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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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zwölf Nestelstifte an den Schultern der Königin. Der König berief den Kardinal und fragte in strengem Tone: »Nun, Herr Kardinal, was soll denn das bedeuten?«
    »Sire,« entgegnete der Kardinal, »dies bedeutet, daß ich den Wunsch hegte, Ihre Majestät wolle diese zwei Nestelstifte annehmen, und da ich es nicht wagte, dieselben selbst anzubieten, so schlug ich diesen Weg ein.«
    »Und ich bin dafür Ew. Eminenz um so mehr mit Dank verbunden,« erwiderte Anna von Österreich mit einem Lächeln, das bewies, daß sie sich von dieser sinnreichen Artigkeit ganz und gar betören ließ, »indem ich überzeugt bin, diese zwei Nestelstifte kommen Ihnen teurer zu stehen, als die zwölf andern Seiner Majestät gekostet haben.« Hierauf begrüßte die Königin den König und den Kardinal, und begab sich zurück in ihr Zimmer, wo sie sich angezogen hatte, und jetzt entkleidet werden sollte.
    Die Königin befand sich wieder in ihrem Zimmer, und d'Artagnan wollte sich eben entfernen, als er sich leicht an der Schulter berührt fühlte. Er wandte sich um und sah eine junge Frau, die ihm einen Wink gab, ihr zu folgen. Diese junge Frau hatte ihr Gesicht mit einer Maske von schwarzem Samt überdeckt; allein ungeachtet dieser Vorsicht, die sie vielmehr gegen andere als gegen ihn gebrauchte, er kannte auf der Stelle seine gewöhnliche Führerin, die gewandteund sinnreiche Madame Bonacieux. Tags zuvor hatten sie sich kaum gesehen bei dem Schweizer Germain, wohin sie d'Artagnan entbieten ließ. D'Artagnan folgte Madame Bonacieux, von der doppelten Empfindung gedrängt, von der Liebe und von der Neugierde. Er wollte auf dem ganzen Weg und nach Maßgabe, als es in den Korridoren öder wurde, die junge Frau anhalten, fassen, betrachten, und wäre es auch nur für einen Augenblick gewesen; allein sie entschlüpfte stets rasch wie ein Vogel seinen Händen, und wollte er mit ihr reden, so wurde er durch ihren Finger, den sie mit einer etwas gebieterischen Miene an den Mund legte, daran gemahnt, daß er unter der Herrschaft einer Macht stehe, der er blindlings zu folgen habe, und die ihm auch die leiseste Klage verbot. Als nun die beiden ein paar Minuten lang bald links, bald rechts gegangen waren, öffnete Madame Bonacieux eine Tür und führte den jungen Mann in ein Kabinett, das völlig dunkel war. Hier gab sie ihm ein neues Zeichen, sich stumm zu verhalten, öffnete eine zweite Tür hinter einer Tapete, worauf plötzlich ein helles Licht hereindrang, und verschwand. D'Artagnan verhielt sich einen Augenblick regungslos und fragte sich selber, wo er sich befinde, jedoch ein Lichtstrahl, der aus jenem Zimmer drang, die laue und von Wohlgerüchen erfüllte Luft, die auf ihn heranwallte, das zugleich ehrfurchtsvolle und wohlklingende Gespräch mehrerer Frauen und das öfter wiederholte Wort »Majestät« machten es ihm auf einmal klar, daß er sich in einem Kabinett befinde, das an das Zimmer der Königin stieß. Der junge Mann blieb im Schatten stehen und harrte. Die Königin schien wohlgemut und glücklich und schob dies frohe Gefühl auf die Schönheit des Festes, auf die Unterhaltung, die sie bei diesem Ballett gefunden hätte, und da man einer Königin nicht widersprechen darf, wetteiferten alle in den Lobeserhebungen über die Artigkeit der Herren Stadtschöppen von Paris. Obwohl d'Artagnan die Königin nicht kannte, so unterschied er doch gar bald ihre Stimme von den andern Stimmen. Er hörte, wie sie sich der offenen Tür näherte und wieder entfernte, er bemerkte sogar ein paarmal den Schatten ihres Körpers, der das Licht auffing. Endlich zeigte sich eine Hand und ein Arm von wunderbarer Schönheit und Weiße an der Tapetentür; d'Artagnan erkannte, dies sei seine Belohnung; er ließ sich auf die Knie nieder, ergriff diese Hand und preßte seine Lippen ehrerbietig auf dieselbe. Hierauf zog sich die Hand zurück und ließ in der seinigen einen Gegenstand zurück, in dem er einen Ring erkannte. Gleich darauf schloß sich die Tür wieder, und d'Artagnan stand abermals ganz im Dunkeln.
    D'Artagnan steckte den Ring an seinen Finger und wartete. Es war offenbar noch nicht alles abgetan. Auf den Lohn seiner Aufopferung sollte der Lohn seiner Liebe kommen. Das Ballett warwohl schon vorüber, allein die Festlichkeit hatte noch kaum angefangen; um drei Uhr sollte gespeist werden, und die Uhr von Saint-Jean schlug eben erst drei Viertel nach zwei Uhr. Das Geräusch der Stimmen hatte sich im nahen Zimmer wirklich allmählich verloren: es

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