Die drei Schmiede ihres Schicksals
Rosalie, die Unvermählbare, betete ihren Gatten an, dies alles hat der ganz kleine Zufall verschuldet, dem Erwin damals gestattet hatte, ein winziges Loch in sein System zu bohren - dies und noch etwas, flüsterten die bösen Zungen, daß nämlich Erwin ein ganz klein wenig unter dem Pantoffel stehe.
So endete die Geschichte der drei Schicksalsschmiede, sie sind sehr gute Freunde und schmieden bis auf den heutigen Tag, nur daß das Eisen, welches sie nehmen, nicht mehr so spröde ist, sondern sie lassen den Zufall gelten, aber sich nicht von ihm beherrschen.
Als Note muß zum Schlusse noch beigefügt werden, daß Erwin auf seinem Wohnschlosse zwar jedes Fensterchen vergittern ließ, daß sich aber nie mehr der Fall ereignete, daß Rosalie im Vollscheine ihr Bett verlassen hätte. Es mußte damals nur heimtückische Rache des Zufalls gewesen sein, dessen Reiche sie getrotzt hatte.
Der Waldsteig
1844
Ich habe einen Freund, der, obwohl er noch am Leben ist, und bei uns von lebenden Leuten nicht leicht Geschichten erzählt zu werden pflegen, mir doch erlaubt hat, eine Begebenheit, die sich mit ihm zugetragen hat, zum Nuzen und zum Frommen aller derer zu erzählen, die große Narren sind; vielleicht schöpfen sie einen ähnlichen Vortheil daraus, wie er.
Mein Freund, den wir Tiburius Kneigt hießen, hat jezt das niedlichste Landhaus, das man sich in unserem Welttheile zu denken vermag, er hat die vortrefflichsten Blumen und Obstbäume um das Haus herum, er hat ein schöneres Weib, als je auf der Erde gewesen sein kann, er lebt Jahr aus Jahr ein mit diesem Weibe auf seinem Landhause, er trägt heitere Mienen, alle Menschen lieben ihn, und er ist jezt wieder sechs und zwanzig Jahre alt, da er doch noch vor Kurzem über vierzig gewesen ist.
Das alles ist mein Freund durch nichts Mehreres und nichts Minderes geworden, als durch einen einfachen Waldsteig; denn Herr Tiburius war früher ein sehr großer Narr, und kein Mensch, der ihn damals gekannt hat, hätte geglaubt, daß es mit ihm einmal diesen Ausgang nehmen würde.
Die Geschichte ist eigentlich recht einfältig, und ich erzähle sie blos, damit ich manchem verwirrten Menschen nüzlich bin, und daß man eine Anwendung daraus ziehe. Mancher, der in unserm Vaterlande und in unsern Gebirgen bewandert ist, wird auch, wenn er überhaupt diese Zeilen liest, den Waldsteig sogleich erkennen, und wird sich mancher Gefühle erinnern, die ihm der Steig eingeflößt hat, wenn er auf ihm wandelte, obgleich niemand durch denselben so gründlich umgeändert worden sein mag, als Herr Tiburius Kneigt.
Ich habe gesagt, daß mein Freund ein sehr großer Narr gewesen sei. Dies ist er aus mehreren Ursachen geworden.
Erstlich ist sein Vater schon ein großer Narr gewesen. Die Leute erzählten verschiedene Sachen von diesem Vater; ich will aber nur Einiges anführen, was ich verbürgen kann, da ich es selbst gesehen habe. Ganz im Anfange hatte er viele Pferde, die er alle selber verpflegen, abrichten und zureiten wollte. Als sie insgesammt mißlangen, jagte er den Stallmeister fort, und weil sie sich durchaus von den Regeln und Einübungen, die er ihnen beibrachte, nichts merken konnten, verkaufte er sie um ein Zehntel des Preises. Später wohnte er einmal ein ganzes Jahr in seinem Schlafzimmer, in welchem er stets die Fenstervorhänge herabgelassen hielt, damit sich in der Dämmerung seine schwachen Augen erholen könnten. Auf die Vorstellungen derer, die sagten, daß er immer gute Augen gehabt habe, bewies er, wie sehr sie im Irrthume seien. Er that das Schubfach, welches er in dem hölzernen finsteren an sein Zimmer stoßenden Gange hatte, auf, und sah eine Weile auf den von der Sonne beleuchteten Kiesweg des Gartens hinaus, worauf er sogleich mit Gewissenhaftigkeit versichern konnte, daß ihm die Augen schmerzten. Der Schnee war gar erst ganz unerträglich. Weitere Einreden nahm er nicht mehr an. In der lezteren Zeit dieser Vorgänge that er in dem dämmernden Zimmer noch eine Blendkappe auf das Haupt. Da das Jahr herum war, fing er gemach an, die Aerzte zu tadeln, welche Schonung der Augen anrathen, und überhaupt alle Arzneiwissenschaft und deren Ausübung zu verwerfen. Zulezt sagte er sich vor, die Aerzte hätten ihn zu dem ganzen Verfahren gebracht, er häufte Schimpf und Schande auf das Gewerbe, und that die Prophezeiung, daß er sich nun selber behandeln werde. Er zog die Fenstervorhänge empor, machte alle Fenster auf, ließ den hölzernen Gang wegreißen - und
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