Die drei Musketiere
vielleicht bald auf dem Schlachtfeld, bis dahin scheiden wir als gute Freunde, wie ich hoffe.«
»Ja, Mylord, doch in der Erwartung, bald Feinde zu werden.«
»Seien Sie ruhig, ich verspreche es Ihnen.«
»Ich zähle auf Ihr Wort, Mylord!« D'Artagnan verneigte sich vor dem Herzog und eilte dem Hafen zu.
Er fand das bezeichnete Schiff, dem Tower von London gegenüber, händigte dem Kapitän seinen Brief ein; dieser ließ ihn vom Hafengouverneur visieren und schickte sich zugleich zur Abfahrt an. Fünfzig Schiffe standen zum Auslaufen bereit. Als d'Artagnan an einem derselben ganz nahe vorübersteuerte, glaubte er die Dame von Meung zu erkennen, dieselbe, die der unbekannte Edelmann Mylady nannte, und die d'Artagnan so hübsch gefunden hatte; bei der raschen Strömung aber und dem Wehen des Windes glitt sein Schiff so schnell dahin, daß er die andern Fahrzeuge im Augenblick aus dem Gesicht verlor. Am folgenden Tage gegen neun Uhr früh landete man in Saint-Valery.
Diese Reise verlief programmäßig und ohne jede Störung. So hatte er fast sechzig Meilen in zwölf Stunden zurückgelegt. Herr von Tréville empfing ihn, als hätte er ihn denselben Morgen gesehen, nur drückte er ihm etwas wärmer als gewöhnlich die Hand und meldete ihm: »die Kompagnie des Herrn des Essarts versehe im Louvre die Wache, und er könne sich auf seinen Posten verfügen.«
Das Ballett der Merlaison.
Am folgenden Morgen war in ganz Paris von nichts die Rede, als von dem Ball, welchen die Herren Schöppen der Stadt zu Ehren des Königs und der Königin gaben, wo Ihre Majestät das berühmte Ballett der Merlaison, das Lieblingsballett des Königs, tanzen würden. In der Tat hatte man schon seit acht Tagen im Rathaus alle Vorkehrungen zu diesem Festabend getroffen. Um zehn Uhr früh erschien der Sieux de la Coste, Fähnrich der königlichen Garden; ihmfolgten zwei Gefreite und mehrere Leibbogenschützen, und verlangten vom Stadtschreiber, namens Clement, alle Schlüssel der Tore, der Amtszimmer und Gemächer des Rathauses. Die Schlüssel wurden ungesäumt übergeben. An jedem derselben befand sich ein Zettel, der zur Weisung diente, und von diesem Moment an hatte de la Coste die Bewachung der Türen und Zugänge über sich. Um elf Uhr kam du Hallier, Gardekapitän, mit fünfzig Bogenschützen, die sich sogleich an die Türen stellten, die ihnen bezeichnet wurden. Um drei Uhr trafen zwei Gardekompagnien ein, eine französische und eine schweizerische. Die französische bestand zur Hälfte aus Leuten des Herrn du Hallier, zur Hälfte aus jenen des Herrn des Essarts. Um sechs Uhr kamen bereits die ersten von den Eingeladenen. Nach Maßgabe, als sie eintrafen, wurden ihnen Plätze auf den Gerüsten zugewiesen. Um neun Uhr erschien die Gattin des ersten Präsidenten. Da diese nach der Königin die ansehnlichste Person des Festes war, so wurde sie von den edlen Herren der Stadt empfangen und in die Loge geführt, die jener, die für die Königin bestimmt war, gegenüber lag.
Um Mitternacht vernahm man großen Lärm mit vielfältigen Zurufungen. Es war der König, der durch die Straßen zog, die vom Louvre nach dem Rathaus gingen, und durchaus von farbigen Laternen erhellt wurden. Alsogleich eilten die Herren Schöppen, in ihre Tuchwamse gekleidet und voraus die Sergeanten, mit Flambeaux in den Händen, dem König entgegen. Jeder gewahrte, daß der König düster und gedankenvoll war.
Es war ein Kabinett für den König und ein anderes für Monsieur bereitet. In jedem derselben befanden sich Maskenkleider. Ebendasselbe geschah für die Königin und die Frau Präsidentin. Die Herren und Damen aus dem Gefolge Ihrer Majestäten sollten sich je zwei in Zimmern ankleiden, die schon zu diesem Zweck eingerichtet waren. Ehe der König in sein Kabinett ging, befahl er, daß man ihm sogleich melde, wann der Kardinal ankomme.
Eine halbe Stunde nach dem Eintreffen des Königs erschallten neue Zurufungen; sie verkündeten die Ankunft der Königin. Die Stadtschöppen taten hier dasselbe wie zuvor, sie schritten, die Sergeanten voran, ihrem erhabenen Gast entgegen. Die Königin trat in den Saal; man bemerkte, daß sie ebenso wie der König düster aussah und angegriffen schien. In dem Moment, wo sie eintrat, entfaltete sich der Vorhang einer kleinen Tribüne, die bisher geschlossen war, und man sah den blassen Kopf des Kardinals, der den Anzug eines spanischen Ritters genommen hatte. Er richtete seine Blicke auf die Königin, und ein Lächeln furchtbarer
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