Die drei Musketiere
Buckingham war seit fünf Tagen in Paris und reiste erst diesen Morgen ab!«
Wo der Herr Siegelbewahrer Séguier öfter die Glocke suchte, um zu läuten, wie er es sonst getan hat.
Man kann sich unmöglich eine Vorstellung machen, welchen Eindruck jene paar Worte auf den König hervorbrachten. Er wurde bald blaß, bald rot, und der Kardinal sah auf der Stelle, er habe das verlorene Feld mit einem Schlage wieder gewonnen. »Herr von Buckingham in Paris!« rief der König. »Und was hat er hier getan?«
»Er zettelte zweifelsohne eine Verschwörung an mit Ihren Feinden, den Hugenotten und Spaniern.«
»Nein, beim Himmel, nein, er hat sich gegen mein Glück verschworen mit Frau von Chevreuse, Frau von Longueville und den Condés.«
»O Sire, welch ein Gedanke! die Königin ist zu klug, zu verständig, und liebt Ew. Majestät zu warm.«
»Das Weib ist schwach, Herr Kardinal!« entgegnete der König, »und was die Wärme der Liebe betrifft, so habe ich hierüber meine Ansichten.«
»Nichtsdestoweniger behaupte ich,« sprach der Kardinal, »daß der Herzog von Buckingham aus rein politischen Beweggründen nach Paris gekommen sei.«
»Und ich bin überzeugt, Herr Kardinal, er sei mit anderer Dinge willen hier gewesen. Doch wenn die Königin schuldig ist, so möge sie zittern.«
»Obwohl mein Geist nur mit dem größten Widerstreben eine solche Verräterei ins Auge faßt,« entgegnete der Kardinal, »so bringt mich doch Ew. Majestät auf den Gedanken. Frau von Lannoy, die ich auf Ew. Majestät Befehl wiederholt befragt habe, gestand mir, daß Ihre Majestät die vorige Nacht sehr lang gewacht, am Morgen viel geweint und den ganzen Tag geschrieben habe.«
»So ist's,« erwiderte der König, »sie schrieb gewiß an ihn, Kardinal! ich muß die Papiere der Königin haben.«
»Doch wie dieselben wegnehmen, Sire? Mich dünkt, diesen Auftrag könne weder ich noch Ew. Majestät erlassen.«
»Wie verfuhr man denn bei der Marschallin d'Ancre?« sagte der König zornentflammt.
»Erst hat man ihre Schränke und dann sie selbst untersucht.«
»Sire, die Marschallin d'Ancre war nur die Marschallin d'Ancre, eine florentinische Abenteurerin und nichts weiter, indes die erhabene Gemahlin Ew. Majestät, Anna von Österreich, Königin von Frankreich, das ist: eine der größten Fürstinnen der Welt.«
»Sie ist deshalb noch um so schuldiger, Herr Herzog! Je mehr sie ihre hohe Stellung vergaß, desto tiefer sank sie herab. Außerdem bin ich schon längstentschlossen, all diesen kleinen politischen Intrigen und Liebesangelegenheiten ein Ende zu machen. Sie hat einen gewissen Laporte im Dienste...«
»Diesen halte ich für den Schlußhaken von allem,« versetzte der Kardinal.
»Sie glauben also wie ich, daß sie mich hintergeht?« fragte der König.
»Ich glaube und wiederhole es, Ew. Majestät, daß die Königin gegen die Macht ihres Königs konspiriert, allein ich sagte nicht: gegen seine Ehre.«
»Und ich sage Ihnen: gegen beides; ich sage Ihnen, daß mich die Königin nicht liebt; ich sage Ihnen, daß sie einen andern liebt; ich sage Ihnen, daß sie den Herzog von Buckingham liebt! Warum ließen Sie ihn nicht festnehmen während seines Aufenthalts in Paris!«
»Den Herzog festnehmen, den ersten Minister Karls I. verhaften! Sire, bedenken Sie, welch ein Aufsehen das erregen müßte, und hätte der Verdacht Ew. Majestät einigen Bestand gewonnen, woran ich noch immer zweifle, welch ein furchtbarer Lärm! welch ein entsetzliches Ärgernis!«
»Da er sich aber wie ein Herumstreicher, wie ein Dieb benahm, mußte man ja...« Ludwig XIII. erschrak selbst über das, was zu sagen er im Zuge war, und hielt inne, während Richelieu seinen Hals vorstreckte und vergeblich auf die Rede wartete, die an seinen Lippen kleben blieb,
»Man mußte... ?«
»Nichts,« erwiderte der König, »allein Sie haben ihn doch während seiner Anwesenheit in Paris nicht aus den Augen verloren?«
»Nein, Sire!«
»Wo hat er gewohnt?«
»In der Gasse de la harpe Nr. 75.«
»Wo ist diese?«
»Neben dem Luxembourg.«
»Sind Sie versichert, daß sich die Königin und er nicht gesehen haben?«
»Sire, ich glaube, die Königin halte zu getreu an ihre Pflichten.«
»Sie unterhielten aber einen Briefwechsel, die Königin hat ihm täglich geschrieben. Herr Herzog, diese Briefe muß ich haben.«
»Sire, jedoch wenn... ?«
»Herr Herzog! ich will sie haben um jeden Preis.«
»Doch erlaube ich mir, Ew. Majestät aufmerksam zu machen...«
»Verraten Sie
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