Die drei Schmiede ihres Schicksals
geworden war, seinem Gegner gegenüber stehen und ein wenig veratmen. Er blutete aus der Wange, der andere am rechten Arme. Erwins Gesicht flammte fieberisch von dem genossenen ungewohnten Weine, und von dem eben so ungewohnten tiefen Zorne - die andern standen etwas verdutzt da: sie hatten nicht geahnt, was Erwin sei, nach den Verwundungen hatten sie den Kampf beenden wollen, aber er gab bloß zehn Sekunden Atmungsfrist, nahm den Degen, wie der andere, links, und verlangte Fortsetzung, bis einer tot sei. Wie er Rosalie vorsprengen, vom Pferde steigen und zwischen sie treten sah, wischte er sich mit seinem grauen Rockärmel das Blut von der Wange, als schäme er sich dessen, und sah auf sie hin. In dem nämlichen Augenblick stürzte auch Leander, der eben mit Evelinen auf Turun angelangt war, totenbleich herbei, indem nur er allein die Kampfkraft Erwins kannte und das Schrecklichste fürchtete. Auch andere, Männer und Frauen, waren herzugekommen, da sich die Sache mit furchtbarer Schnelligkeit verbreitet hatte.
"Erwin, Erwin", rief Leander, "warum hast du mir das getan?"
"O, du weißt nicht, Leander", erwiderte der andere, der vor der Menge vergebens mit seinem Zorne kämpfte, wie ein Knabe, der ihn nicht beschwichtigen kann, "du weißt nicht - mit Lächeln, mit Blicken und mit süßen Mienen - o da stechen sie - aber siehe, ein Helote führt das Schwert besser als diese." - Dann gegen Rosalie gewendet, fuhr er fort: "Fräulein, es soll Sie kein Mensch mehr auf dieser Welt, so groß sie ist, beleidigen dürfen. Werden Sie mein Weib - ich habe Güter und Wälder, ich werde Ihnen alles geben, was Sie verlangen - aber wenn dann nur einer wagt, mit seiner kleinsten Faser zu zucken, so will ich nach ihrer lächerlichen Sitte Mann nach Mann mit ihnen kämpfen, bis keiner eine Faser hat, die er regen könnte."
Tränen der Scham und Wut wären ihm bald hervorgebrochen, als er dieses gesagt, weil er den ganzen Kreis auf sich blicken und sich bestaunen fühlte. Rosalie stand glühend, betäubt und verwirrt da, eine solche Werbung mochte noch nicht vorgekommen sein.
Aber ihr Vater trat in diesem Momente hervor, und sagte ruhig, wie man es an dem heftigen Manne gar nicht gewohnt war: "Für die Ehre meiner Tochter bin ich da - laßt das jetzt weg - indessen seid bedankt, edler Mann-"
"Ich bitt' Euch, Freunde, Nachbarn", fiel Leander ein, "tut mir die Liebe und Freundschaft, zerstört mir den schönsten Tag meines Lebens nicht- es kann nur ein leichtes Mißverständnis sein - es wird sich alles lösen. Lasset uns gegenseitig die Hände reichen und uns heiter zu dem bevorstehenden Feste rüsten. Erwin, komm, vergiß, was dir heute bei mir zugestoßen."
"Halte Hochzeit, Leander", entgegnete Erwin, "aber lasse mich fortziehen - ich kann nicht bleiben, weil mich deine Luft erstickt - ich will mit dem Fräulein auf Schloß Fargas; sie mag mich nun als Bräutigam annehmen, oder nicht, weil sie keinen Mann will, woran sie recht tut: so wird sie mich doch heute beherbergen, und dann, ehe ich nach Texas ziehe, soll noch jeder Rechenschaft geben, der sie zu beleidigen wagt."
Und in seiner Verwirrung bestieg er das ledige Pferd, welches der Reitknecht hielt, und ritt davon. Draußen auf der Straße wartete er, bis der Ritter Fargas mit Rosalien und seinen Leuten kam, dann schloß er sich an und ritt von dem lärmenden Schlosse weg nach Fargas. -
Auf Turun war verstimmte Hochzeit gewesen. Auf Fargas kamen des andern Tags von allen männlichen Gästen des Festes Briefe an, in denen sich die Schreiber als Rächer anboten, wenn jemand etwas gegen Rosalien habe. Der Ritter danke kalt, und die Sache war aus.
Das Ränzchen wurde bei dem kleinen Wirte in zwei Tagen auch nicht geholt, dafür schrieb Erwin einen zornigen Brief an seinen Oberverwalter, worin die Worte standen: "Ich bin von dem Wege nach Havre durch Zufall abgewichen, habe gezankt, habe mich betrunken, duelliert und verlobt. Schicke Deine Briefe nach Schloß Fargas."
Endlich wurde das Ränzchen doch geholt, aber die Reise nach Havre bis zum nächsten Frühling aufgeschoben. Nächsten Frühling aber war Erwin mit Rosalie vermählt. Auf seiner Hochzeit war Leander, und viele der damaligen Gäste gewesen. Erwin erzählte nun mit Erlaubnis seiner Gemahlin die Geschichte jener verhängnisvollen Nacht, und alles war weit fröhlicher und heiterer als damals.
Auf Erwins Schlössern war nun Wein und Braten, waren Wägen und Pferde daran, der spartanische Bart war von seinem Gesichte,
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