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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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verraten. Sie bat mich, den Protestanten in La Rochelle nicht die Hilfe zu schicken, die ich ihnen versprochen hatte, und ich tat es auch nicht. Ich brach damit mein Wort; aber gleichviel, ich gehorchte ihrem Verlangen; sagen Sie, ward ich nicht großmütig für meinen Gehorsam belohnt, da ich diesem Gehorsam ihr Bildnis verdanke?« D'Artagnan dachte bei sich, an welch schwachen und unbekannten Fäden zuweilen die Schicksale der Völker und das Leben der Menschen hängen!
    Er war in diese Betrachtungen ganz vertieft, als der Goldschmied eintrat; es war ein Irländer und ausgezeichnet in seiner Kunst; er gestand es selbst, daß er jährlich hunderttausend Livres bei dem Herzog von Buckingham gewinne. »Herr O'Reilly,« sprach der Herzog zu ihm, indem er ihn in die Kapelle führte, »betrachtet diese diamantenen Nestelstifte und sagt, was das Stück davon wert ist.« Der Goldschmied warf einen Blick auf die zierliche Form der Fassung, berechnete die Diamanten einen nach dem andern im Werte, und sagte ohne Zaudern: »Mylord, das Stück fünfzehnhundert Pistolen.«
    »In wieviel Tagen würdet Ihr zwei solche Nestelstifte, wie diese sind, verfertigen? Ihr sehet, daß zwei fehlen.«
    »In acht Tagen, Mylord.«
    »Ich bezahle Euch für das Stück dreitausend Pistolen, doch übermorgen muß ich sie haben.«
    »Mylord soll sie haben.«
    »Herr O'Reilly, Ihr seid ein kostbarer Mann; doch damit ist's noch nicht genug, diese Stifte kann man niemandem anvertrauen, sie müssen in diesem Palast verfertigt werden.«
    »Unmöglich, Mylord, nur ich kann die Arbeit so herstellen, daß man den Unterschied zwischen der alten und neuen nicht bemerkt.«
    »Nun, mein lieber Herr O'Reilly, seid Ihr mein Gefangener, und könnet von dieser Stunde an nicht mehr aus meinem Palast treten; faßt also Euren Entschluß. Nennt mir diejenigen von Euren Gehilfen, die Ihr braucht, und die Werkzeuge, die sie mitbringen sollen.« Der Goldschmied kannte den Herzog; er wußte, daß jeder Einspruch fruchtlos wäre, und entschloß sich also. »Ist es mir erlaubt, meiner Frau Nachricht zu geben?« fragte er. »O, es ist Euch sogar erlaubt, sie zu sehen, mein lieber O'Reilly; seid unbekümmert. Eure Gefangenschaft sei ganz gelinde, und da jede Störung entschädigt sein will, so nehmt außer dem Preise für zwei Nestelstifte diese Anweisung auf tausend Pistolen, damit Ihr desto leichter die Ungemächlichkeitvergesset, die ich Euch verursache.« D'Artagnan vermochte sich in seinem Erstaunen über diesen Minister nicht zu fassen, der mit vollen Händen Menschen und Millionen schüttelte. Der Goldschmied schrieb an seine Frau und schickte ihr die Anweisung auf tausend Pistolen, während er ihr zugleich auftrug, ihm den geschicktesten Lehrling, eine gewisse Anzahl Diamanten, die er ihr nach Gewicht und Namen bezeichnete, und einige Werkzeuge zu schicken, deren er benötigte. Buckingham führte den Goldschmied in das für ihn bestimmte Zimmer, das nach einer halben Stunde schon in eine Werkstätte umgewandelt war: dann stellte er eine Wache an jede Tür, mit dem strengen Verbot, niemand andern als seinen Kammerdiener Patrice einzulassen. Es braucht kaum angeführt zu werden, daß es dem Goldschmied und seinem Gehilfen durchaus untersagt war, unter was immer für einen Vorwand den Palast zu verlassen.
    Als dieser Punkt in Ordnung gebracht war, kehrte der Herzog zu d'Artagnan zurück. »Nun, mein junger Freund!« sprach er, »England gehört uns beiden; was ist Ihr Wunsch und Ihr Verlangen?«
    »Ein Bett,« antwortete d'Artagnan, »das ist, ich bekenne es, für diesen Augenblick mein dringendstes Bedürfnis.« Buckingham wies d'Artagnan ein Zimmer an, das an das seinige stieß. Er wollte den jungen Mann in seiner Nähe haben, nicht, als ob er Mißtrauen in ihn setzte, sondern um einen Menschen bei sich zu haben, mit dem er beständig von der Königin reden könnte.
    Eine Stunde darauf wurde in London der Befehl kundgemacht, kein für Frankreich befrachtetes Schiff aus den Häfen auslaufen zu lassen, selbst nicht das Briefpaketboot. Das war in den Augen aller eine Kriegserklärung zwischen den zwei Königreichen. Am zweiten Tag um elf Uhr waren die diamantenen Nestelstifte fertig, und so gut nachgeahmt, so vollkommen ähnlich, daß Buckingham die neuen von den alten nicht zu unterscheiden vermochte, und daß sich die Geübtesten in dieser Sache geirrt hätten. Der Herzog ließ alsogleich d'Artagnan berufen und sprach: »Sehen Sie, da sind die diamantenen Nestelstifte,

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