde, die ihre Strahlen auf diesen ganzen Teil der Brücke ausgoß. D'Artagnan blieb vor ihnen, und sie blieben vor ihm stehen. »Was wollen Sie, mein Herr?« fragte der Musketier, indem er einen Schritt zurückwich, und er sprach das mit einem Akzent, an dem d'Artagnan erkannte, daß er sich in einem Teile seiner Mutmaßung geirrt habe. »Das ist nicht Aramis!« rief er. »Nein, mein Herr! es ist ganz und gar nicht Aramis, und an Ihrem Ausruf erkenne ich, daß Sie mich für einen andern halten und verzeiheIhnen.«
»Sie verzeihen mir!« rief d'Artagnan. »Ja,« antwortete der Unbekannte; »lassen Sie mich also meine Wege gehen, da wir zusammen nichts zu tun haben.«
»Sie haben wohl recht, mein Herr!« sagte d'Artagnan; »mit Ihnen habe ich nichts zu tun, doch mit dieser Frau.«
»Mit Madame? o, die kennen Sie nicht,« versetzte der Fremde. »Sie irren, mein Herr, ich kenne sie.«
»Ha,« rief Madame Bonacieux im Tone des Vorwurfs, »ha, mein Herr! ich hatte Ihr Ehrenwort als Krieger und Edelmann, und hoffte darauf rechnen zu kennen.«
»Und ich, Madame,« erwiderte d'Artagnan verlegen, »Sie haben mir zugesagt...«
»Nehmen Sie meinen Arm, Madame!« sagte der Fremde, »und setzen wir unsern Weg fort.« Indes blieb d'Artagnan betäubt, vernichtet durch alles, was ihm begegnete, mit gekreuzten Armen vor dem Musketier und Madame Bonacieux stehen. Der Musketier ging zwei Schritte vorwärts und schob d'Artagnan mit der Hand weg. D'Artagnan tat einen Sprung zurück und zog seinen Degen. Zugleich und mit Blitzesschnelle zog auch der Unbekannte den seinigen. »In des Himmels Namen! Mylord!« rief Madame Bonacieux, indem sie sich zwischen die Kämpfenden stürzte und ihre Klingen erfaßte. »Mylord!« rief d'Artagnan, auf einmal durch einen Gedanken erleuchtet; »Mylord! um Vergebung, mein Herr! wenn Sie es wären?«
»Mylord, Herzog von Buckingham,« sagte Madame Bonacieux halblaut, »und jetzt können Sie uns alle ins Verderben bringen.«
»Mylord! Madame! ich bitte um Vergebung, hundertmal um Vergebung! allein, ich liebe diese Dame, Mylord! und war eifersüchtig, und Sie wissen wohl, was lieben heißt, Mylord! Verzeihen und sagen Sie mir, wie ich mich kann töten lassen für Euer Gnaden!«
»Sie sind ein wackerer junger Mann!« entgegnete Buckingham und bot d'Artagnan eine Hand, die dieser ehrerbietig drückte; »Sie bieten mir Ihre Dienste an, und ich nehme sie an; folgen Sie uns zwanzig Schritte nach in den Louvre, und wenn uns jemand belauert, so töten Sie ihn.« D'Artagnan nahm seinen
Weitere Kostenlose Bücher